Das Schlafmagazin: Ausgabe 4/2018

Das Schlafmagazin: Ausgabe 4/2018


Liebe Leserin, lieber Leser,

ein zu kurzer oder unerholsamer Schlaf kann krank machen. Zu diesem Thema hat der DGSM-Kongress, der dieses Jahr in Nürnberg stattfand, zahlreiche Erkenntnisse geliefert: Von Krebs bis hin zu Lebererkrankungen kann schlechter Schlaf so gut wie alle Leiden verschlimmern und eventuell auch verursachen.Das Thema Telemedizin ist zurzeit in aller Munde. Gerade in der Schlafmedizin ließe sich damit einiges bewirken – insbesondere in der Therapie der schlafbezogenen Atemstörungen, denn die Gerätedaten liefern viele Informationen, die man auf sinnvolle Weise nutzen könnte. Freilich gibt es auch noch jede Menge Probleme: Datenschutz, Vergütung, die Frage nach den Zuständigkeiten von Ärzten und Homecare-Providern. In Nürnberg diskutierten die Schlafmediziner darüber, was man mit den Daten anfangen könnte – und ob die Telemedizin schon reif für die Praxis ist.

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Schon seit Jahren sind übermäßige Flüssigkeitsansammlungen im Körper als wichtiger Faktor, der zur Entstehung einer obstruktiven Schlafapnoe beitragen kann, im Gespräch. Eine neue Übersichtsarbeit stellt die wichtigsten Gründe für solche Wasseransammlungen zusammen und erklärt, was man dagegen tun kann. Wir stellen Ihnen diese Arbeit vor.

Es ist nicht neu, dass die CPAP-Therapie bei vielen Patienten unbeliebt ist. Und so informieren wir Sie regelmäßig über alternative Behandlungsmöglichkeiten für eine obstruktive Schlafapnoe: Unterkieferprotrusionsschienen, Rückenlageverhinderungswesten, Schlafpositionstrainer und natürlich diverse operative Eingriffe, von denen in letzter Zeit vor allem der Zungenschrittmacher von sich reden gemacht hat. Für diese Ausgabe des Schlafmagazins sprachen wir mit dem HNO-Arzt PD Dr. Clemens Heiser, Leiter des Schlaflabors am Klinikum rechts der Isar in München, über chirurgische Verfahren und andere Behandlungsmethoden bei nächtlichen Atemaussetzern. 

Die Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte kürzlich das Ergebnis einer Studie, in der der Übeltäter der rätselhaften Krankheit Narkolepsie identifiziert wird. Das hat große Auswirkungen auf die Diagnose und die Therapie der seltenen Schlafkrankheit. Auch dazu finden Sie hier einen Beitrag.

Ich wünsche Ihnen eine informative Lektüre

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2018

Foto: © canstockphoto/Palau
Inhalt

6 Schlaf ist Medizin!

12 Die Seitenlage ist nicht nur für Schnarcher und Schlafapnoiker sinnvoll! 

16 Telemedizin – schon reif für die Praxis? 

20 Wasseransammlungen im Körper 

25 Wie der Zungenschrittmacher bei obstruktiver Schlafapnoe hilft

26 CPAP, Schienentherapie, Zungenschrittmacher:Die Qual der Wahl 

36 Marihuana gegen Schlafapnoe?

38 Neues über Narkolepsie:
Wissenschaftler entlarven den Übeltäter 

40 US-Studie: Knapp jeder fünfte Autounfall geht auf das Konto von Müdigkeit 



41 Schlafmangel lässt sich ausgleichen:„Nachschlafen“ am Wochenende fördert die Gesundheit 

42 Ein neuer Schlafguru ante portas?
Das zweite Buch von Hans-Günter Weeß ist erschienen 

44 Über Betten, Unterfederungen und die Stiftung Warentest 

47 Lautstärke der CPAP-Geräte:
Geräuschvoller als die Klimaanlage im Hotel? 

47 Kleines Hilfsmittel für CPAP-Patienten 

47 Training und Therapie für die Atemwege 

RUBRIKEN
48 Schlafapnoe-Sprechstunde 
49 Adressen 
50 Impressum
51 Abo-Formular

Neues zur Positionstherapie


Die Seitenlage ist nicht nur für Schnarcher und Schlafapnoiker sinnvoll!

Von Anne Greveling

Die Verhinderung der Rückenlage ist ein wichtiger Baustein in der individualisierten Therapie der obstruktiven Schlafapnoe. Aber nicht nur das: Auch aus anderen Gründen ist es wesentlich gesünder, auf der Seite zu schlafen als auf dem Rücken. Neueste Erkenntnisse zu diesem Thema wurden auf der diesjährigen Jahrestagung der DGSM präsentiert.

Es gibt verschiedene Definitionen einer positionsabhängigen Schlafapnoe (POSA). Die gängigste Definition lautet, dass der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) in Rückenlage mehr als doppelt so hoch sein muss wie in anderen Schlafpositionen (oder dass die Apnoen überhaupt nur in Rückenlage auftreten). Bei über 50 % aller Schlafapnoe-Patienten liegt eine POSA vor; 20 % haben nur in Rückenlage Apnoen – das heißt, bei ihnen verschwinden die Atemaussetzer völlig, sobald sie sich auf die Seite drehen!

Leiden Sie an einer positionsabhängigen Schlafapnoe?
Laut einer Untersuchung an 574 OSA-Patienten gibt es Prädiktoren, die mit ziemlich guter Treffsicherheit voraussagen können, ob jemand an einer positionsabhängigen Schlafapnoe leidet oder nicht. Wir führen diese Faktoren hier in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit auf: 

•  eher niedriger AHI (leichte bis mittelschwere Schlafapnoe)
•  geringeres Körpergewicht
•  jüngeres Alter 

Ein älterer, stark übergewichtiger Patient mit schwerer schlafbezogener Atemstörung leidet also mit sehr viel geringerer Wahrscheinlichkeit an einer POSA als ein jüngerer, schlanker mit leichter bis mittelschwerer Schlafapnoe: „Je mehr Fett Druck auf die oberen Atemwege ausübt oder je mehr das Gewebe mit zunehmendem Alter an Elastizität verliert, eine umso geringere Rolle spielt die Schlafposition “, erklärte Prof. Dr. Winfried Randerath in seinem Einführungsvortrag zur positionsabhängigen Schlafapnoe.  

Dementsprechend hatten die POSA-Patienten in dieser Untersuchung auch eine bessere Schlafqualität und mehr Tiefschlaf und litten weniger unter Tagesschläfrigkeit.   

Die Autoren der Studie machten übrigens eine interessante Beobachtung: Vier fettleibige (stark übergewichtige) Patienten, die an einer nicht lageabhängigen Schlafapnoe litten, nahmen im Verlauf ihrer Krankheit ab. Bei drei dieser Patienten wurde aus der OSA dadurch eine POSA! Abnehmen kann also durchaus von Vorteil sein: Auch wenn die Schlafapnoe dadurch nicht völlig verschwindet, kann man lageabhängige Apnoen doch leichter bekämpfen – nämlich mit einem der vielen mittlerweile auf dem Markt erhältlichen Hilfsmittel zur Rückenlageverhinderung.  

Ein Plädoyer für die Seitenlage
Wie man inzwischen weiß, entsteht die obstruktive Schlafapnoe nicht nur durch eine Verengung der oberen Atemwege; es gibt auch noch andere Faktoren, die zur Entstehung dieser schlafbezogenen Atemstörung beitragen. Einer dieser Faktoren ist die Atemantwort auf Apnoen. Das Atemzentrum in unserem Gehirn reagiert auf den mit einer Apnoe einhergehenden Sauerstoffmangel und zu hohen Kohlendioxidgehalt im Blut: Dadurch steigt der Atemantrieb immer stärker an, bis die Atemwege sich wieder öffnen (was mit einer kurzen Weckreaktion verbunden ist) und der Schläfer mit einem lauten, prustenden Schnarchen nach Luft schnappt.  

Nur leider reagiert dieses Atmungskontrollsystem im Gehirn bei manchen Schlafapnoikern zu empfindlich: Bei ihnen fällt die Atemantwort auf Apnoen stärker aus, d. h. es kommt dann zu einer besonders schnellen und/oder tiefen Atmung (Hyperventilation). Bei manchen Schlafapnoikern führt schon eine leichte Obstruktion zu dieser überschießenden Reaktion, und sie schaukeln sich auf diese Weise immer stärker in ein krankhaftes Atemmuster (Apnoe – Hyperventilation – Apnoe) hinein.  

Die Rückenlage verstärkt die Bereitschaft zu einem überschießenden Atemantrieb nach Apnoen: „Die Schlafposition auf dem Rücken destabilisiert die Atmung, die Seitenlage stabilisiert sie“, erklärte Prof. Randerath – ein weiterer Grund, warum es wichtig ist, auf der Seite zu schlafen! 

Und das ist noch lange nicht alles. PD Dr. Friedhart Raschke, der das Institut für Rehaforschung auf der Insel Norderney leitet, zählte weitere Gründe auf, warum die Seitenlage uns guttut:

•  Auch die Cheyne-Stokes-Atmung (eine Sonderform zentraler Apnoen, die vor allem bei Herzinsuffizienzpatienten auftritt) ist in Rückenlage viel ausgeprägter als auf der Seite.
•  Seit einiger Zeit weiß man, dass Schwangere die Rückenlage meiden sollten – nicht nur, weil werdende Mütter auf dem Rücken eher zu Schnarchen und Atemaussetzern neigen, sondern auch, weil in Rückenlage Druck auf die untere Hohlvene der werdenden Mutter ausgeübt wird, was die Sauerstoffversorgung des ungeborenen Kindes beeinträchtigt.
•  Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten auf der rechten Seite schlafen (und tun das intuitiv auch meistens), weil das Herz in dieser Position besser durchblutet wird.
•  Vor einigen Jahren hat man herausgefunden, dass es nicht nur in unserem Körper, sondern auch im Gehirn ein Lymphsystem gibt, das Stoffwechselschlacken und andere Abfallstoffe abtransportiert – darunter auch das besonders schädliche Beta-Amyloid, das bei der Alzheimer-Krankheit die Nervenzellen des Gehirns zerstört. Dieses sogenannte glymphatische System wird vor allem während des Schlafs aktiv, weil sich dann die Zellzwischenräume vergrößern: So können Abfälle besser entsorgt werden. Und einer neueren Untersuchung zufolge funktioniert diese „Müllabfuhr“ des Gehirns zumindest bei Nagetieren am besten in Seitenlage! Für den Menschen stehen solche Untersuchungen zwar bisher noch aus; doch die Autoren halten es durchaus für möglich, dass dies auch bei uns so sein könnte.  

Allerdings kann die Seitenlage für Menschen mit Verspannungen im Schulterbereich problematisch sein, da sie die Schulter, auf der man gerade liegt, belastet. Das kann zu Schulterschmerzen führen. Ein Seitenschläferkissen, das man im Schlaf mit Armen und Beinen umschlingt und das dafür sorgt, dass Rücken und Schultern orthopädisch korrekt liegen, erleichtert die Seitenlage; Menschen mit Schulterschmerzen werden aber vielleicht auch mit so einem Kissen immer noch Probleme haben.  

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Krankenkassen die Kosten für Hilfsmittel zur Verhinderung der Rückenlage  normalerweise nicht übernehmen: Dafür muss der Patient leider selbst in die Tasche greifen. 

Wie gewöhnt man sich die Rückenlage ab?
Dafür sind mittlerweile verschiedene Hilfsmittel auf dem Markt erhältlich. 

Das älteste Hilfsmittel ist die Rückenlageverhinderungsweste (auch als „Schnarchrucksack“ bezeichnet): Ein Schaumstoffpolster im Rückenteil soll dem Schläfer die Rückenlage unbequem machen, sodass er sich auf die Seite dreht. Allerdings stört dieser „Rucksack“ auch den Schlaf; daher ist die Compliance bei solchen Westen nachweislich nicht sehr gut.

Hilfreicher sind die Schlafpositionstrainer, die dazu führen sollen, dass der Patient sich mit der Zeit angewöhnt, auf der Seite zu schlafen: Diese Vorrichtungen erkennen mithilfe von Mikrofonen oder Sensoren, in welcher Schlafposition man sich gerade befindet, und geben dann entweder ein Geräusch von sich oder fangen an zu vibrieren:

•  Smartphone-Apps: Die Smartphones mit den Apps „SomnoPose“ oder „Apnea sleep position trainer“ werden mit einem Gurt auf der Brust befestigt und funktionieren nach dem „Vibrationsprinzip“.
•  Anti-Schnarch-Kissen mit eingebautem Mikrofon: Bei Schnarchgeräuschen pumpen sich Luftkammern im Kissen auf und bringen den Kopf des Schläfers in eine günstigere Position. Allerdings ist es nachweislich wirksamer, wenn nicht nur der Kopf, sondern der ganze Körper in die Seitenlage gebracht wird!
•  Der Schlafpositionstrainer „NightBalance“ arbeitet mit einem Lagesensor, der die Schlafposition ermittelt und den Patienten bei Rückenlage mit leichten Vibrationen dazu bringt, sich in eine andere Position zu drehen. Die Vibrationsintensität wird mit der Zeit immer stärker, wenn der Schläfer nicht sofort darauf reagiert. Der Vibrationsalarm erreicht einen notfalls also auch im Tiefschlaf und lässt sich selbst dann nicht ignorieren, wenn man am Vorabend ein paar Gläschen zu viel getrunken hat! Außerdem ermöglicht die Software in dem Gerät eine Auswertung der Schlafposition über 90 Tage. In einer Untersuchung an 31 Patienten mit leichter bis mittelschwerer positionsabhängiger Schlafapnoe4 ließ sich der mediane AHI dadurch von 16,4 auf 5,2 senken; bei 15 Patienten sank er sogar unter 5. Allerdings erfordert das Training mindestens eine einwöchige