Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2017

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2017


Liebe Leserin, lieber Leser,

Kongresse wie unser „Thementag Schlaf“ und die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) zeigen deutlich, was für eine wichtige Rolle der Schlaf für unser Leben und unser Wohlbefinden spielt. Schlafmangel und Schlafstörungen können eine Vielzahl körperlicher und seelischer Erkrankungen nach sich ziehen: Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes, Demenz, Depressionen, Potenzstörungen. Das sind nur einige der Krankheiten, für die wir sehr viel anfälliger werden, wenn wir zu wenig schlafen oder unser Schlaf unerholsam ist. Inzwischen weiß man, dass sich durch eine unbehandelte obstruktive Schlafapnoe sogar eine Fettleber entwickeln kann! 

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Nicht nur die Kongresse zeigen es, auch aufgrund der Fragen und Reaktionen unserer Leser wissen wir: Alternativen zu der von vielen Patienten ungeliebten CPAP-Therapie werden immer wichtiger. Unterkieferprotrusionsschienen, Zungenschrittmacher und neue Apps zur Verhinderung der Rückenlage wetteifern um die Gunst der CPAP-müden Schlafapnoiker. Und so berichten wir auch in dieser Ausgabe über verschiedene Therapiealternativen.

Prof. Zulley hat unser Schlafmagazin von Beginn an als treuer Kommentator und Botschafter begleitet. Dafür an dieser Stelle noch einmal unseren ganz herzlichen Dank. Prof. Zulley ist inzwischen aus dem Dienst ausgeschieden und genießt ein „freies Leben“ abseits der Schlafmedizin. Wir haben einen neuen Botschafter gesucht – und gefunden: Dr. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß vom Schlaflabor Klingenmünster. Hans-Günter Weeß ist Vorstandsmitglied der DGSM und hat ein beachtenswertes Buch geschrieben: Die schlaflose Gesellschaft. Man hört ihn immer wieder in Radiosendungen und sieht ihn in Fernsehtalkshows. Er freut sich, für das Schlafmagazin künftig als Botschafter zu wirken. Wir freuen uns auch und sind der Meinung, dass dies eine für beide Seiten hochinteressante Zusammenarbeit sein wird.

Wie immer wünsche ich Ihnen eine informative Lektüre

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2017

Foto: © fotolia/stock santa
Inhalt

6 Neues aus der Schlafmedizin: Zwei Kongresse rund um den Schlaf

7 Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleber, Diabetes: Schlafapnoe und ihre Folgeerkrankungen

8 Sekundenschlaf: eine vermeidbare Unfallursache

12 Neue Strategien in der Schlafapnoe-Therapie: Wo geht die Reise hin?

14 Männer kommen vom Mars, Frauen von der Venus

15 Herzinsuffizienz und zentrale Schlafapnoe

16 Der Weg ins Vergessen – Kann man einer Demenz vorbeugen?

18 Was gibt es Neues in der Schienentherapie?

19 Schlaf: eine wichtige Voraussetzung für psychische Gesundheit 

21 Vernachlässigte Bewegung: Besser schlafen durch Sport?

25 Kolumne: Auf der Straße und doch neben der Spur

26 Kontaktlos den Schlaf überwachen
App-gesteuertes Schlafüberwachungsgerät analysiert Schlafqualität

28 Schlafmedizinisches Zentrum der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim: Wie lassen sich Schnarchen und Schlafapnoe behandeln?

31 Alternativtherapie zur Maskenbeatmung
Erfahrungen mit dem Zungenschrittmacher  

32 Schlafmedizin muss nicht langweilig sein
Ein etwas anderer Schlafmediziner: Dr. Michael Feld

36 Tipps von der AGR
Gesunder Rücken im Schlaf 

36 Leserbrief

37 Mit der Zunge zum Erfolg  
Erfahrungen eines Apnoe-Patienten

38 Der Tag ist nicht genug
Zur Geschichte der Nachtarbeit

42 Nachtarbeit normal oder abnorm?

48 Die blaue Stunde

Schlafmedizinisches Zentrum der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim


Wie lassen sich Schnarchen und Schlafapnoe behandeln?

Dr. Joachim T. Maurer ist stellvertretender Klinikdirektor der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim und Leiter des dort angesiedelten schlafmedizinischen Zentrums. Die Universitäts-HNO-Klinik Mannheim gehört zu den weltweit führenden Einrichtungen der Schlafmedizin und führt in diesem Bereich mehr als 6000 stationäre und ambulante Untersuchungen im Jahr durch. Werner Waldmann unterhielt sich mit Dr. Maurer über die Therapiemöglichkeiten aus Sicht des HNO-Experten. 
 

Herr Dr. Maurer, Sie leiten eines der größten Schlaflabore Baden-Württembergs. Die Diagnostik der Schlafapnoe ist eine interdisziplinäre Aufgabe. In der Regel sind die Schlaflabore pneumologisch ausgerichtet; manchmal tritt auch noch die Neurologie oder Kardiologie dazu. Seltener ist aber das Hals-Nasen-Ohren-Ressort wie bei Ihnen involviert. Wie kommt es, dass das schlafmedizinische Zentrum der Universitäts-HNO-Klinik angegliedert ist? Und hat das Auswirkungen auf die Therapieoptionen?

Dr. Maurer: Wenn uns Patienten wegen Schlafapnoe und Schnarchen aufsuchen und wir sie behandeln, wollen wir natürlich auch wissen, ob sie im Schlaf wirklich besser mit Sauerstoff versorgt werden und ob sich sowohl die Atmungsstörung als auch der Schlaf durch die Therapie verbessern. 

Über diesen Weg sind die HNO-Ärzte zur Schlafmedizin gekommen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit können wir den Patienten die ganze Bandbreite von Therapien anbieten, von der Beatmungstherapie beim Obesitas-Hypoventilationssyndrom, einer Form der schlafbezogenen Atmungsstörungen, die mit starkem Übergewicht einhergeht, über die Behandlung einer chronischen Bronchitis und zentraler Schlafapnoe bis hin zur einfachen CPAP-Therapie bei obstruktiver Schlafapnoe. Hinzu kommen Therapien mit Unterkieferprotrusionsschienen, verschiedenste operative Verfahren, die Lagetherapie und vieles mehr. In manchen Fällen müssen auch unterschiedliche Therapieverfahren kombiniert eingesetzt werden, was für uns einfach möglich ist.

Unser schlafmedizinisches Zentrum verfügt über 20 Betten, damit haben wir ungefähr 6000 Patienten im Jahr und verordnen ca. 2000 Beatmungsgeräte jährlich. Kommen Patienten mit der Maske nicht klar, verschreiben wir u. a. Schienen oder Lagetherapien und natürlich beteiligen wir uns regelmäßig an Studien zu bekannten aber auch vor allem neuen Therapiemöglichkeiten und entwickeln diese auch selbst. Wenn wir nun als Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und damit primär operative Abteilung jenen Patienten, die eine Beatmungstherapie zunächst ablehnen, empfehlen, doch einmal eine Atemmaske auszuprobieren, weil wir andere Therapien als weniger Erfolg versprechend einschätzen, dann versuchen es die meisten Patienten auch. 


Habituelles Schnarchen, das nicht krankhafte Schnarchen, ist wahrscheinlich nicht gesundheitsschädlich, oder?

Dr. Maurer: Das habituelle Schnarchen ohne Atempausen ist wahrscheinlich ungefährlich. Genau wissen wir es jedoch nicht. Es gibt Daten, die darauf hindeuten, dass die chronischen Vibrationen im Rachen zu einer Schädigung des Gewebes führen. Vielleicht werden auch die Nerven, die den Atemweg kontrollieren, geschädigt. Wir kennen es z. B. von Presslufthammerarbeitern, Zahnärzten, Feinmechanikern, die mit kleinen vibrierenden Geräten arbeiten, dass Vibrationen über lange Zeit die Nerven schädigen können, was etwa zu Gefühlsstörungen in den Fingern und/oder Händen führen kann. Ähnliche feingewebliche Muster finden wir auch bei Leuten mit Schlafapnoe. Dort kommt es zu Schädigungen der Nerven im Gewebe des Rachens und des Gaumensegels, die die Sensibilität herabsetzen, das heißt, die Patienten spüren nicht mehr richtig, ob der Atemweg offen oder geschlossen ist. Zudem lässt sich auch die Muskulatur schlechter steuern.

Daten aus Schweden zeigen, dass sich harmloses Schnarchen zu einer leichtgradigen Schlafapnoe entwickeln kann. Bei leichtgradiger Schlafapnoe können schließlich mehr und mehr Atempausen hinzukommen. Möglicherweise besteht also zwischen Schnarchen und Schlafapnoe eine enge Beziehung.
 

Kinderschlafmediziner haben den Verdacht, dass eine nicht therapierte Schlafapnoe im Kindesalter im Erwachsenenalter eine Schlafapnoe befördern könnte. Was meinen Sie?

Dr. Maurer: Das könnte eine Rolle spielen. Kinder mit Schlafapnoe schließen im Schlaf häufig den Mund nicht vollständig und atmen dann durch den Mund. Wenn der Anpressdruck der Zunge fehlt, entwickelt sich unter Umständen der Schädel nicht so, wie er soll. Eine weitere Erklärung könnte in den oben aufgeführten chronischen Vibrationen durch das Schnarchen liegen. Andererseits gibt es bei Kindern Daten, die auch eine genetische Veranlagung als möglich erscheinen lassen.
 

Was kann man gegen gewohnheitsmäßiges Schnarchen ohne Schlafapnoe unternehmen?

Dr. Maurer: Aggressive Operationen sind auf jeden Fall nicht sinnvoll. In den 1980er, 1990er Jahren hat man manchmal die Hälfte des Gaumensegels oder sogar das gesamte Gaumensegel entfernt, sodass während des Schlafs nichts mehr vibrieren konnte. Ein flatterndes Schnarchen trat danach nicht mehr auf, allenfalls noch ein scharfes Atemgeräusch. Einen solchen Eingriff würden wir heute aber auf keinen Fall mehr empfehlen. Heute setzt man auf wenig belastende operative Verfahren und auf konservative Behandlungen, die nicht schaden. Auch eine CPAP-Therapie kann gegen Schnarchen eingesetzt werden, nur trägt die Krankenkasse die Kosten für diese Therapie bei habituellem Schnarchen nicht.
 

Was halten Sie von den sogenannten Schnarchspangen?

Dr. Maurer: Sie gehören in die Gruppe der Therapieformen, die wenig belastend sind. Schnarchspangen, sogenannte Unterkieferprotrusionsschienen, helfen oft gegen Schnarchen, doch manche Patienten müssen würgen, wenn sie sie einsetzen. Auch die Lagetherapie kann hilfreich sein, wenn jemand nur auf dem Rücken liegend schnarcht. Wir haben z. B. zwei Smart-phone-Apps untersucht und veröffentlicht, die dem Schnarcher erfolgreich die Rückenlage abtrainieren.  

Wir in Mannheim haben untersucht, ob es bereits gegen Schnarchen hilft, wenn nur der Kopf beim Schnarchen gedreht wird. Bei zwei Dritteln der Patienten gab es tatsächlich eine merkliche Verbesserung. Auch mit Gewichtsreduktion kann man im Übrigen oft etwas erreichen.
 

Vielfach werden auch sogenannte Nasendilatatoren angeboten, kleine, kurze Kunststoffröhrchen oder -spreizer, die man in die Nase schiebt, um eine behinderte Nasenatmung zu verbessern.

Dr. Maurer: Liegt bei Patienten eine behinderte Nasenatmung vor, sollte diese natürlich unabhängig vom Schnarchen behandelt werden, denn eine Mundatmung zieht u. a. verstärkt Infekte im Rachen- und im Bronchialbereich nach sich. Als Nebeneffekt verschwindet bei etwa 50 % der Leute das Schnarchen zunächst bzw. es verbessert sich so, dass sie zufrieden sind. Das hält nicht ewig, doch selbst, wenn das Schnarchen nur für zwei, drei Jahre verschwindet, ist Patienten und Angehörigen erstmal geholfen. Nach dieser Zeit kann man neu überlegen, was zu tun ist.

Zusammengefasst heißt das, dass solche Nasendilatatoren auch gegen das Schnarchen helfen können, jedoch nur, wenn eine Nasenatmungsbehinderung vorhanden ist, welche durch das Aufweiten des Naseneingangs beseitigt werden kann. Ähnliches gilt analog für antiallergische Behandlungen oder Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung.
 

Lässt sich auch durch das Spielen von Blas­instrumenten oder eines Didgeridoos die Rachenmuskulatur trainieren bzw. straffen und Schnarchen eindämmen?

Dr. Maurer: Muskeltraining im Rachen hat einen gewissen Effekt auf die Stabilisierung der Atemwege. Ob die Muskeln durch das Spielen eines Didgeridoos oder durch Mund-Rachenübungen trainiert werden, bei denen die Wangen aufgeblasen und/oder die Zunge gegen den Gaumen gepresst werden, ist egal. Auch Singen und das Spielen von Blasinstrumenten haben einen gewissen Effekt, indem sie die Muskeln besser tonisieren. Der Muskeltonus ist bei Schlafapnoen zwar nachweisbar, aber meistens nicht ausreichend. Wer also schnarcht und Spaß am Spielen solcher Instrumente hat, sollte das ruhig tun. Eine Veränderung tritt jedoch erst auf, wenn man tatsächlich längerfristig die Rachenmuskulatur trainiert. Ob sie ausreicht, ist leider bisher nicht vorhersagbar.
 

Welche operativen Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung, um Schnarchen und Schlafapnoe zu behandeln und welche Risiken sind damit verbunden?

Dr. Maurer: Wir müssen zwischen Schnarchen und obstruktiver Schlafapnoe trennen. Operative Verfahren können für das Schnarchen sinnvoll sein, wenn sie so wenig wie möglich schaden. Radikaloperationen sind obsolet, also bleiben minimalinvasive Eingriffe am weichen Gaumen oder am Zungengrund. Dazu zählen die radiofrequenzchirurgischen Verfahren, die Weichgaumenimplantate, vielleicht auch noch gewisse Nahttechniken, bei denen man ausschließlich mit Nähten versucht, das Gaumensegel etwas nach vorne zu verlagern. Derzeit sind ein paar Techniken dazu in der Erprobung, die aber noch nicht ausgereift sind. 

Bei der Schlafapnoe sieht es anders aus. Hier wollen wir die Atmungsstörungen beseitigen. Da gibt es zwei Verfahren, die Studien zufolge zumindest genauso effektiv wie die CPAP-Therapie sind: die Tracheotomie, also der Luftröhrenschnitt, und die Vorverlagerung von Oberkiefer und Unterkiefer, die den Atemweg öffnet und strafft. 

Bei der Tracheotomie handelt es sich um eine Operation, die durch die Öffnung im Hals eine Stigmatisierung mit sich bringt. Deshalb empfehlen wir die Tracheotomie auch niemals als Therapie Nr. 1. In Einzelfällen kann sie jedoch sinnvoll sein, und zwar dann, wenn Patienten alle anderen Therapien durchprobiert haben und mit keinem Verfahren erfolgreich behandelt werden konnten. Unter den in unserer Klinik mehr als 1000 Operationen wegen Schlafapnoe pro Jahr wird aus den genannten Gründen nur etwa einmal pro Jahr ein Luftröhrenschnitt wegen obstruktiver Schlafapnoe vorgenommen.

Wichtig ist, dass nach einer Tracheotomie eine etwa drei- bis sechsmonatige Nachbetreuung stattfindet, um zu gewährleisten, dass keine Probleme auftreten, z. B. muss vermieden werden, dass wildes Fleisch im Bereich des Übergangs von der Haut zur Schleimhaut wächst. Auch die richtige Kanüle muss gefunden werden. Tagsüber wird die Öffnung im Hals mit einem kleinen Stöpsel verschlossen, so dass der Patient ganz normal sprechen, atmen, husten oder singen kann. Nachts soll er den Stöpsel ersetzen durch eine kleine Kanüle, ein kleines Röhrchen, sodass er über diese Öffnung atmet und keine Atempausen mehr auftreten. Da gibt es im Moment keine speziell für Schlafapnoiker gemachten Hilfsmittel vonseiten der Hilfsmittelhersteller. Man muss unter Umständen ein wenig herumprobieren, bis die ideale Kanüle gefunden wurde.

Auch eine Kieferoperation muss der Patient natürlich mittragen. Diese Operation ist zwar Routine und wird in kieferchirurgischen Kliniken regelmäßig wegen Bissfehlstellungen durchgeführt, doch manche Patienten haben Probleme mit der Vorstellung, dass der Kieferknochen zersägt, verlagert und dann wieder zusammengeschraubt wird. Die Patienten, die sich dafür entscheiden, sind jedoch mit dem Ergebnis in der Regel zufrieden. Die OP hat noch einen positiven Nebeneffekt: eine Art inneres Facelift. Der Kiefer wird vorverlagert, wobei auch die Weichteile gestrafft werden und sich eventuell bestehende Falten oder ein Doppelkinn verringern. Es ist also nicht so, dass es neben der Maske keine weiteren hochgradig wirksamen Behandlungsverfahren bei Schlafapnoe gibt. Wichtig ist abzuwägen, welche Behandlung individuell richtig ist.

Als drittes Operationsverfahren ist die Entfernung von zu großen Rachenmandeln mit Straffung des Gaumensegels zu nennen. Zur Effektivität dieses Verfahrens gibt es kontrollierte Studien – eine aus Schweden, die andere haben wir im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht –, die zeigen, dass die Entfernung der Mandeln bei etwa zwei Drittel der Patienten die Schlafapnoe beseitigen kann. Natürlich muss man, wie immer, den Nutzen gegen das Risiko der Operation abwägen.
 

Welche Bedeutung messen Sie der Radiofrequenztherapie bei Obstruktionen im Rachenraum zu?

Dr. Maurer: Radiofrequenz wurde gehypt, weil es die erste minimalinvasive Möglichkeit war, Schlafapnoiker und Schnarcher zu behandeln. Es gibt viele Möglichkeiten, Patienten damit zu behandeln, aber die Erfolgsrate ist bei geringem Risiko eher moderat. Wir führen die Behandlung durch, aber es ist zuvor nicht immer einfach festzustellen, wer davon profitiert. Das mögen wir als Chirurgen nicht so gerne, wir ziehen einen sicher vorhersagbaren Erfolg vor. Trotzdem ist die Radiofrequenztherapie natürlich sinnvoll, aber nur bei leichtgradiger und nicht bei schwergradiger Schlafapnoe – und auch hier muss man wieder abwägen. Für uns ist sie jedoch in den meisten Fällen keine Empfehlung der ersten Wahl.
 

Dann gibt es noch eine aktuelle Therapiemethode: die elektrische Stimulation des Nervus hypoglossus, der sogenannte Zungenschrittmacher.

Dr. Maurer: Wir haben dieses Behandlungsprinzip schon seit langer Zeit selbst erprobt und kennen fast alle verschiedenen Systeme. Das ist ein spannendes Thema, denn wir können mit dem Zungenschrittmacher erstmals die zu starke Muskelentspannung bei Patienten mit Schlafapnoe und normaler Anatomie direkt angehen und damit das Problem an der Wurzel packen. Ist die Therapie wirksam, hält der Effekt zumindest über vier Jahre an.
 

Bei einer zentralen Schlafapnoe, die nicht durch eine Obstruktion im Rachen bedingt ist, sondern von der Schaltzentrale des Gehirns verursacht wird, setzt man den Zwerchfellschrittmacher ein?

Dr. Maurer: Bei dieser Behandlung wird regelmäßig der Nerv, der das Zwerchfell versorgt, elektrisch stimuliert, so als ob das Gehirn den Befehl geben würde „Zwerchfell, spann dich an“. Der Schrittmacher soll somit bei einer zentralen Schlafapnoe den fehlenden Atemantrieb ersetzen. Auch hier wird es sicher wieder so sein, dass einige Patienten von der Therapie profitieren, andere nicht. Studien dazu sind im Gange. 

 

Dr. Joachim T. Maurer
ist stellvertretender Klinikdirektor der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim und Leiter des dort angesiedelten schlafmedizinischen Zentrums.

Universitäts-HNO-Klinik Mannheim
68135 Mannheim
joachim.maurer@remove-this.umm.de
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