Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2023

Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2023


Liebe Leserin, lieber Leser,

viele Menschen stehen zwar der Telemedizin skeptisch gegenüber, aber es ist nicht zu leugnen, dass in der Digitalisierung enorme Chancen für die Medizin liegen. Vor allem in der Schlaf- und Beatmungsmedizin können sehr viele Patientendaten erfasst werden. Man kann mit diesen Daten die CPAP-Compliance von Schlafapnoe-Patienten dokumentieren, herausfinden, wo ihre Probleme liegen, und ihnen dann gezielt helfen. Man kann die schlafmedizinische Diagnostik vereinfachen und Veränderungen im Krankheitsverlauf frühzeitig erkennen und gegensteuern. Doch es fehlen Nachweise für den Erfolg telemedizinischer Maßnahmen, die man den Kostenträgern vorlegen muss, damit sie auch bereit sind, diese zu finanzieren. Prof. Christoph Schöbel von der Ruhrlandklinik erklärt, was die digitale Schlafmedizin vermag.

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Erholsamer Schlaf wird wahrscheinlich nirgends dringender gebraucht als im Krankenhaus. Doch viele von uns, die schon ein paar Nächte im Krankenhaus verbracht haben, können bestätigen, dass sie dort extrem schlecht geschlafen haben. Der Bettnachbar schnarcht, die Pflegekräfte kommen immer wieder rein, vom Gang her dringt lautes Stimmengewirr ins Zimmer, und morgens um sechs ist die Nacht sowieso vorbei. Dr. Albrecht Vorster (Universitätsklinikum Bern) berichtet insbesondere über die Situation auf Schlaganfall- und Intensivstationen und sagt, was man verbessern könnte.

Viele alte Menschen leiden unter Schlafstörungen und Tagesschläfrigkeit. Das hat negative Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand – es erhöht das Sturz- und Demenzrisiko und kann bei Krankheiten den Genesungsprozess erschweren. Daher sollte in der Altersmedizin viel mehr auf den Schlaf der Patienten geachtet werden – erklärt Prof. Helmut Frohnhofen vom Universitätsklinikum Düsseldorf. 

Nicht alle Patienten vertragen die Arzneimittel gegen das Restless Legs Syndrom; und leider helfen sie auch nicht immer so gut, wie sie sollten. Gibt es eigentlich auch sinnvolle nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden? Oder geht es gar nicht ohne Medikamente? Über dieses Thema sprachen wir mit Lilo Habersack (Vorsitzende der Patientenverei­nigung RLS e. V.) und dem Neurologen PD Dr. Cornelius Bachmann, der sich auf die Behandlung von Restless Legs-Patienten spezialisiert hat. 

Lilo Habersack hat fast 30 Jahre lang die Geschicke der Selbsthilfe-Vereinigung  „RLS e. V.“ geleitet. In dieser Zeit hat sie Unvorstellbares geleistet: ein deutschlandweites Netzwerk aus Selbsthilfegruppen aufgebaut, wissenschaftliche Studien initiiert, Infobroschüren verfasst und unzählige Vorträge gehalten. Nicht zuletzt dem unermüdlichen Engagement dieser Frau verdanken wir es, dass die „Krankheit der unruhigen Beine“ endlich im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen ist. Jetzt geht Lilo Habersack in den Ruhestand. Wir sprachen mit ihr über ihre bewegte Vergangenheit und darüber, wie es für die „RLS e. V.“ in Zukunft weitergeht.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine informative Lektüre.

Dr. Magda Antonic


Cover © Lyudmyla Gutsol/iStock

Die nächste Ausgabe erscheint im August 2023.
Inhalt

6 Was kann die digitale Schlafmedizin?

14 Ihr Schlaflabor in den eigenen vier Wänden

20 Schlaf auf einer Schlaganfallstation

24 Schlaf im Alter – ein großes Problem

26 Nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren gegen unruhige Beine

34 Lilo Habersack geht in den Ruhestand

36 Hinter einer Schlafstörung können auch Medikamente stecken!

39 Erholsamer Schlaf braucht ein gutes Bett

40 Wie eine Schlaflose sich die Nacht zurückerobert

44 Ein Designbett mit zahlreichen Funktionen

46 Einschlafen mit weißem Rauschen

48 Alle Jahre wieder kommt die Sommerzeit:
Warum ist es so schwierig, eine unsinnige politische Entscheidung zurückzunehmen?

50 Wildtier des Jahres 2023: Der Gartenschläfer

Fast wie auf der Baustelle:


Schlaf auf einer Schlaganfallstation

Vielleicht haben Sie auch schon mal ein paar Nächte im Krankenhaus verbracht und dabei kaum ein Auge zugetan? Der Bettnachbar schnarcht, die Pflege kommt immer wieder rein, vom Gang her dringt lautes Stimmengewirr ins Zimmer, und morgens um sechs ist die Nacht sowieso vorbei. Dabei wird gesunder, erholsamer Schlaf nirgends dringender gebraucht als im Krankenhaus – denn er stärkt das Immunsystem und fördert die Genesung.

Dr. Albrecht Vorster

Aus Rattenexperimenten weiß man schon seit längerem, wie wichtig Schlaf gerade nach einer schweren Erkrankung ist. Vor rund zehn Jahren führten Schweizer Forscher bei den Nagetieren künstlich Schlaganfälle herbei und entzogen anschließend einer Gruppe von ihnen drei Tage lang den Schlaf, während die übrigen Ratten so viel schlafen durften, wie sie wollten. Die Tiere aus dieser zweiten Gruppe erholten sich gut und gewannen ihre Bewegungsfähigkeit rasch zurück; die Schlafentzugs-Ratten hingegen genasen längst nicht so schnell und so gut von ihrem Schlaganfall. 

Vor allem der Tiefschlaf spielt für unsere Regeneration eine wichtige Rolle – und Rattengehirne unterscheiden sich gar nicht so sehr von menschlichen grauen Zellen, wie man vielleicht denkt. 
Das hat mich auf einen wichtigen Gedanken gebracht: Die Lärm- und Lichtverhältnisse in Krankenhäusern sind oft so katastrophal, dass sie fast schon einem Schlafentzug gleichkommen. Und welches Gehirn braucht dringender Ruhe und Erholung als das eines Schlaganfallpatienten?

Schlafstörungen können das Risiko von Schlaganfällen erhöhen, gleichzeitig lösen Schlaganfälle mitunter Schlafstörungen aus: Bei manchen Patienten ist hinterher der Schlaf-wach-Rhythmus gestört; fast die Hälfte der Schlaganfallpatienten leidet unter einer obstruktiven Schlafapnoe. Das führt zu einer Schlaffragmentierung – und die beeinträchtigt wiederum die Arbeit unseres glymphatischen Systems. 
Wie man inzwischen weiß, werden im Schlaf nämlich Stoffwechsel-Abfallprodukte aus dem Gehirn herausgespült. Nicht nur unser Körper, sondern auch unser Gehirn besitzt ein Lymphsystem, das Proteinreste und andere Abfallstoffe abtransportiert. Diese nächtliche „Müllabfuhr“ (in der wissenschaftlichen Fachsprache als „glymphatisches System“ bezeichnet) kann während des Schlafs am besten arbeiten, weil sich dann die Zellzwischenräume vergrößern. Aber das funktioniert eben nur dann, wenn man gut und ungestört schläft! Bei schlechtem, fragmentiertem Schlaf sammeln sich Abbauprodukte im Gehirn an, verschlechtern die Gehirnleistung und können zu Entzündungsprozessen führen. Gestörter Schlaf erhöht das Delir-Risiko; und wenn ein Schlaganfallpatient ein Delir erleidet, hat er schlechtere Überlebenschancen und erholt sich auch nicht so gut von seinem Schlaganfall. Oft kommt dann auch noch eine Post-Stroke-Depression oder Post-Stroke-Fatigue hinzu, deren Entstehung ebenfalls durch schlechten Schlaf begünstigt wird. Der Schlaf in den ersten drei Tagen nach dem Schlaganfall spielt also wahrscheinlich nicht nur bei Ratten, sondern auch beim Menschen eine wichtige Rolle.

Und genau daran hapert es auf Schlaganfall- und Intensivstationen. Dass die Patienten dort nicht gut schlafen, wissen wir schon seit längerem: Bereits im Jahr 1999 ist dazu ein wissenschaftlicher Artikel mit dem Titel „Patients in the intensive care unit suffer from severe lack of sleep associated with loss of normal melatonin secretion pattern“ (Patienten auf Intensivstationen leiden unter schwerem Schlafmangel, der die normale Melatoninausschüttung beeinträchtigt) erschienen. Gerade von älteren Menschen – und Schlaganfallpatienten sind ja meistens älter – wissen wir, dass der durch das „Dunkelhormon“ Melatonin gesteuerte Schlaf-wach-Rhythmus ohnehin schon ein bisschen geschwächt ist. Für sie sind diese ungünstigen Schlafbedingungen also umso schlimmer.
Negative Folgen von Schlafstörungen auf der Intensivstation sind: 

  • verlangsamter Heilungsprozess
  • geringere Wirksamkeit von Medikamenten
  • erhöhtes Delir-Risiko
  • erhöhtes Risiko für eine Post-Stroke-Depression oder Post-Stroke-Fatigue 
  • und übermäßige Tagesmüdigkeit.


Viele Lärmquellen im Krankenhaus wären vermeidbar
Deshalb begann ich auf der Stroke Unit (Schlaganfall-Akutstation) des Universitätsklinikums Inselspital Bern ein Forschungsprojekt durchzuführen. Die Pflegekräfte kommentierten mein Projekt: „Herr Dr. Vorster, forschen Sie ruhig – bei uns kann sowieso keiner schlafen. Mal schauen, ob Sie da etwas messen können!“
Woher kommt das Problem mit dem schlechten Schlaf im Krankenhaus? Ich habe zwei verschiedene Ursachenfelder ausgemacht:

  • äußere Umgebungsfaktoren (Lärm, Licht, ungewohnte Umgebung)
  • innere Faktoren, z. B. Schmerzen, möglicherweise auch Ängste oder eine bereits bestehende Schlafstörung (viele Patienten kommen mit vorbestehenden Schlaferkrankungen in die Klinik) 


Wir haben zunächst eine ganz einfache Studie zu diesem Thema durchgeführt, die bisher aber weltweit noch nie gemacht worden ist: nämlich eine 24-stündige kontinuierliche Lärm- und Lichtmessung für jedes Bett in der Stroke Unit. Mit unserem Lärmpegelmesser und Lichtmesser konnten wir alle 30 Sekunden das komplette Lichtspektrum erfassen.
Das erschreckende Resultat: Bei den zwölf Betten unserer Stroke Unit wurde zu jeder Tages- und Nachtzeit der von der WHO empfohlene Lärmpegel überschritten, und zwar um 6 bis 10 Dezibel. Dazu muss man wissen, dass Lärm alle 6 Dezibel als doppelt so laut wahrgenommen wird.

Wir haben bei unseren Messungen zwischen zwei verschiedenen Bettenkategorien – Fensterbetten und an der Tür liegenden Betten – unterschieden; und an letzteren war es lauter. Also entsteht der Lärm nicht im Krankenzimmer selbst, sondern kommt vor allem von draußen – nicht von Maschinen, sondern hauptsächlich von Menschen. Wir haben zu diesem Thema übrigens auch eine Fragebogenstudie auf der Stroke Unit durchgeführt, und dabei kam heraus, dass die Patienten die Maschinen oder das Piepsen von Geräten gar nicht so als störend empfinden, sondern sich eher durch persönliche Gespräche der Pfleger und des Ärztepersonals gestört fühlen – vor allem, wenn diese vermeidbar wären.

Da würde jeder durchdrehen …
Außerdem haben wir die Geräuschquellen analysiert. Sprechen, Schnarchen von Zimmergenossen und Knallgeräusche (etwa wenn eine Tür zufällt, Material eingeräumt wird oder jemand irgendwo anschlägt) sind sehr laut und lösen Weckreaktionen aus. Solche Geräusche hört man auf Intensivstationen selbst in der Nacht, wo doch eigentlich Ruhe herrschen sollte, ziemlich häufig; und morgens und tagsüber geht es dort noch viel lauter zu. Wer da nicht verwirrt wird, muss schon eine sehr gesunde Psyche haben. Ich glaube, auch ein gesunder Mensch würde auf einer Stroke Unit die Orientierung verlieren!

Auch die Beleuchtung auf Intensivstationen ist für die Patienten ungünstig. Nachts war es auf der von mir untersuchten Schlaganfallstation zwar nicht zu hell, weil die Pfleger mit Taschenlampen in die Zimmer gingen; aber tagsüber war es eindeutig zu dunkel! Die mindestens empfohlene Lichtmenge – 250 Lux – wurde kaum erreicht, und wenn, dann nur bei den am Fenster gelegenen Betten. Bei den Betten im inneren Raum kamen wir um 18 Uhr maximal auf 120 Lux; das reicht bei älteren Patienten auf gar keinen Fall aus, um ihren Schlaf-wach-Rhythmus in Takt zu bringen.
Folgendermaßen lautete das niederschmetternde Fazit meiner Untersuchungen:

  • Krankenzimmer sind zu jeder Tages- und Nachtzeit zu laut.
  • Der Lärm ist menschengemacht und vermeidbar (was wiederum eigentlich gut ist, denn dann kann man etwas daran ändern). 
  • Parallel sind bis zu neun verschiedene Lärmquellen ausmachbar.
  • Das trägt zur Desorientierung der Patienten bei und erhöht ihren Stresspegel und ihr Delir-Risiko.
  • Außerdem ist es auf der Station tagsüber zu dunkel, vor allem morgens.


Schlaf – das beste Schlaganfallmedikament?
Auch zu den inneren Faktoren, die den Schlaf der Patienten stören können, haben wir einen Screening-Fragebogen entwickelt und diesen ein paar Monate lang auf der Stroke Unit eingesetzt. 

Man weiß schon aus vorigen Studien, dass Schlafstörungen bei Schlaganfallpatienten häufig vorkommen – eigentlich sind sie fast an der Tagesordnung. Man kann davon ausgehen, dass rund 50 % der Patienten auf einer Schlaganfallstation an einer Schlafapnoe leiden; 25 bis 40 % haben Ein- oder Durchschlafstörungen (Insomnien); und auch das Restless Legs Syndrom (RLS) wird mit zunehmendem Alter immer häufiger. Bei den Patienten auf unserer Stroke Unit, die diesen Fragebogen ausfüllten, waren 42 % regelmäßige Schnarcher, rund 20 % hatten regelmäßig Ein- und Durchschlafprobleme, und etwa 17 % nahmen regelmäßig Schlafmittel ein! Und die verkürzen nachweislich die Lebensdauer. 

Verhängnisvoll wird das vor allem dann, wenn mehrere Schlafprobleme gleichzeitig vorliegen, also beispielsweise nächtliche Atemaussetzer, eine Insomnie, ein RLS und eine zu kurze Schlafdauer. Dadurch steigt bei den Patienten nämlich das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle in den folgenden drei Jahren. Wenn wir auf den Schlaf von Schlaganfallpatienten achtgeben, können wir dieses Risiko senken – das ist dann quasi wie ein zusätzliches Medikament für den Patienten. Wir hätten also eigentlich ein sehr gutes und wirksames „Schlaganfallmedikament“, aber wir nutzen es nicht, weil wir den Schlaf der Patienten nicht ernst nehmen und beachten!

Schlafstörungen bei den Patienten behandeln? Keine Zeit!
Als Nächstes haben wir dann auch noch eine Studie zum Umgang mit Schlafstörungen bei Patienten auf der Berner Stroke Unit gemacht. Zu diesem Zweck haben wir die Pflegeberichte des Jahres 2015 – insgesamt 3600 Berichte – durchgeschaut und dabei nach eindeutigen RLS-Symptomen gesucht. Das heißt, wir haben anhand der Pflegeberichte bewertet, ob einige dieser Patienten womöglich an einem Restless Legs Syndrom litten: Hatten sie typische Missempfindungen wie Kribbeln oder Brennen in Füßen, Armen und Beinen und/oder auffallend starken Bewegungsdrang; traten diese Symptome vorwiegend abends und nachts auf; ließ sich durch Maßnahmen wie Massage, Kühlung und Bewegung eine Linderung erreichen; und hatten diese Beschwerden schon vor dem Schlaganfall bestanden? Denn dann waren sie wahrscheinlich nicht durch den Schlaganfall ausgelöst worden.
Wir stellten fest, dass 37 Patienten unseren Kriterien zufolge höchstwahrscheinlich an einem RLS gelitten hatten – und nur bei 18 dieser Patienten war der Arzt darüber informiert worden. Bei sieben Patienten war daraufhin im Krankenhaus ein RLS diagnostiziert worden, und nur bei fünf Patienten hatte man eine adäquate Therapie – z. B. mit Dopaminagonisten, Pregabalin oder Eisensubstitution – eingeleitet. 

Auf die Idee, das nachzuprüfen, war ich durch eine Patientin gekommen, bei der ich selber im Pflegebericht sah: Die hatte unglaublich starke RLS-Symptome und hat sehr darunter gelitten – das ging aus dem Bericht eindeutig hervor. Daraufhin wendete ich mich an die Oberärztin der Stroke Unit, und die erklärte mir: „Wir haben gar keine Zeit, uns um RLS zu kümmern.“ Anscheinend wird also wohl immer so verfahren, obwohl auf der Stroke Unit durchaus Neurologen vorhanden sind – und obwohl Restless Legs bei Frauen (nach der Migräne) die zweithäufigste neurologische Erkrankung sind!

Wie lässt sich der Schlaf auf der Station verbessern? 
Hierzu sind zwei Maßnahmen erforderlich. Erstens müssen wir Schlaf screenen. Bisher fragt niemand Patienten im Krankenhaus nach ihrem Schlaf – oder wenn, dann höchstens nebenbei. Aber wir sollten sie systematisch auf das Vorliegen verschiedener Schlafstörungen und schlafbezogener Erkrankungen hin untersuchen. Ich habe im Verlauf der letzten zwei Jahre dazu einen kurzen Fragebogen entwickelt. Um die äußeren schlafstörenden Faktoren in den Griff zu bekommen, können wir aber auch an der Umgebung im Krankenhaus etwas verändern. Zum Beispiel könnten wir die Beleuchtung verbessern – tagsüber heller mit hohem Blaulichtanteil (10 000 Kelvin), nachts dunkler in warmrotem Licht (1000 Kelvin). Wir können Schlafmasken und Ohrstöpsel an die Patienten verteilen, statt ihnen einfach Schlafmittel zu geben. Ferner könnten wir ein Nachtruhekonzept einführen, das besagt, dass zwischen 12 Uhr nachts und 6 Uhr morgens wirklich nur absolut notwendiger Lärm gemacht werden darf. Das gilt übrigens auch für Untersuchungen: Also nicht einfach mitten in der Nacht den Blutdruck messen oder neurologische Checks durchführen, obwohl das zu diesem Zeitpunkt gar nicht unbedingt sein muss! Außerdem können wir schlafgestörten Patienten bei Bedarf eine kognitive Verhaltenstherapie zur Verbesserung ihres Schlafs anbieten. Wir könnten auch ein Noise Display aufhängen, das den Geräuschpegel auf der Station misst und optisch darstellt – also eine Art Lärmampel. Die mindert das Lärmrisiko, weil die Pfleger dann sehen: Aha, es ist zu laut! Und nicht zuletzt könnten wir Lärmschutzdecken installieren. (Bisher sind in Kliniken vorwiegend Metalldecken üblich.) Und wir können natürlich auch die Raumtemperatur sinnvoll gestalten und bei Bedarf Wärmflaschen an Patienten ausgeben, die unter kalten Füßen leiden. All das wäre nicht sonderlich aufwendig, würde den Patienten aber enorm helfen und ihren Genesungsprozess beschleunigen.  

Dr. Albrecht Vorster hat Biologie und Philosophie studiert und arbeitet zurzeit als Schlafforscher am Universitätsklinikum in Bern. Er ist Leiter des neu gegründeten Walk-in-Schlafzentrums Swiss Sleep House Bern. Im Jahr 2019 erschien sein Buch „Warum wir schlafen“ (Heyne). Vorster ist Kopf und Konzeptentwickler hinter der Schlaf-Trainings App-„7Schläfer“.