Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2019

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2019


Liebe Leserin, lieber Leser,

die Zeiten sind vorbei, als man allen Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe automatisch eine Maske aufs Gesicht gesetzt hat mit der wenig ermutigenden Information, damit müssten sie nun für den Rest ihres Lebens schlafen. Inzwischen gibt es gute Alternativen zur CPAP-Therapie. Doch das allein reicht nicht aus: Man muss auch wissen, welche Behandlungsmethode für welchen Patienten am besten geeignet ist. Diese neue Entwicklung – das Bemühen um eine individualisierte Schlafapnoe-Therapie – ist gerade in vollem Gang.

Einen wichtigen Meilenstein auf diesem Weg stellen die Forschungsarbeiten des australischen Schlafmediziners Professor Danny Eckert dar.Zwar steckt die Erforschung der unterschiedlichen Erscheinungsbilder der Schlafapnoe noch in den Kinderschuhen; manche dieser Erkenntnisse kann man aber auch heute schon in der Praxis anwenden. Um dieses Thema ging es in einem Symposium mit dem Titel „Präzisionsmedizin bei schlafbezogenen Atmungsstörungen“ anlässlich der DGSM-Jahrestagung 2018 in Nürnberg: Verschiedene Schlafmediziner präsentierten neueste Erkenntnisse zum „idealen Patienten“ für verschiedene Schlafapnoe-Therapieverfahren. Wir fassen in dieser Ausgabe des Schlafmagazins die wichtigsten Ergebnisse zusammen.

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Aufgrund seiner Rätselhaftigkeit hat das seltsame Phänomen Schlafwandeln die Menschen schon immer stark beschäftigt und zum Teil auch zu völlig falschen Vorstellungen geführt. So führte man Schlafwandeln früher auf die Anziehungskraft des Mondes zurück und bezeichnete Menschen, die dazu neigten, daher als „mondsüchtig“. Mit dem Mond hat diese Parasomnie jedoch nicht das Geringste zu tun. Wir versuchen ein wenig aufzuklären.

Die Kombination Schlafapnoe und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist leider keine Seltenheit. Da es sich bei beiden Krankheiten um häufige, chronische Volksleiden handelt, braucht man sich nicht darüber zu wundern, dass es da öfter zu Überlappungen kommt und ein Patient eben „nicht nur Läuse, sondern auch Flöhe hat“, wie es im Volksmund so schön heißt. Aber es gibt auch ursächliche Zusammenhänge zwischen diesen beiden Erkrankungen. So weiß man zum Beispiel inzwischen, dass Schnarchen eine chronische Bronchitis und höchstwahrscheinlich auch eine COPD verursachen kann. Lesen Sie darüber mehr in unserem Beitrag.

Wir stellen Ihnen schließlich ein erschreckendes Krankheitsbild vor: die REM-Schlaf-Verhaltensstörung. Mit etwas über 1 % ist diese Krankheit zum Glück nicht allzu häufig und kommt hauptsächlich bei Menschen in mittlerem und höherem Alter vor. Die Betroffenen leben quasi ihre Träume aus und können sich selbst sowie ihre Bettpartner in Gefahr bringen.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine informative Lektüre

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin-Ausgabe 1/2019

Foto: ©id-work/istockphoto.com
Inhalt

6 Für jeden Patienten die richtige Therapie:
Präzisionsmedizin bei schlafbezogenen Atmungsstörungen

8 Der ideale Patient für eine Schienentherapie 

11 Wann eine CPAP-Therapie nicht optimal ist.
Behandlungsmöglichkeiten der obstruktiven Schlafapnoe

12 aus Sicht der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

16 Was tun bei CPAP-Unverträglichkeit?

20 Energiegeladen statt dauermüde:
Wie Sie es schaffen, sich endlich wieder „zum Bäume ausreißen“ zu fühlen

24 „Die übermüdete Gesellschaft“:
Wie Schlafmangel den Hormonhaushalt durcheinanderbringt und unsere Gene verändert

28 Halb wach, halb schlafend:
Warum manche Menschen im Schlaf durch die Wohnung geistern

32 Schlafapnoe und COPD:
Wie geht man mit der Doppelbelastung um? 

36 Wenn der Partner nachts plötzlich rabiat wird:
Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung

40 Unruhige Beine während der Schwangerschaft: Was tun?

44 Frühjahrsmüdigkeit:
Was steckt dahinter, und was kann man dagegen tun?

46 Vokabeln können im Tiefschlaf gelernt werden

46 Albträume: immer noch viel zu selten diagnostiziert und behandelt

Was tun bei CPAP-Unverträglichkeit?

Eine spannende Podiumsdiskussion im Rahmen des letzten DGSM-Kongresses drehte sich um das wichtige Thema CPAP-Unverträglichkeit: Was tun, wenn ein Patient mit seiner Beatmungstherapie partout nicht zurechtkommt oder sie kategorisch ablehnt? Hoch-

karätige Schlafmediziner wie Prof. Helmut Teschler und Holger Woehrle, der HNO-Arzt Prof. Boris Stuck und ein Patient mit CPAP-Intoleranz nahmen an der Diskussion teil.

Marion Zerbst

 

Die CPAP-Therapie gilt nach wie vor als Goldstandard in der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe. Allerdings gibt es mittlerweile genügend gute Therapiealternativen, sodass jemand, der mit der nächtlichen Beatmung beim besten Willen nicht zurechtkommt, nicht mehr zu verzweifeln braucht. Dies stellte Holger Woehrle in seinem Impulsvortrag unmissverständlich klar.

„Ich bin ein absoluter Freund der CPAP-Therapie“, betonte er. „Das ist eine der wunderbarsten Therapien, die uns in der inneren Medizin zur Verfügung stehen. Die Patienten, die sie tolerieren und deren Problem wir damit lösen können, berichten teilweise sogar, sie hätten ein neues Leben geschenkt bekommen.“ Allerdings lässt die Compliance doch sehr zu wünschen übrig: Laut einer vor ein paar Jahren in der Schweiz durchgeführten Untersuchung nutzen nach einem Jahr gerade noch 74 % aller Patienten ihr CPAP-Gerät. Nach fünf Jahren sind es nur noch 55 %, nach zehn Jahren 51 %.(1) Das heißt, nach zehn Jahren nutzt jeder zweite Patient seine Therapie nicht mehr! „Deshalb müssen wir umdenken: Denn wenn wir nach zehn Jahren nur noch die Hälfte der Patienten erreichen – was machen wir dann mit der anderen Hälfte? Für die müssen wir uns genauso engagieren und ihr Problem lösen. Sonst betreiben wir eine Zwei-Klassen-Medizin: Diejenigen, die mit ihrer CPAP-Therapie zurechtkommen, haben Erfolg – die anderen verlieren.“

Leider macht die Schlafmedizin immer noch den Fehler, alle Schlafapnoe-Patienten über einen Kamm zu scheren. „Momentan gehen wir in der Schlafmedizin nach dem ,Versuch-und-Irrtum-Verfahren’ vor: Der Patient kommt ins Schlaflabor, man verordnet ihm eine CPAP-Therapie, und erst, wenn die versagt, bekommt er etwas anderes. Das ist nicht gut, denn wenn ein Patient mit einer Therapie schlechte Erfahrungen gemacht hat, ist er vielleicht nicht mehr so

offen für andere Behandlungsmethoden.“ Im schlimmsten Fall wird ihm bei CPAP-Unverträglichkeit oder CPAP-Versagen überhaupt keine Therapiealternative angeboten, denn oft heißt es im Schlaflabor auch heute noch: Maske oder gar nichts.

Holger Woehrle kritisiert den „Maskenreflex“, der Ärzte im Schlaflabor fast schon automatisch zur CPAP-Therapie greifen lässt, wenn bei einem Patienten eine obstruktive Schlafapnoe diagnostiziert wird: „Das ist eigentlich nicht unser Therapieziel. Unser Ziel sollte es sein, eine schlafbezogene Atmungsstörung so zu behandeln, dass der Schlaf hinterher wieder gut ist – egal ob mit einer Maskentherapie oder auf andere Weise.“ Die Patienten müssen besser phänotypisiert (d. h. in verschiedene Erscheinungsformen ihres Krankheitsbildes eingeteilt) werden. „Wir sollten uns von vornherein Gedanken über die Erfolgsaussichten einer Therapie machen, ähnlich wie in der Krebsmedizin!“

 

CPAP-Unverträglichkeit – was ist das eigentlich?

Denn das Problem der CPAP-Unverträglichkeit oder CPAP-Intoleranz ist größer, als man auf den ersten Blick vielleicht annehmen mag. Und nicht nur das: Dieser Begriff ist bisher noch nicht einmal klar definiert.

Unzählige Probleme können dazu führen, dass ein Patient mit Gerät und Maske nicht zurechtkommt:

• Der Patient verträgt die CPAP-Therapie aufgrund bestimmter Probleme oder Nebenwirkungen nicht.

• Der Patient lehnt Gerät und Maske von vornherein ab: „Lieber sterbe ich früher.“

• Der Patient nutzt seine CPAP-Therapie zwar, quält sich aber durch die Nächte mit Gerät und Maske hindurch, weil er sich durch Nebenwirkungen gestört fühlt, seinen Schlaf als weniger erholsam empfindet, usw.

• Er leidet aufgrund von Luftschlucken (Aerophagie) während der Therapie unter massiven Blähungen.

• Der Bettpartner oder die Bettpartnerin lehnt die Therapie kategorisch ab, nach dem Motto: „Wenn du mir mit einer Maske nach Hause kommst, sind wir geschiedene Leute.“

• Der Bettpartner/die Bettpartnerin fühlt sich durch die Geräuschentwicklung bei der CPAP-Therapie gestört und zieht deshalb immer wieder aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus.

All das zeigt: CPAP-Unverträglichkeit ist ein vielschichtiges Problem, das oft auch die Paarbeziehung mit einschließt. Hinzu kommt, dass den unter CPAP auftretenden Nebenwirkungen auch eine gewisse Dynamik innewohnt: Manche Nebenwirkungen treten gleich zu Anfang, andere erst später auf; manche bleiben, während andere nach einer gewissen Zeit wieder verschwinden. Eine klinische Studie hat diese Dynamik und deren Auswirkungen auf die Compliance anhand von 186 Patienten untersucht und dabei als häufigste CPAP-Nebenwirkungen Mundtrockenheit, vermehrtes nächtliches Erwachen, verstopfte Nase, Druckstellen durch die Maske und Maskenleckagen festgestellt. „Manche dieser Nebenwirkungen blieben dauerhaft bestehen; andere legten sich nach einer Zeit

wieder oder traten neu auf“, stellen die Autoren der Untersuchung fest. „Mundtrockenheit, Maskenleckagen und verstopfte Nase traten bei rund 30 % der Patienten, bei denen sie nach zwei Wochen noch nicht bestanden hatten, innerhalb eines Jahres auf. Vermehrtes Erwachen und Mundtrockenheit nach ein bis zwei Behandlungswochen gingen mit deutlich mehr Therapieabbrüchen im ersten Jahr und verringerter CPAP-Nutzung nach sechs Monaten einher.“(2)

Man muss die Patienten also nicht nur am Anfang (der für die Compliance kritischsten Zeit), sondern eigentlich auch im weiteren Therapieverlauf engmaschig begleiten, um bei auftretenden Problemen rechtzeitig eingreifen zu können: „Wir brauchen eine dynamische Nachsorge, die wir im Moment nicht haben; denn wir verlieren im Therapieverlauf immer wieder Patienten“, meint Woehrle. „Dafür fehlt uns bisher ein klarer Therapiemanagementplan.“

Und bestimmte Nebenwirkungen lassen sich eben nicht beheben – in solchen Fällen braucht der Patient einfach eine andere Therapie. Dies gilt zum Beispiel für das Luftschlucken (Aerophagie): „Das ist ein Muskelproblem – dagegen kann man nichts machen. In solchen Fällen müssen wir wissen: Dieser Patient ist CPAP-intolerant, weil er ein biologisches Problem hat, das wir wahrscheinlich langfristig nicht beheben können. Bei solchen Patienten sollte man an eine Atemwegsstimulation denken“, empfiehlt Prof. Teschler. Das Gleiche gilt für Patienten mit massiven Leckagen aufgrund einer UPPP aus früheren Zeiten, als dieser Eingriff noch nicht so schonend durchgeführt wurde wie heute: „Bei so einem Patienten sollten wir nicht noch 1000 andere Masken ausprobieren, sondern ihn lieber auf eine Atemwegsstimulation umstellen. Und einem Patienten mit rückverlagertem Unterkiefer und niedrigem Therapiedruckbedarf würde ich gleich eine Schiene verordnen.“

 

An allen Ecken und Enden über den Tellerrand schauen

Es gibt auch noch viele andere Aspekte, die eine CPAP-Therapie erschweren können: zum Beispiel die Ein- und Durchschlafstörung, die diese Therapie bei manchen Patienten verursacht. „Und Schlafapnoiker, die viel reisen, wollen ihr Gerät nicht überallhin mitschleppen – wir müssen also an allen Ecken und Enden über den Tellerrand schauen!“, fordert Prof. Teschler.

Deshalb brauchen wir gerade in der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe eine Präzisionsmedizin oder „P4-Medizin“:

• Personalisiert: Die Therapie sollte auf den individuellen Patienten abgestimmt sein.

• Prädiktiv: Man sollte durch eine bessere Analyse von Patienten schon im Voraus feststellen können, welche Therapie die richtige ist: Ist dieser Patient ein geeigneter CPAP-Kandidat, oder wäre eine Unterkieferprotrusionsschiene oder ein Zungenschrittmacher besser für ihn geeignet?

• Präventiv: Man sollte versuchen, Folgeerkrankungen zu vermeiden.

• Partizipativ: Der Patient sollte bei seiner Therapie eine möglichst aktive Rolle spielen; denn je intensiver er an seiner Therapie teilhat, umso besser kennt er sich damit aus, umso besser kommt er damit zurecht und umso besser wird er sie später auch umsetzen.

„Unser Ziel muss sein, vorhersagen zu können, welche Therapie für welchen Patienten optimal ist, um eine CPAP-Intoleranz von vornherein zu vermeiden“, fordert Holger Woehrle, der mittlerweile in puncto Präzisionsmedizin durchaus auch schon positive Signale sieht: So erstattet beispielsweise die DAK als einzige größere Krankenversicherung seit kurzem die Kosten für Unterkieferprotrusionsschienen, sofern diese von einem schlafmedizinisch fortgebildeten Zahnarzt verschrieben werden. Ansonsten allerdings wird diese Therapie von den Kassen nach wie vor nur aufgrund von Einzelfallentscheidungen erstattet. „Wir haben also eine Therapiealternative, die funktioniert, und haben es trotzdem über zehn Jahre nicht geschafft, diese Behandlungsmethode in die Kostenerstattung zu bringen, obwohl die Leitlinie sie ausdrücklich befürwortet!“

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Entwicklung zumindest teilweise in die richtige Richtung geht, ist die Tatsache, dass mittlerweile auch die relativ kostspielige Stimulationstherapie der oberen Atemwege – der sogenannte „Zungenschrittmacher“ – schon problemlos von den Krankenkassen erstattet wird, sofern der Patient dafür geeignet ist; vorher muss er allerdings in aller Regel die Standardtherapie (CPAP) ausprobiert haben und damit nicht zurechtgekommen sein. Dafür geht es bei der Versorgung von Patienten mit Gerät und Maske zurzeit steil bergab: „Vielen von uns ist hier aufgrund von Ausschreibungen die Versorgungsvielfalt genommen“, beklagt Prof. Teschler.

 

Schlafmedizinische Zentren müssen sich vernetzen

Eine ernsthafte Präzisionsmedizin muss schon bei der Diagnostik beginnen: „Der Patient muss genau untersucht werden – nicht nur mittels Polysomnografie, sondern man sollte ihn auch auf eine Retrognathie (zu weit zurückliegenden Unterkiefer) hin anschauen und seinen Zahnstatus untersuchen“, rät Prof. Teschler.

Und natürlich sollte man über die Apnoen hinaus auch darauf achten, ob bei dem Patienten womöglich ein Restless Legs Syndrom oder nächtliche Beinbewegungen vorliegen, betont Holger Woehrle. Denn es gibt genügend Patienten, bei denen die Wiederherstellung eines gesunden nächtlichen Atemmusters nicht ausreicht, damit sie wieder gut schlafen: So leiden beispielsweise 10 bis 20 % aller Menschen unter periodischen Beinbewegungen (die oft zusätzlich zu einer schlafbezogenen Atemstörung bestehen); und solche Patienten schlafen trotz adäquater Schlafapnoe-Therapie häufig immer noch schlecht und sind tagsüber müde. „Wenn die Atmung allein nicht die Ursache für den schlechten Schlaf ist, müssen wir uns auch um die anderen Probleme kümmern – was derzeit aber in vielen Fällen nicht geschieht.“

Wichtig ist im Rahmen einer P4-Medizin natürlich auch, den Patienten intensiv in die Therapieentscheidung einzubeziehen: Der Arzt sollte alle Therapieoptionen mit ihm durchsprechen und ihm deren Vor- und Nachteile aufzeigen. Ferner erfordert Präzisionsmedizin eine enge Vernetzung der schlafmedizinischen Zentren untereinander: „Wir müssen Netzwerke bilden“, fordert Prof. Teschler, „nach dem Motto: Nicht jeder macht alles, aber schlecht, sondern jeder macht das, was er gut kann, mit hohem Patientenvolumen. Je höher das Volumen, umso höher die Fachkompetenz und umso geringer das Risiko!“

 

Hocheffektiv und nebenwirkungsarm

Die Entwicklung des Zungenschrittmachers ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Präzisionsmedizin im Bereich der obstruktiven Schlafapnoe: Er ist gut verträglich, seine Wirksamkeit wurde mittlerweile im Rahmen von Studien und Patientenregistern eindeutig nachgewiesen – und es gibt klare, messbare Kriterien dafür, für welche Patienten diese Therapie geeignet ist und für welche nicht. „Es handelt sich dabei auch um ein sehr sicheres Verfahren“, betont Prof. Teschler. „Es ist hocheffektiv, zeigt keinen Wirkungsverlust im zeitlichen Verlauf und ist extrem nebenwirkungsarm.“

In einer Untersuchung an 126 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Schlafapnoe, die CPAP entweder nicht akzeptierten oder eine ungenügende Compliance zeigten und denen deshalb ein Zungenschrittmacher implantiert wurde, nahm der mediane Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) nach 12 Monaten um 68 % (von 29,3 auf 9,0 obstruktive Ereignisse pro Stunde) ab.(3) Damit bestand, wenn man den Schweregrad anhand des AHIs beurteilt, zwar immer noch eine leichtgradige Schlafapnoe. „Viel wichtiger sind aber die symptomatischen Veränderungen“, betont Woehrle. „Es kommt eben nicht nur auf den AHI an. Angenommen, ein Patient nutzt seine Maske in den letzten zwei Stunden der Nacht nicht mehr; und gerade dann ist sein AHI wieder höher, weil er gegen Morgen mehr Traumschlaf hat. Oder er schläft in manchen Nächten ohne CPAP-Gerät, vielleicht, weil er am Abend davor bei seinem Stammtisch war … Dadurch verschlechtert sich der durchschnittliche AHI wieder!“ Der Zungenschrittmacher dagegen wird von den Patienten als so wenig störend empfunden, dass sie ihn die ganze Nacht über nutzen; und wenn man nachts auf die Toilette gehen muss, braucht man ihn nur per Fernbedienung aus- und anschließend wieder einzuschalten. Tatsächlich veränderten sich die Symptome der Schlafapnoe in der erwähnten Studie sehr stark: Die Tagesschläfrigkeit war nach 12 Monaten völlig verschwunden, und auch die schlafbezogene Lebensqualität der Patienten hatte sich verbessert. „Wir müssen umdenken – vom AHI weg in Richtung Therapieeffektivität“, fordert Woehrle. „Unserer Erfahrung nach nutzen selbst Patienten mit guter Compliance ihr CPAP-Gerät im Durchschnitt nur sechs Stunden pro Nacht; die durchschnittliche Schlafdauer liegt aber bei sieben Stunden. Wir wissen also, dass die CPAP-Therapie nicht die ganze Nacht über genutzt wird!“

 

 

(1) Schoch OD et al.: Baseline predictors of adherence to positive airway pressure therapy for sleep apnea: a 10-year single-center observational cohort study. Respiration. 2014;87:121-8

'(2) Ulander M et al.: Side effects to continuous positive airway pressure treatment for obstructive sleep
apnoea: changes over time and association to adherence. Sleep Breath. 2014 Dec;18(4):799-807. doi: 10.1007/s11325-014-0945-5.

(3) Strollo PJ et al.: Upper-Airway
Stimulation for Obstructive Sleep Apnea. N Engl J Med 2014; 370:139-149 doi: 10.1056/NEJMoa1308659