Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2008

Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2008


Liebe Leserin, lieber Leser,

in keiner anderen Lebensphase ist das Schlafverhalten so vielen Änderungen unterworfen wie in den beiden ersten Lebensdekaden des Menschen. So sinkt das Schlafbedürfnis von bis zu 18 Stunden bei einem Neugeborenen auf etwa 12 Stunden beim Kindergartenkind. Und während Grundschulkinder in der Regel um die 10 Stunden Schlaf brauchen und akzeptieren, kämpfen Eltern bei älteren Pubertierenden darum, dass sie wenigstens ihre acht Stunden und zwar nachts schlafen. Sicherlich klagen die allermeisten „frischgebackenen“ Eltern über ihren chronischen Schlafmangel – weil das Baby ja noch nicht durchschlafen kann – und fragen verunsichert andere Mütter und Väter und Kinderärzte: Ist es normal, dass mein Kind nicht durchschläft? Später fragen sie dann: Ist es normal, dass mein Kind keinen Mittagsschlaf mehr machen will? Und noch später geht es um das Thema:  Wie soll der Kleine in der Schule mithalten, wenn er noch um 22.00 Uhr im Bett liest?

Der Schwerpunkt dieser Ausgabe des Schlafmagazins beschäftigt sich aber nicht nur mit dem Schlafbedürfnis und der interessanten Schlafstruktur von Kindern und Jugendlichen, sondern auch mit den unterschiedlichen Schlafstörungen, von Einschlafproblemen bis hin zu Schlafapnoe und Narkolepsie.

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Wir stellen Ihnen in diesem Heft innovative Lösungen im Bereich der schlafmedizinischen Patientenbetreuung vor. Da ist zum einen ein neues interdisziplinäres Schlaflabor in Stuttgart, ferner ein etabliertes Sanitätshaus, das seinen Service bereits im Schlaflabor anbietet, und schließlich ein weltweit agierendes Medizintechnik-Unternehmen, dass immer weitere Beratungszentren eröffnet, um eine effizientere Patientenbetreuung zu ermöglichen.

Genau in die entgegengesetzte Richtung scheint das Vorgehen mancher Krankenkassen zu gehen. Dass man Geld sparen will und muss, ist einleuchtend. Dass dabei aber die Qualität der medizinisch notwendigen Therapie leidet oder gar auf der Strecke bleibt, ist gefährlich. Um diese Entwicklung aufzuhalten, muss die Industrie etwas tun. Ebenso sind aber die betroffenen Patienten aufgerufen, vereint ihre Interessen zu vertreten.

Und zum Schluss ein Exkurs zu den Anfängen unserer (Schlaf)Kultur: Wer sich für den biblischen Schlaf interessiert, kann Interessantes von einem Pfarrer im Ruhestand lesen. 

Eine kurzweilige Lektüre wünscht Ihnen

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/20008

Foto: © Chlorophylle/Fotolia.com
Inhalt

Wie viel Schlaf braucht ein Kind?

Wenn Kinder wenig schlafen

Viele Kinder schlafen schlecht

Kindern das Schlafen erleichtern

Schlafstörungen bei Kindern – neue Strategien

Pädiatrische Schlaflabore

Innovativ und patientenfreundlich: Ein neues Schlaflabor in Stuttgart

Eine Kooperation, von der alle profitieren:
Patientenbetreuung der besonderen Art Treffpunkt ResMed: Beratungszentren für Schlafapnoe-Patienten

49. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP)

 

20 Jahre Schlafmedizinisches Zentrum am Bezirksklinikum Regensburg

Krankenkassen knausern bei Schlafapnoe-Therapie: Schlafmedizin adieu

Unterwegs mit einem Fernfahrer und Apnoiker

Hunde verschlafen zwei Drittel ihres Lebens  

Zehn Jahre Viagra®

Rudolf Taugerbeck wurde achtzig Jahre alt!

Schlafen lernen mit Musik  

Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf: Schlaf in der Bibel

Abnehmen macht die Maske überflüssig  

Bett & mehr: Aus dem Alltag eines Schlafberaters  

Wie viel Schlaf braucht ein Kind?

von Simone Harland

Mein Baby schläft schon durch!“ Solche oder ähnliche Aussagen, wie sie manche Mütter stolz bereits innerhalb der ersten drei Lebensmonate ihres Kindes verkünden, verunsichern andere Mütter, deren Babys noch einen relativ ungeregelten Schlafrhythmus besitzen. Verständlich: Leiden die meisten frischgebackenen Eltern doch bereits kurze Zeit nach der Geburt an Schlafmangel, weil ihr Baby nachts des Öfteren aufwacht und sie sich um das Kind kümmern müssen. Da kommt leicht Neid auf, wenn andere darüber berichten, wie gut ihr Kind sich bereits an den Tag-Nacht-Rhythmus angepasst hat. Doch müssen Babys in dem Alter wirklich schon durchschlafen? Und wie viel Schlaf brauchen Kinder, aber auch Erwachsene, um am folgenden Tag wirklich fit zu sein?Die Antwort auf die erste Frage dürfte alle müdigkeitsgeplagten Eltern von Säuglingen beruhigen: Babys müssen selbstverständlich noch nicht durchschlafen! In den ersten vier bis sechs Lebensmonaten kommen die meisten von ihnen noch nicht über einen längeren Zeitraum ohne Nahrung aus. Allein aus diesem Grund werden die lieben Kleinen nachts mehrfach wach. Hinzu kommt, dass sie beim Übergang vom REM-Schlaf, der Traumschlafphase, in den Tiefschlaf in der Regel aufwachen. Auch das ist ganz normal. Nur müssen Eltern lernen, diese meist kurze Aufwachreaktion, die oft nur der Orientierung dient, vom Aufwachen aus Hunger zu unterscheiden. Vom Durchschlafen bei Säuglingen, die noch keine sechs Monate alt sind, spricht man übrigens bereits dann, wenn sie nachts fünf bis sechs Stunden am Stück schlafen. Doch auch, wenn dies bei ihrem Baby nicht der Fall ist, müssen Eltern sich keine Sorgen machen. Jedes Kind schläft irgendwann durch – manche früher, andere später! 

 

Der Schlaf der Neugeborenen
Das Schlafbedürfnis der meisten Neugeborenen ist ausgesprochen groß. Sie verschlafen noch den größten Teil des Tages, sind nach den Mahlzeiten in den meisten Fällen nur kurzzeitig wach. Etwa fünf bis sechs Schlafphasen pro Tag wechseln sich mit den Wachphasen ab. Es können jedoch auch mehr oder weniger sein – abhängig davon, ob es sich um ein Kind mit großem oder geringerem Schlafbedürfnis handelt. Neugeborene kennen zudem den Unterschied zwischen Tag und Nacht noch nicht. Sie müssen sich erst an den allgemeinen Schlaf-wach-Rhythmus anpassen, und das dauert seine Zeit. Haben sie Hunger, muss dieses Bedürfnis im wahrsten Sinne des Wortes gestillt werden, unabhängig von der Tages- oder eben Nachtzeit.Die meisten Kinder schlafen bis zum Alter von sechs Monaten zwischen 12 und 18 Stunden täglich. Die Dauer der jeweiligen Schlaf- und Wachphasen ist individuell unterschiedlich. Meist spielt sich nach kurzer Zeit ein gewisser Rhythmus ein, der jedoch insbesondere in den Zeiten der so genannten Entwicklungsschübe durcheinanderkommt bzw. sich mit zunehmendem Alter ändert. Die Wissenschaft spricht davon, dass Babys (aber auch Kleinkinder) einen polyphasischen Schlaf haben, auf Deutsch: mehrere Schlafphasen täglich brauchen, während der Schlaf ab dem Grundschulalter monophasisch verläuft, das heißt innerhalb von 24 Stunden nur eine Schlafphase erfolgt.Auch die Schlafstruktur von jungen Babys unterscheidet sich gravierend von der Erwachsener. So träumen Neugeborene noch sehr viel – der Anteil des REM-Schlafs, währenddessen hauptsächlich geträumt wird, liegt bei rund 50%. Mit zunehmender Reife des Gehirns nimmt er ab, bis er im Kleinkindalter etwa einen Anteil von 30% am Gesamtschlaf hat. Bei Erwachsenen liegt der Anteil dann nur noch bei etwa 25%, um schließlich bei den über 65-Jährigen auf ca. 20% abzusinken. Forscher gehen davon aus, dass Gedächtnisinhalte während der Traumschlafphase stärker verankert werden, weshalb der REM-Schlaf für Säuglinge eine besonders große Bedeutung besitzt.

 

Im Laufe der Entwicklung beschränkt sich der Schlaf in 
zunehmendem Maß auf die Nacht.

 

Schlafdauer und der Anteil des REM-Schlafs im Laufe des Lebens immer mehr ab.

Wenn das Kind dann größer wird ...
... schläft es immer weniger. So sinkt das Schlafbedürfnis ab dem zwölften Lebensmonat auf rund 15 Stunden täglich, wobei viele Kinder noch mehrfach am Tag schlafen, manche jedoch nur den Mittags- und den Nachtschlaf benötigen (biphasischer Schlaf). Einige beginnen zwischen dem ersten und zweiten Geburtstag sogar weitgehend auf den Mittagsschlaf zu verzichten. Im Alter von zwei bis drei Jahren sinkt das Schlafbedürfnis auf 13 bis 14 Stunden, wobei die meisten Kinder jetzt nur noch mittags und nachts schlafen. Ab dem vierten Lebensjahr ist meistens gar kein Mittagsschlaf mehr nötig. Mit etwa fünf Jahren schläft der Großteil der Kinder nur noch neun bis 13 Stunden – und zwar fast ausschließlich nachts. Grundschulkinder brauchen zwischen acht und zwölf Stunden Schlaf.Im Alter zwischen 12 und 18 Jahren sind die meisten Jugendlichen fast durchgehend müde. Das liegt einerseits an den großen geistigen und körperlichen Veränderungen während der Pubertät, andererseits daran, dass die meisten Jugendlichen nun länger aufbleiben und auch abends etwas erleben wollen – ein wichtiger Schritt hin zum Erwachsenwerden. Einer der Gründe: Das Hormon Melatonin, das der Körper ausschüttet, wenn es Zeit ist zu schlafen, wird ab der Pubertät zu einem späteren Zeitpunkt produziert als noch bei Kindern im Grundschulalter. Selbstverständlich lässt die Wirkung des Hormons dann auch später nach, weshalb viele Jugendliche morgens, wenn sie zur Schule müssen, noch todmüde sind. Schlafforscher sind der Ansicht, dass Jugendliche durchschnittlich etwa 9,5 Stunden, wenigstens jedoch 8,5 Stunden Schlaf benötigten, um sich richtig ausgeschlafen zu fühlen. Diese Menge Schlaf bekommen aber die Wenigsten, im Durchschnitt – so vermutet man – sind es nur etwa 7,5 Stunden. Kein Wunder, dass die meisten Jugendlichen ständig müde sind. Erst im Alter von 19 bis 20 Jahren kommen die meisten mit sieben Stunden Schlaf pro Tag, der durchschnittlichen Schlafdauer von Erwachsenen, aus.Noch ganz kurz etwas zum Schlafbedürfnis bei Erwachsenen: Mit zunehmendem Lebensalter wird der Schlaf oberflächlicher, vielen älteren Menschen fällt es zudem schwer durchzuschlafen. Ein Grund: Die Dauer des Tiefschlafs sinkt mit dem Alter. Im Alter von 65 bis 80 Jahren wird der Schlaf dann oft wieder biphasisch, das heißt, rund 60% aller Personen in diesem Alter legen zusätzlich zum Nachtschlaf mittags ein Nickerchen ein. Viele hochbetagte Menschen nicken zudem tagsüber zwischendurch immer mal wieder ein – die Schlafstruktur ähnelt nun wieder der von Säuglingen.

Wenn Kinder wenig schlafen

Finns Eltern hatten sich sehr auf die Geburt ihres ersten Sohnes gefreut. Sie gingen davon aus, dass sich ihr Leben erst einmal nicht sehr stark ändern würde – schließlich hatten sie überall gelesen, dass Neugeborene bis zu 18 Stunden, manchmal auch länger schlafen. Doch Finn machte ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung, denn er war bereits als Baby der Ansicht, dass ihm zehn Stunden Schlaf am Tag reichen.Finn war ein Kind, das in seinen ersten drei Lebensmonaten sehr unruhig war, viel schrie und wenig schlief. Legte seine Mutter ihn hin, begann er heftig zu schreien. Nur wenn seine Mutter sich zu ihm legte, beruhigte er sich. Doch selbst wenn er einschlief, dauerte sein Nickerchen tagsüber selten länger als 30 Minuten. Oft wachte er vor seiner Mutter auf, die erschöpft von all der Anstrengung ebenfalls eingeschlafen war.Glücklicherweise schlief er nachts dafür recht gut. Er wachte zwar mehrfach aus Hunger auf, doch schlief er nach dem Trinken sofort wieder ein. Allerdings kam er nur selten auf mehr als neun Stunden Schlaf – morgens um fünf oder sechs Uhr war für ihn und damit auch für seine Eltern die Nacht schon wieder vorbei. Tagsüber schlief er maximal eine Stunde lang.Auch im Kleinkind- und Grundschulalter setzte sich dieses Schlafverhalten fort. Bereits mit anderthalb Jahren verzichtete Finn darauf, tagsüber zu schlafen, nachts waren es jetzt maximal zehn Stunden, die er in seinem Bett verbrachte. Als Drittklässler musste er zwar um 20.00 Uhr in seinem Zimmer verschwinden, doch er durfte noch eine Stunde lang lesen, weil seine Eltern wussten, dass er vor 21.00 Uhr kein Auge zutun würde. Morgens um 6.00 Uhr war für ihn die Nacht bereits wieder vorbei. Trotz dieser frühen Uhrzeit hatte er fast nie Probleme mit dem Aufstehen. Auch in der Schule hatte er trotz seiner geringen Schlafdauer keine Schwierigkeiten, ganz im Gegenteil: Er gehörte zu den besten Schülern. Dennoch waren seine Eltern ständig unsicher, ob ihr Sohn genug Schlaf bekäme.

Jedes Kind ist anders
Nicht wenigen Müttern und Vätern geht es so wie Finns Eltern. Sie fragen sich, ob ihr Kind wirklich genug Schlaf bekommt, wenn es später als die meisten anderen einschläft und insgesamt auch weniger schläft. Doch sind die von den Schlafforschern genannten Durchschnittsstundenzahlen für den Schlaf keine in Stein gemeißelten, allgemeingültigen Werte, sondern allenfalls Richtlinien. Abweichungen davon treten immer wieder auf, ohne dass dies krankhaft wäre oder den Betroffenen Probleme bereiten würde. Manche Kinder brauchen besonders viel, andere im Vergleich zu ihrer Altersgruppe wenig Schlaf.Der wichtigste Anhaltspunkt dafür, ob es sich bei einem Kind um einen „Kurzschläfer“ handelt: Ist das Kind trotz der geringen Schlafdauer munter, aktiv und leistungsfähig?Dann bekommt es auch eine ausreichende Menge Schlaf. Wirkt es hingegen müde, kommt es nur schwer aus dem Bett, könnte es sein, dass es sich bei dem Kind um eine „Eule“ handelt, einen Menschen, der morgens noch nicht richtig „auf Touren“ kommt, sondern erst nachmittags und abends seine „Betriebstemperatur“ erreicht und deswegen auch erst später ins Bett gehen möchte bzw. später einschläft. Bei einer kleinen Eule sollten Eltern darauf achten, dass sie trotz möglicher Einschlafprobleme zu einer bestimmten Zeit im Bett liegt, so dass sie genug Schlaf bekommt. Bei einem Kurzschläfer brauchen sie sich keine Sorgen darüber zu machen.

Ein einfacher Test zum Schlafbedürfnis
Ein kleiner Versuch kann Eltern dabei helfen, herauszufinden, wie viel Schlaf ihr Kind wirklich benötigt. Dazu müssen sie ihr Kind am Wochenende zur gewohnten Zeit ins Bett gehen lassen und am Morgen warten, bis es ausgeschlafen hat. Die Zeit zwischen dem Einschlafen und dem Aufstehen an einem Tag, an dem das Kind ausschlafen kann, stellt die günstigste Schlafdauer dar – unabhängig davon, ob es sich bei dem Kind um eine Eule oder einen Frühaufsteher, eine so genannte Lerche, handelt. 

Sim 

Viele Kinder schlafen schlecht


Schnarchen mit Atemstillständen kann zu „stummen“ Hirninfarkten führen

von Lena Brax

Die meisten Schlafstörungen bei Kindern lassen sich leicht abstellen. So beruhen z. B. viele Einschlafstörungen darauf, dass die betroffenen Kinder Angst im Dunkeln haben und aus diesem Grund nicht einschlafen können. Allerdings haben manche Schlafstörungen auch schwerwiegendere Ursachen, so kann z. B. im Einzelfall bereits bei Kindern eine Schlafapnoe vorliegen.

Das Problem mit dem Einschlafen
Einschlafen fällt vielen Kindern schwer. Verständlich: Sieht das Kinderzimmer abends im Dunkeln doch so ganz anders, nämlich viel unheimlicher aus. Und auch Geräusche wie das Blubbern der Heizung oder das Knarren von Holz klingen auf einmal viel lauter. Vielleicht verbirgt sich hinter dem Vorhang, der vom Wind aufgebauscht wird, ja doch ein gefährliches Monster?

Die Fantasie von Kindern ist groß und dementsprechend oft auch die Angst, wenn sie allein im Bett auf jedes Geräusch lauschen. Diese Angst sollten Eltern unbedingt ernst nehmen, denn das Kind möchte ja schlafen, aber es kann nicht. Angst sorgt dafür, dass der Organismus Stresshormone ausschüttet. Diese versetzen den Körper in Alarmbereitschaft und verhindern damit das Einschlafen. Deshalb sollten Eltern auf keinen Fall mit ihrem Kind schimpfen, wenn es nicht einschlafen kann, denn das verschlimmert die ganze Situation noch – es werden nämlich noch mehr Stresshormone produziert. Stattdessen ist es sinnvoller, das Kind zu trösten, mit ihm gemeinsam noch einmal das Zimmer abzusuchen und eventuell ein Nachtlicht einzustecken, das etwas Licht spendet und dem Kind ein wenig von seiner Angst nimmt.

Einschlafprobleme können aber auch andere Ursachen haben. Dazu zählen z. B. Alltagsprobleme wie der Streit mit dem besten Freund oder die für den folgenden Tag geplante Mathearbeit. Auch eine unbekannte Umgebung kann das Einschlafen erschweren. Eltern sollten daher auf alle Fälle mit ihrem Kind reden, um den Grund für die Einschlafstörung herauszufinden und das Problem lösen zu können.

Durchschlafen? Schön wär’s!
In den ersten Lebensmonaten wachen die meisten Kinder nachts mehrfach auf. Das ist ganz normal, schließlich handelt es sich bei der Anpassung an den Tag-/Nachtrhythmus um einen Reifungs- und Entwicklungsprozess, der bei manchen Kindern durchaus bis ins dritte Lebensjahr hinein dauern kann. Doch auch danach treten Durchschlafstörungen noch hin und wieder auf. So leiden die meisten Kinder zumindest ab und zu unter Albträumen, die sie aus dem Schlaf schrecken lassen und das erneute Einschlafen erschweren. Aber auch der so genannte Nachtschreck (Pavor nocturnus), Bettnässen, Schlafwandeln sowie die Schlafapnoe oder das Restless-Legs-Syndrom können das Durchschlafen beeinträchtigen.

Albträume hat jedes Kind einmal. Bereits im Kleinkindalter, so ab dem zweiten Geburtstag, treten sie auf. Viele Kinder flüchten nach dem Erwachen aus einem „schlimmen Traum“ ins Bett der Eltern. Kein Wunder, Albträume können unter Umständen große Angst auslösen. In diesem Fall sollten Eltern ihr Kind ruhig gewähren lassen und es trösten. Die Nähe der Eltern sorgt meistens dafür, dass ein Kind rasch wieder einschläft. Am folgenden Tag können die Eltern dann mit ihrem Kind über den Albtraum sprechen und überlegen, wodurch er ausgelöst wurde. War es vielleicht der etwas unheimliche Film vorm Schlafengehen? Oder der Streit beim abendlichen Zähneputzen? Vorbeugen kann man Albträumen zwar nicht völlig, Eltern tragen aber durch einen ruhigen Ausklang des Abends dazu bei, dass sie seltener auftreten. So sollten z. B. aufregende Filme vor dem Schlafengehen tabu sein. 

Nachtschreck, Bettnässen und Schlafwandeln
Erschreckend, aber harmlos ist der Nachtschreck (Pavor nocturnus), der meistens bei Kindern zwischen vier und zwölf Jahren auftritt. Etwa eine bis drei Stunden nach dem Einschlafen schrecken die betroffenen Kinder mit einem lauten Schrei hoch, wirken sehr, sehr ängstlich und erregt, sind aber nicht ansprechbar und lassen sich auch nicht beruhigen. Eltern fühlen sich in dieser Situation meistens überfordert und wissen nicht, was sie tun sollen. Viel können sie nicht tun, denn das Kind ist nicht wirklich wach und wird sich auch gegen Berührungen wehren. Nach einiger Zeit, in der Regel wenigen Minuten, ist der Nachtschreck vorüber. Er hat im Allgemeinen keine ernsthafte Ursache, dennoch sollten Eltern durch eine ärztliche Untersuchung ausschließen lassen, dass eine bestimme Form der Epilepsie vorliegt, die sich ähnlich äußert. Zu den Ursachen des Nachtschrecks zählen unbewältigte Stresssituationen, zu denen auch positive Erlebnisse wie die Geburtstagsfeier am Nachmittag gehören können. Normalerweise verschwindet der Nachtschreck mit zunehmendem Alter.

Schlafwandeln ist bei Kindern ebenfalls nicht ungewöhnlich. Das Schlafwandeln kann vom Aufsetzen im Bett bis zu scheinbar sinnvollen Handlungen wie dem Anziehen von Kleidung reichen, dennoch geschieht dies alles während des Schlafs. Charakteristisch ist auch, dass sich das Kind am folgenden Morgen nicht mehr an die nächtlichen „Erlebnisse“ erinnert. Zu den Ursachen zählt die Medizin die Unreife des zentralen Nervensystems, mit zunehmendem Alter verschwindet das Schlafwandeln daher meistens von selbst. Auch nicht verarbeitete Belastungen können Schlafwandeln hervorrufen. Wecken sollten Eltern ihr schlafwandelndes Kind übrigens nicht. Sie führen es am besten zurück ins Bett. Falls ein Kind regelmäßig im Schlaf herumwandert, ist es sinnvoll, Türen und Fenster abzuschließen.

Bettnässen kommt bei vielen Kindern unter sechs Jahren zumindest hin und wieder vor, obwohl sie ansonsten bereits sicher trocken sind. Viele Kinder wachen nachts dann auch auf, weil ihnen aufgrund der Nässe zu kalt wird. Zwar ist das Neubeziehen des Betts und das Waschen der Bettwäsche, Kissen und Decken für die Eltern aufwändig, doch sollten sie kein großes Aufheben um das Malheur machen, denn dadurch verunsichern sie ihr Kind. Falls das Bettnässen häufiger auftritt, kann es sinnvoll sein, dem Kind nachts noch eine Zeit lang eine Windel zu gestatten, bis diese morgens meistens trocken ist. Oder aber man weckt sein Kind gegen etwa 23.00 Uhr noch einmal kurz und geleitet es zur Toilette. Eltern sollten sich klar machen, dass das gelegentliche Bettnässen bis zum Alter von sieben, acht Jahren durchaus nicht selten ist. Etwa 10% aller Kinder sind davon betroffen. 

In manchen Fällen können Medikamente oder eine spezielle Art der Verhaltenstherapie mit Hilfe einer Klingelhose, die das Kind aufweckt, wenn es mit dem Einnässen beginnt, einen Nutzen bringen.

Restless-Legs-Syndrom, Schlafapnoe und Narkolepsie
Schon Kinder können unter dem Restless-Legs-Syndrom (RLS), den „Zappelbeinen“, wie sie es oft nennen, leiden. Beim RLS handelt es sich um Missempfindungen in den Beinen, die ausschließlich im Ruhezustand auftreten. Die Beine kribbeln, ziehen und bereiten Schmerzen. Linderung verschafft einzig Bewegung – die Kinder stehen kurz nach dem Zubettgehen wieder auf, weil sie einfach nicht liegen bleiben können. Dadurch ist natürlich das Ein-, aber auch das Durchschlafen erheblich gestört.

Die Ursache ist, so vermutet man, eine Störung des Dopamin-Stoffwechsels im Gehirn. Aber auch Eisenmangel kann unter Umständen ein RLS hervorrufen. Bei Verdacht auf RLS sollten Eltern mit ihrem Kind unbedingt den Arzt aufsuchen, denn der erheblich gestörte Nachtschlaf führt zu Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und sogar körperlichen Problemen. Und nur der Arzt kann eine adäquate Behandlung des RLS in die Wege leiten.

Bei der Schlafapnoe handelt es sich um Atemaussetzer während des Schlafs, die jeweils zu einer kurzen, vom Kind nicht wissentlich bemerkten Aufwachreaktion führen. Die Folge des ständig unterbrochenen Nachtschlafs sind die gleichen wie beim RLS. Eine Behandlung ist daher unbedingt notwendig.

Festgestellt wird die Schlafapnoe in der Regel in einem Kinderschlaflabor. Übergewicht und vergrößerte Mandeln gehören bei Kindern zu den wahrscheinlichsten Ursachen. Schnarcht ein Kind häufig, kann das unter Umständen ein Indiz für Schlafapnoe sein.

Die Behandlung ist bei Kindern abhängig von der Ursache, z. B. kann eine Mandeloperation in manchen Fällen Abhilfe schaffen.

Narkolepsie ist eine Krankheit, die mit übermäßiger Tagesschläfrigkeit einhergeht. Bei manchen betroffenen Kindern treten auch Kataplexien (plötzlicher Verlust der Muskelspannung) auf, sodass sie in den unmöglichsten Situationen hinfallen. Auch Halluzinationen vor dem Einschlafen sind häufig, beim Aufwachen können sich manche Narkoleptiker nicht sofort bewegen.

Behandelt wird die Narkolepsie durch Medikamente, die die Tagesschläfrigkeit reduzieren.

Zu wenig Schlaf fördert Übergewicht bei Kindern
Wenn Kinder zu wenig schlafen, werden sie eher dick. Das mag sich merkwürdig anhören, schließlich verbraucht man während des Schlafs nur wenig Energie, doch Wissenschaftler der John Hopkins School of Public Health in Boston, die verschiedene Studien über den Zusammenhang von Schlafdauer und Gewicht auswerteten und deren Ergebnisse miteinander verglichen, kamen zu diesem Ergebnis. So lag das Risiko für späteres Übergewicht für die Kinder, die am kürzesten schliefen, um 92% höher als für Kinder, die jede Nacht zwischen neun und elf Stunden Schlaf bekamen. Die genaue Ursache hierfür kennt man noch nicht, die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass Änderungen im Hormonstoffwechsel, die durch zu wenig Schlaf ausgelöst wurden, an der Entstehung des Übergewichts beteiligt sind.

Dieses Ergebnis lässt sich wohl auch auf Erwachsene übertragen, wie Untersuchungen nahelegen. Eine Studie der Universität Cleveland, an der sich immerhin fast 70 000 Frauen beteiligten, zeigte, dass die Teilnehmerinnen, die nachts nur fünf oder weniger Stunden schliefen, innerhalb des Studienzeitraums rund 1,5 kg mehr zugenommen hatten, als die Frauen, die sieben Stunden oder länger schlafend im Bett verbrachten.

Kindern das Schlafen erleichtern - Tipps für einen guten Schlaf
Die meisten Kinder und Jugendlichen mögen es gar nicht, ins Bett zu gehen. Schließlich könnten sie ja etwas verpassen! Bei kleineren Kindern kommt oft noch die Angst vor dem Schlafen und dem Allein-im-Bett-Liegen hinzu. Die meisten Eltern hingegen möchten, dass ihr Kind zeitig zu Bett geht, nicht nur, weil sie dann endlich einmal Zeit für sich allein haben, sondern auch, weil ihr Kind morgens ausgeschlafen sein soll. Ein Interessenkonflikt, der sich zwar vermutlich nie ganz lösen lässt, den Eltern aber abschwächen können, indem sie ihrem Kind das Zubettgehen, Ein- und Durchschlafen erleichtern.

Einige wichtige Regeln zur Schlafhygiene gelten nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder:

1 Kurz vor dem Schlafengehen sollten Kinder keinen Sport mehr treiben oder herumtoben, denn sonst sind sie zu aufgekratzt zum Einschlafen. Auch Fernsehen und Computerspiele direkt vor dem Schlafen sind ungünstig.

2 Koffeinhaltige Getränke sind einige Stunden vor dem Einschlafen tabu!

3 Direkt vor dem Einschlafen sollte keine größere Mahlzeit eingenommen werden. Ein Schlummertrunk, z. B. eine Tasse Früchtetee oder ein Glas Milch, ist hingegen in Ordnung.

4 Im Schlafzimmer sollte eine Temperatur zwischen 16 und 18 °C herrschen. Da Kinder meistens im Kinderzimmer schlafen, sollten Eltern vor dem Schlafengehen gut durchlüften, damit es dort – vor allem im Winter – nicht zu warm ist.

5 Störende Geräusche und zu helles Licht können das Einschlafen beeinträchtigen. Im Schlafzimmer sollte es daher möglichst ruhig und dunkel sein. Wenn Kinder Angst im Dunkeln haben, hilft ihnen jedoch oft ein Nachtlicht beim Einschlafen.

6 Das Bett sollte ausschließlich zum Schlafen da sein. Wenn Kinder vor dem Einschlafen noch lesen wollen, sollten sie das an einem anderen Ort tun. Toben im Bett ist natürlich ebenfalls untersagt.

7 Kinder sollten zu regelmäßigen Zeiten ins Bett gehen und aufstehen. Das ist vor allem auch für Kleinkinder wichtig, die noch keinen durch Kindergarten oder Schule geregelten Tagesablauf haben.

8 Ein immer gleiches bzw. nur wenig abgeändertes Einschlafritual gibt dem Kind Sicherheit und erleichtert das Einschlafen. So bietet sich bei sehr kleinen Kindern z. B. das Singen eines Schlaflieds oder auch das Aufziehen der Spieluhr an, größere Kinder lieben es, wenn ihnen Mutter oder Vater eine Gutenachtgeschichte erzählen, ältere Kinder lesen vielleicht gerne vor dem Einschlafen selbst noch ein wenig.

9 Können Kinder im Vorschulalter abends nicht einschlafen oder wachen sehr früh auf, sollten Eltern darüber nachdenken, den Mittagsschlaf einzuschränken oder abzuschaffen. Vielleicht braucht das Kind nicht mehr so viel Schlaf.

10 Insbesondere kleinere Kinder, die vielleicht auch noch keinen geregelten Schlafrhythmus haben, sollten erst dann ins Bett gebracht werden, wenn sie wirklich müde sind. Denn sonst fällt das Einschlafen schwer.

11 Das Schlafen soll für das Kind angenehm sein. Deshalb sollten Eltern vor dem Zubettgehen Streit mit ihren Kindern möglichst vermeiden.

12 Eltern sollten die Ängste ihres Kindes vor dem Schlafen stets ernst nehmen.