Das Schlafmagazin: Ausgabe 4/2007

Das Schlafmagazin: Ausgabe 4/2007


Liebe Leserin, lieber Leser,

schlafen Sie schlecht? Das ist keinesfalls eine überflüssige, ja dumme Frage, denn fast jeder Zweite in Deutschland leidet unter Schlafproblemen. Eine Studie des Max-Planck-Instituts hat das festgestellt. Und wenn man sich so im Bekanntenkreis umhört: Wir haben es da wirklich mit einem Alltagsproblem zu tun. Frauen schlafen in der Regel schlechter als Männer und mit dem Alter verändert sich zudem auch die Güte des Schlafes. Doch auch junge Menschen – man möchte das kaum glauben – haben große Schlafprobleme.

Schlafprobleme können sehr unterschiedlicher Art sein. Die einen kämpfen jeden Abend um den Schlaf und wälzen sich nervös im Bett herum. Die anderen wachen häufig in der Nacht auf und warten sehnsüchtig darauf, dass sie wieder in Morpheus Arme sinken. Und das kann dauern. Wieder andere wachen auf, lange bevor der Wecker lärmt. Kurz: Die Nacht wird zur Qual, denn Schlaf braucht jeder. Der eine ein größeres, der andere ein bescheideneres Quantum. Das wissen alle Schlafgeschädigten, wenn sie sich dann kaputt und zerschlagen in den Tag hineinschleppen und nicht wissen, wie sie diesen vor allem bei der Arbeit hinter sich kriegen. Und abends, welche Horrorvorstellung, wieder dasselbe Lied.

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Schlafmangel macht Kopfweh, macht gereizt, stiehlt die Konzentration und lässt das Leben langsam aber sicher zur Hölle werden. Menschen mit echten Schlafproblemen werden schnell depressiv und verzweifelt.Ursachen gibt es so viele wie es Schlafstörungen gibt.

Nicht immer stecken Erkrankungen wie das Schlafapnoe-Syndrom oder die Krankheit der unruhigen Beine dahinter, sondern einfach ein falsches Schlafverhalten. Mangelnde Schlafhygiene nennet man das. Der Kongress des Schlafmagazins hat diese Seite unserer bundesdeutschen Schlaflosigkeit aufgegriffen und das Thema des „vernachlässigten Schlafs“ unter diversen Gesichtspunkten beleuchtet. In dieser Ausgabe des Schlafmagazins können Sie einiges darüber lesen.Ausführlich berichten wir auch über die DGSM-Jahrestagung, die dieses Jahr unter dem Motto „Arbeit – Leistung – Konzentration“ stand.

Ein großer Beitrag beschäftigt sich mit den Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung zulasten von Schlafapnoekranken. Und wer sich für fremde Kulturen interessiert, kann Interessantes zur Bedeutung des Schlafs bei den Indianern erfahren.

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht Ihnen

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 4/2007
Inhalt

Ein Essay: Der vernachlässigte Schlaf    

Schlafmedizin im Brennpunkt aktueller medizinischer Probleme  

4. Patientenkongress des Schlafmagazins in Gerlingen  

Die Somnus-Preisträger 2007  

Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung zulasten von Schlafapnoe-Kranken

Interview mit Prof. Winfried Randerath: Den Kopf nicht in den Sand stecken  

Jede Zeitumstellung bringt die innere Uhr durcheinander  

Refluxösophagitis – keine Bagatellerkrankung

Ein Gespräch mit Prof. Thomas Zimmermann: Letzter Ausweg: Reflux unterm Messer  

Mit dem Herzschlag in den Schlaf versinken

Übungen als Therapie-Option für schlafbezogene Atemstörungen

Der Philosoph und Hirnforscher Dennett polemisiert gern  

Das Superbett  

Erholsamer schlafen auf Kiefernholz  

Hilfe gegen Schnarchen  

Neues vom Buchmarkt: Das Standardwerk zum Thema Krebs  

Geheimnis der Schlafkrankheit enträtselt  

Die Rolle des Schlafs bei Indianern  

Kräuterbäder zum Einschlafen  

Das Geräusch der Stille  

Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung zulasten von Schlafapnoe-Kranken


Schikane oder interessengerechte Regelung?

Dr. jur. Ingo E. Fromm

Laut Unfallstatistik waren im Jahr 2005 insgesamt 1700 Unfälle auf Sekundenschlaf zurückzuführen. Untersuchungen zufolge führen die unterschiedlichen Schlafstörungen zu einer beträchtlichen Leistungseinschränkung im Alltag. Personen mit Schlafapnoe haben daher statistisch eine siebenmal höhere Unfallrate als andere motorisierte Verkehrsteilnehmer. Ca. 24% der Lkw-Unfälle im Straßenverkehr sind auf Einschlafen zurückzuführen. Der deutsche Gesetzgeber hat auf die alarmierend hohe Zahl von ermüdungsbedingten Verkehrsunfällen reagiert.  Da die Unfallursache „Müdigkeit“ mittlerweile von der Gefährlichkeit her mit Alkohol oder Drogen im Straßenverkehr gleichzusetzen ist, fühlte sich der Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet und ergänzte am 15. Juni 2007 die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung) in Bezug auf Schlafstörungen. Letztere zählen von nun an zu den Mängeln, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen für längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können. Schlafstörungen sind Zustände, die einen Menschen daran hindern, erholsam zu schlafen, und dadurch eine starke Tagesmüdigkeit hervorrufen. Im Einzelnen hat der Gesetzgeber unter den Schlafkrankheiten keine Unterscheidungen vorgenommen, was angesichts der Tatsache, dass die Schlafmedizin zwischen über 80 verschiedenen Formen von Schlafstörungen unterscheidet, verständlich ist. Schlafapnoe-Kranke werden also nicht expressis verbis erwähnt. 

In Selbsthilfegruppen und sonstigen Vereinigungen von SchlafapnoeErkrankten geht aufgrund der Neuerung die Angst um. Es besteht der verbreitete Irrglaube, jeder Schlafapnoiker müsse seinen Führerschein abgeben oder dürfe sich nicht mehr ans Lenkrad setzen. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der gesetzlichen Neuerung und erklärt, unter welchen Voraussetzungen tatsächlich die Gefahr einer Entziehung der Fahrerlaubnis besteht.

Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen
Grundsätzlich müssen Bewerber um die Fahrerlaubnis gem. § 11 der deutschen Fahrerlaubnis-Verordnung die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt. Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wird hierdurch eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Bei Bewerbern um die Fahrerlaubnisklassen Pkw und Kraftfahrer führen die Fahrerlaubnisbehörden keine Ermittlungen von selbst durch. Nur ein bestimmter Anlass kann Zweifel an der Eignung aufkommen lassen. Werden der Führerscheinstelle nämlich Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung rechtfertigen, so kann sie einen Antrag ablehnen. Die Behörde kann auch die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen. In diesem Fall kann der Betroffene seine Eignung nachweisen, problematisch ist nur, dass 80% der Prüflinge diesen Test beim ersten Male nicht bestehen. Die Eignung hat jedoch nicht nur für Neuantragsteller Bedeutung, sondern auch für diejenigen, die bereits eine gültige Fahrerlaubnis besitzen. Bei gesundheitlichen Mängeln kann es zu Entziehungen der Fahrerlaubnis gem. 

§ 11 Abs. 1 Satz 1 und § 46 Fahrerlaubnis-Verordnung kommen. Erlaubnisinhaber von besonderen Führerscheinklassen (C, C1, CE, D, D1, DE und D1E), also Lkw-, Bus- und Taxifahrer, müssen sich ihre Fahrerlaubnis verlängern lassen und hierzu einen Nachweis ihrer Fahrtauglichkeit erbringen. Unterbleibt ein Nachweis, so verfällt die Fahrerlaubnis.  

Kenntnisnahme der Verwaltungsbehörde von Eignungsmängeln 
Die Verwaltung wird auf atypisches Verhalten von Fahrerlaubnisinhabern in erster Linie durch wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften aufmerksam. Die Staatsanwaltschaften informieren in der Regel die Führerscheinstelle bei Anhaltspunkten über Eignungsmängel, vor allem also bei anhängigen Strafverfahren. Aber auch anonyme Hinweise können Anlass für weitere Ermittlungen geben, rechtfertigen aber nach ständiger Rechtsprechung allein noch keine Gutachtenanforderung. Der Schlafapnoe-Kranke hat 

jedoch keine Offenbarungspflicht gegenüber der Führerscheinstelle. Sollte es zu einem Verkehrsunfall eines chronisch Müden gekommen sein, steht dem Beschuldigten ein gesetzliches Schweigerecht zu. Daher sollte er gegenüber der Polizei keinerlei Angaben zur Sache machen, schon gar nicht über seine Krankheit sprechen. Es sollte von Anfang an ein Rechtsanwalt aufgesucht werden. 

Neuerungen in Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung 
Der Gesetzgeber hat in Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung, die es auch zuvor schon gab, Regelungen zur Eignung und bedingten Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen für Menschen mit chronischen Schlafstörungen aufgenommen. Der Gesetzgeber hat sich für eine tabellarische Darstellung entschieden, die aufgrund der Einteilung in fünf Spalten am Rande der Übersichtlichkeit liegt. 

Differenziert wurde im Wesentlichen in unbehandelte und behandelte Schlafstörung. Weiter ergibt sich aus der Tabelle, unter welchen Voraussetzungen eine Eignung bzw. bedingte Eignung vorliegt. Ist der Betroffene bedingt geeignet, so unterliegt er Beschränkungen/Auflagen. Die Fahrerlaubnis von chronisch Erkrankten ist (ggf. nachträglich) mit entsprechenden Auflagen/Bedingungen zu versehen.

Unbehandelte Schlafstörungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nach Ziff. 11.2.1 zur Untauglichkeit führen, wenn eine messbare auffällige Tagesschläfrigkeit vorliegt. Nur Betroffene mit behandelten Schlafstörungen sollen bedingt fahrtauglich bleiben, unter der Voraussetzung, dass keine messbare auffällige Tagesschläfrigkeit mehr vorliegt. All diejenigen, die auf ihre Krankheit noch nicht aufmerksam geworden sind und daher noch keine ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen konnten, werden künftig als untauglich zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Art angesehen. Zehn Prozent aller Bundesbürger sollen laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin an behandlungsbedürftigen Schlafstörungen leiden.

Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass nur „ausreichende“ Behandlungen von Schlafstörungen zum Erhalt der Fahrtauglichkeit führen können, schließlich darf keine auffällige Tagesschläfrigkeit mehr vorliegen. Eine Behandlung muss sich also bereits positiv ausgewirkt haben. Die Frage, was der Gesetzgeber unter einer ausreichenden „Behandlung“ versteht, wird jedoch offengelassen. Die vom Gesetzgeber genannten Begrifflichkeiten „messbar“ und „auffällig“  sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die ausgelegt werden müssen. Verlangt werden muss hier, dass ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wird oder eine Therapie absolviert worden ist. Die bedeutendste Behandlungsform von Schlafapnoe ist die CPAP-Therapie, die zur Behandlung vorübergehender Atemstillstände während des Schlafens dient. Die Abkürzung CPAP steht für Continuous Positive Airway Pressure (kontinuierlicher Atemwegsüberdruck). Schon drei bis vier Wochen nach Beginn einer CPAP-Therapie ist die Fahrtauglichkeit nach wissenschaftlichen Erkenntnissen im Regelfall wiederhergestellt. Nicht ausreichend dürfte allein die Mitgliedschaft in einer Selbsthilfegruppe ohne fachliche medizinische Betreuung sein.

In jedem Fall fordert der Gesetzgeber bei chronischen Schlafstörungen als Auflagen auch nach einer Behandlung regelmäßige Kontrollen von Tagesschläfrigkeit. Dies bedeutet, dass selbst der Betroffene, der keine auffällige Tagesschläfrigkeit mehr hat und ausreichend behandelt wurde, auch nur unter der Bedingung seinen Führerschein behält, dass er sich regelmäßigen Kontrollen unterzieht. Die in der Anlage 4 vorgenommene Bewertung gilt übrigens nur für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich.  Umgekehrt ist die enthaltene Zusammenstellung nicht abschließend. Die besprochene Einteilung mag in der gesetzlichen Form neu sein. Schon vor der Einführung der Unterteilung war jedoch in Rechtsprechung und Literatur unumstritten, dass Therapien zur Wiederherstellung der Fahreignung führen können. 

Die tabellarische Darstellung der Eignungsmängel in Anlage 4 bietet für die Sachbearbeiter der Verwaltungsbehörde eine verlässliche Handhabe, um ähnlich wie bei einer Verwaltungsvorschrift den Gesetzeswortlaut korrekt auszulegen.  

Neuerungen in Anlage 5 der FeV
Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis zum Führen von Lkw, Bussen und Taxen werden dagegen nach Anlage 5 der Verordnung künftig regelmäßig auf das Vorliegen einer Erkrankung mit erhöhter Tagesschläfrigkeit gescreent. Dies ist gerechtfertigt und sinnvoll, weil an die Fahreignung von Lkw-, Bus- und Taxifahrern wegen des größeren Gefährdungspotentials der von ihnen geführten Kraftfahrzeuge und wegen ihrer besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Daher wurde in Anlage 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die die Eignungsuntersuchung für Lkw-, Bus- und Taxifahrer regelt, ein neuer Punkt 14 „Erkrankungen mit erhöhter Tagesschläfrigkeit (z.B. Schlafstörungen)“ aufgenommen. Im Rahmen dieser sog. Screening-Untersuchungen ist der untersuchende Arzt angehalten, nach typischen Symptomen für das Vorliegen von Erkrankungen mit erhöhter Tagesschläfrigkeit wie nicht erholsamem Schlaf, übermäßiger Müdigkeit am Tage oder Einschlafen am Steuer zu fragen. Bei Vorhandensein solcher Symptome, also im Falle eines konkreten Verdachts auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung, ist eine weitergehende Diagnostik erforderlich. Erst wenn sich im Rahmen dieser weitergehenden Diagnostik der Verdacht auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung bestätigt, sind gegebenenfalls entsprechende Konsequenzen im Hinblick auf die Fahrerlaubnis der Betroffenen zu ziehen. 

Rechtsschutz bei fehlerhaften Verfügungen der Fahrerlaubnisstellen
Unter der Voraussetzung, dass die Führerscheinstelle Kenntnis von der Schlafstörung erhält, muss demnach ernsthaft mit der Entziehung der Fahrerlaubnis oder der Ablehnung eines Antrages gerechnet werden. Geht die Verwaltungsstelle von falschen Tatsachen aus, z.B. von einer unbehandelten Schlafstörung oder Tagesschläfrigkeit, so kann gegen eine Entziehung der Fahrerlaubnis Widerspruch eingelegt werden. Wird der sofortige Vollzug der Führerscheinentziehung angeordnet, kann im Eilrechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht Hilfe beansprucht werden. 

Konsequenzen der Führerscheinentziehung
Wird die Fahrerlaubnis – vorläufig –entzogen, darf der Schlafapnoiker nicht mehr Fahrzeuge im Straßenverkehr führen, ansonsten droht eine Bestrafung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG. Um eine im Einzelfall nicht mehr bestehende Fahreignung wiederherzustellen und damit die Voraussetzungen für die Wiedererteilung ihrer Fahrerlaubnis zu schaffen, müssen sich die Betroffenen eine gegebenenfalls bestehende Schlafstörung so behandeln lassen, dass keine messbare auffällige Tagesschläfrigkeit mehr vorliegt.

Auch Sodbrennen raubt den Schlaf: Refluxösophagitis – keine Bagatellerkrankung

Simone Harland

Die meisten Menschen haben es irgendwann in ihrem Leben wenigstens einmal kennen gelernt: Sodbrennen, das brennende, schmerzende Gefühl hinter dem Brustbein. Ausgelöst wird es durch in die Speiseröhre aufsteigende Magensäure, die die empfindliche Schleimhaut angreift. Leider gibt es mehr und mehr Menschen in Deutschland – man schätzt 15 bis 25% der Bevölkerung –, die dauerhaft unter Sodbrennen leiden und denen es zum Teil den Schlaf raubt.

Anhaltendes Sodbrennen, das durch eine Schwäche des Muskels am Übergang zum Magen ausgelöst wird, bezeichnet man auch als Refluxkrankheit. Ist als Folge des Sodbrennens die Speiseröhrenschleimhaut geschädigt, dann spricht man von einer Refluxösophagitis, ist sie gar im unteren Teil umgewandelt, von einem Barrett-Ösophagus, der als Vorstufe von Krebs gilt. Allerdings kann ein Brennen hinterm Brustbein auch Indiz für eine koronare Herzkrankheit sein, zudem können psychische Belastungen zeitweise Sodbrennen hervorrufen, ohne dass eine Refluxkrankheit vorliegt. Im zweiten Fall muss das Sodbrennen zeitweilig jedoch ebenfalls behandelt werden.

Probleme im Liegen und beim Schlafen
Bei anderen Beschwerden ist es häufig so, dass man sie während des Liegens oder im Schlaf nicht mehr spürt bzw. dass sie weniger lästig sind. Beim Sodbrennen bzw. Reflux ist das jedoch ganz anders. Im Liegen verstärken sich die Beschwerden, weil die Magensäure besser in die Speiseröhre zurückfließen kann. Viele Refluxgeplagte wachen morgens auf und finden auf ihrem Kopfkissen Spuren dieses Rücklaufs, manchmal sogar Mageninhalt. Unter Umständen kann die Verengung der Speiseröhre durch Speisereste sogar die Entstehung von Schlafapnoe, also von krankhaften, lang anhaltenden Atemaussetzern während des Schlafs, begünstigen. Zu den weiteren Beschwerden können Übelkeit, Aufstoßen, manchmal auch Erbrechen und in einigen Fällen auch eine Rachen- oder Kehlkopfentzündung sowie Heiserkeit oder eine chronische Entzündung der Bronchien gehören. Auch Karies tritt als Folge des Refluxes hin und wieder auf.

Keine Angst vor der Magenspiegelung!
Die Diagnose, dass Sodbrennen bzw. ein Reflux vorliegt, wird oft zunächst durch die Probeverordnung von Medikamenten gestellt. Meist verschreibt der Arzt gegen die Beschwerden zunächst ein Antazidum, ein Medikament, das die Magensäure bindet. Allerdings ist die Wirkung oft nicht ausreichend, weshalb viele Ärzte ihren Patienten anschließend versuchsweise einen Protonenpumpeninhibitor (PPI), also ein die Magensäureproduktion hemmendes Medikament, mitgeben. Diese helfen stets gegen Sodbrennen und Reflux.

PPI dürfen über eine längere Zeit nur gegeben werden, wenn sich der Patient zuvor einer Speiseröhren- und Magenspiegelung unterzieht. Vor einer solchen Untersuchung fürchten sich viele. Das „Schlauchschlucken“, wie es umgangssprachlich genannt wird, ist ja auch nicht gerade angenehm. Patienten, die sich zu sehr fürchten, erhalten jedoch eine Minianästhesie, während derer die Untersuchung durchgeführt wird. Angst braucht also keiner mehr davor zu haben.

Die verschiedenen Säulen der Behandlung
Natürlich wird jeder Arzt seinem Patienten Medikamente gegen das Sodbrennen verschreiben, jedoch wird er zudem auf verschiedene Verhaltensänderungen pochen, die dazu beitragen, dass das Sodbrennen und die damit einhergehenden Beschwerden sich verringern. So sollten alle Sodbrennengeplagten nachts auf keinen Fall flach im Bett liegen, sondern das Kopfteil ihres Bettes erhöhen, z.B. indem sie den Lattenrost dort anheben oder mehrere Kissen verwenden. Auf diese Weise kann die Magensäure bzw. der Mageninhalt besser in den Magen zurückfließen und der Schlaf wird nicht länger stark gestört. Für Schlafapnoiker, deren Krankheit durch Sodbrennen verursacht wird, ist die Hochlage des Oberkörpers ein absolutes Muss!

Es gibt einige Nahrungs- und Genussmittel, die Sodbrennen auslösen bzw. verstärken können. Dazu gehören Kaffee, Schokolade, scharf gewürzte sowie fettreiche Speisen. Den Verzehr bzw. Genuss dieser Lebensmittel sollte man entweder einstellen oder einschränken. Auch Übergewicht kann zu Sodbrennen beitragen, ebenso zu enge Hosen oder Röcke, die den Unterleib abschnüren. Eine Gewichtsabnahme ist daher sinnvoll, genauso das Tragen lockerer Kleidung.

Auch bestimmte Medikamente können das Sodbrennen fördern. Dazu gehören u.a. Kalziumantagonisten, das bei Asthma oft eingesetzte Theophyllin sowie Nitropräparate bei der koronaren Herzkrankheit. Diese Präparate können jedoch oft nicht einfach abgesetzt werden.

Als Medikamente der Wahl gelten beim Reflux die PPI, die Patienten zum Teil lebenslang nehmen müssen. Während sie beim Reflux ohne Veränderungen der Speiseröhre genommen werden können, wenn es notwendig ist – also wenn die Beschwerden einsetzen –, ist die Dauereinnahme bei einer Speiseröhrenentzündung unerlässlich, damit diese sich nicht verschlimmert. Auch bei Personen, die große Probleme mit Sodbrennen während des Schlafes haben, empfiehlt sich die Dauereinnahme. Die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen. In einigen Fällen können z.B. Müdigkeit, Schwindelgefühle, Kopf- oder Bauchschmerzen auftreten.

Patienten, die nicht gewillt sind, lebenslang PPI zu schlucken, etwa weil sie noch sehr jung sind, oder Patienten mit nächtlichem Auswurf bzw. einem Barrett-Ösophagus wird oft zu einer Refluxoperation geraten, der Fundoplikatio, die unter den chirurgischen Therapien als die beste gilt.

Endoskopische Behandlungsverfahren in der Erprobung
Eine größere Anzahl anderer Therapieformen zur Behebung des Refluxes wurden oder werden noch getestet. Beispielsweise gibt es verschiedene endoskopische, ambulant durchgeführte Behandlungsmöglichkeiten, z.B. das so genannte Bard®EndoCinch™-Verfahren. Hierbei bildet der Chirurg mithilfe eines Endoskops und mittels zwei Nähten im Magen eine Gewebefalte, die das Rückfließen von Mageninhalt in die Speiseröhre verhindern soll. Diese Methode ist Studien zufolge jedoch bislang nicht sehr wirksam. Man vermutet, dass sich die Nähte zu rasch lösen. Zudem wird nicht die gesamte Magenwand erfasst.

Eine weitere Methode der endoskopischen Gewebefaltenbildung im Magen ist das so genannte Plicator™-Verfahren. Dabei wird mit einem speziellen Endoskop, dem Plicator, am Übergang zwischen der Speiseröhre und dem Magen die Magenwand zu einer Falte umgeklappt und mit Nähten befestigt, so dass die Säure im Magen bleibt. Diese Methode scheint ersten Studien zufolge effektiver zu sein und den behandelten Patienten Nutzen zu bringen. Allerdings gehen die Mediziner bisher davon aus, dass sie den herkömmlichen Eingriff nicht verdrängen wird.

Neue Behandlungstechniken 
Daneben gab es Mitte 2007 noch weitere Behandlungsverfahren, die jedoch alle nicht sehr effektiv, zum Teil sogar gefährlich waren. Letzteres gilt für die so genannte Biopolymerinjektion, bei der in den Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen eine aushärtende Substanz eingespritzt wird, die den Muskel stärken soll. Dies führte in einigen Fällen jedoch zu schweren Nebenwirkungen, weshalb die dazu verwandten Substanzen vom Markt genommen wurden.

Bei der Implantationstherapie (Gatekeeper™) werden Hydrogelstäbchen in den Bereich zwischen Speiseröhre und Magen eingesetzt, die sich ausdehnen, wenn sie feucht werden. Aber auch dieses Verfahren hat sich als nicht sehr wirksam gezeigt.

Die Radiofrequenzapplikation (Stretta™), bei der ein Katheter in die Speiseröhre vorgeschoben wird, der Radiowellen aussendet, welche die Temperatur im Bereich des Übergangs der Speiseröhre zum Magen an bestimmten Stellen gezielt stark erhöhen, zeigte bislang ebenfalls nur eine geringe Wirksamkeit in der Refluxbehandlung. Entzündungsreaktionen als Folge des Verfahrens sollen eine Verdickung bewirken, die den Rückfluss von Mageninhalt aufhält.