Das Schlafmagazin: Ausgabe 3/2011

Das Schlafmagazin: Ausgabe 3/2011


Liebe Leserin, lieber Leser,

kürzlich waren wir vom Schlafmagazin auf dem Gesundheitstag eines großen Autoherstellers in Stuttgart. Es hat uns überrascht, wie viele Menschen sich für Themen rund um den Schlaf interessiert haben. Die mit Abstand häufigsten Probleme und Fragen drehten sich dabei um das Schnarchen. Obwohl man davon ausgeht, dass etwa 40 % aller Männer und 24 % aller Frauen schnarchen – wobei die Schnarchhäufigkeit mit zunehmendem Alter ansteigt – gibt es da offensichtlich nicht genug Aufklärung. Das hat uns bewogen, dieses Thema zum Schwerpunkt dieser Ausgabe unseres Schlafmagazins zu machen. 

Dass es sich beim Schnarchen um ein wirklich belastendes Problem handelt, das nicht nur den Schnarcher selbst, sondern auch seinen Bettpartner betrifft, davon zeugen beispielsweise die bis heute über 500 patentierten Schnarchverhinderer. Leider sind die meisten dieser Erfindungen nicht durch systematische Studien auf ihren Nutzen geprüft worden. Einige kommen uns heute fast wie Folterinstrumente vor. Wir stellen Ihnen ein paar dieser Erfindungen vor und erzählen Ihnen einige skurrile Begebenheiten aus der jahrhundertealten Geschichte des Schnarchens.

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Bereits vor längerer Zeit haben wir im Schlafmagazin eine ungewöhnliche Antischnarchmethode vorgestellt. Damals wurde uns von verschiedenen Seiten vorgeworfen, wir seien nicht seriös. Erstaunlicherweise hat sich aber diese Therapie durchgesetzt, wurde in einer ersten wissenschaftlichen Studie erfolgreich geprüft und kann in verschiedenen Ländern erlernt werden. Die Rede ist von der Asate Medical Didge-Therapie: Das Spielen eines dem australischen Didgeridoo nachempfundenen Instruments aus Plexiglas trainiert den Schlund- und Rachenbereich, sodass Muskulatur und Bindegewebe gekräftigt werden. Schnarchen und leichte obstruktive Schlafapnoe lassen sich dadurch erfolgreich therapieren. Wir sprachen mit dem Erfinder der Therapie, Alex Suarez.  

Schnarchen ist keineswegs nur ein soziales und partnerschaftliches Problem, das zu getrennten Schlafzimmern oder zu Peinlichkeiten führen kann. Inzwischen weiß man, dass „bloßes“ Schnarchen (ohne Atemaussetzer) gefährlich sein kann: Die Vibrationen beim Schnarchen können die Halsschlagader schädigen und zur Entstehung eines Schlaganfalls führen. Es lohnt sich also, etwas gegen Schnarchen zu tun. Wir geben Ihnen in diesem Heft einige Tipps.

 Ich wünsche Ihnen wie immer eine spannende Lektüre! 

Ihre 
Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 3/2011

Foto: © kallejipp/photocase.de
Inhalt

Phänomen Schnarchen

Originell und wirksam: Asate-Didgeridoo gegen Schnarchen und Schlafapnoe 

Mehr als bloße Lärmbelästigung: Schnarchen erhöht Schlaganfallrisiko! 

Neue Therapie für obstruktive Schlafapnoe: Der Zungenschrittmacher 

Studie zur Zungenschrittmacher-Therapie 

Kongress des Schlafmagazins „Thementag Schlaf“ in Filderstadt

Schlafstörungen sind keine Bagatelle!    

Neues zum Thema Restless Legs  

Die Insomnie 

Narkolepsie: Eine neurodegenerative oder   Autoimmunerkrankung? 

And the winner is ... SOMNUS-Verleihung 2011 

Erster Patientenkongress zum Thema Schlaf in Essen

28. „Traumtagung“ in Kerkrade. Ein Bericht  

Welches Bettsystem passt zu mir?   

Parkinson-Erkrankung und schlafbezogene Atmungsstörungen

Diabetes, Depressionen und Schlafapnoe  

Sicher und sorglos in den Urlaub fahren – auch mit einer chronischen Erkrankung   

Medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen im Kindes- und Jugendalter  

Tag der Verkehrssicherheit 2011

Kolumne: Anmerkungen zum Patientenkongress 

Schlafapnoepatienten im Krankenhaus  

Die Kunst zu schlafen:
Ein neuer Verein zeigt Internetpräsenz  

Phänomen Schnarchen

Wer schnarcht, befindet sich in illustrer Gesellschaft. Napoleon schnarchte, Orson Welles, George W. Roosevelt und Winston Churchill galten als Extremschnarcher. Roosevelt soll bei einem Krankenhausaufenthalt dermaßen laut geschnarcht haben, dass dies sämtliche Patienten im darüber liegenden Stockwerk mitbekamen. Die Station, auf der Roosevelt lag, musste noch in derselben Nacht evakuiert werden. Tom Cruise und seine Ehefrau Katie Holmes lösten ihr Schnarchproblem ganz pragmatisch. 

Da sein Schnarchen grauenhaft an ihren zarten Nerven nagte, schritt Cruise zur Tat und ließ sich ein Gästezimmer zum perfekt schallisolierten Raum umbauen. Darin sägt er hemmungslos seine Nächte durch. Und Katie Holmes genießt seitdem einen wundervollen Schlaf. In Hollywood ist Cruises Idee zum Trend geworden. Flugs wurden in vielen Promi-Villen schnarchsichere Zonen installiert.

Werner Waldmann
 

Schnarchen ist ein Phänomen, und zwar ein weit verbreitetes. Man hat die Schnarcher nicht gezählt. Ihre Zahl kann man nur schätzen: 50 Millionen Amerikaner sollen schnarchen. In Europa geht man davon aus, dass jeder vierte Bürger schnarcht. Schnarchen hat den Homo sapiens von Anbeginn seiner Existenz begleitet. Wenn sich unsere Urahnen in ihren Höhlen zur Ruhe legten, muss ein höllisches Schnarchkonzert begonnen haben. Das Schnarchen war zu dieser unwirtlichen Zeit lebensnotwendig, denn die Männer mussten ihr schlafendes Rudel beschützen. Raubtiere wurden in der Nacht durch das grauenvolle Sägen und Röcheln abgeschreckt, denn sie vermuteten so die Existenz gefährlicher Kollegen im Schutz der Höhle. Heute taugt dies als Ausrede nicht mehr, denn die zarten Gefährtinnen genießen durch das Sägen ihrer männlichen Beschützer keinerlei Vorteile mehr. Frauen selbst, dies nur beiläufig, schnarchen ebenso, seltener freilich im jungen Alter. Das liegt daran, dass die weiblichen 

Geschlechtshormone dem Gewebe der Frauen eine gewisse Elastizität verleihen, sodass es während des Schlafs nicht so leicht „schlappmacht“. Nach den Wechseljahren sinkt der weibliche Hormonspiegel, und auch bei den Frauen steigt der Schnarchpegel an. 

In der Literatur findet sich noch eine andere Erklärung für das Schnarchen in grauer Vorzeit: Die Evolution habe älteren, schwächeren Rudelmitgliedern ein größeres Gaumenzäpfchen wachsen lassen, welches das Schnarchen begünstigte, sodass hungrige Raubkatzen sich zuerst auf die Schnarcher stürzten und gesättigt die jüngeren Stammesmitglieder am Leben ließen.

Schnarchen ist ein entnervendes Geräusch. Es kann im Extremfall mit dem Geräuschpegel eines Presslufthammers konkurrieren. Besonders aufreibend ist die fehlende Monotonie. Der Schnarcher erzeugt keinesfalls ein gleich bleibendes Störgeräusch. Zwischen den Sägelauten wird eingeatmet, es herrscht also Stille, und dann durchschneidet wieder der nächste Schnarchlaut die Stille. Wenn der Schnarcher dazu noch an einer Obstruktion der oberen Luftwege leidet, kommt es zu den berühmten Atem­aussetzern der Apnoiker: Schnarchkaskaden wechseln sich ab mit mehr oder weniger beängstigenden Ruhephasen – und dann setzt sich beinahe explosionsartig das Schnarchkonzert unverändert fort. Für die wach liegende Ehehälfte, der die Mechanismen der Schlafapnoe fremd sind, ist das eine weitere Qual, denn sie plagt sich bei jedem Atemstillstand mit der Frage, ob der Schläfer neben ihr auch wieder ins Leben zurückfindet.

Stolz aufs Schnarchen

Als Rekordhalter im Schnarchen galt lange Zeit – im Guinnessbuch der Rekorde verewigt – der englische Taxifahrer Melvin Switzer. Am frühen Morgen des 28. Juni 1984 schaffte er im englischen Hever Castle souverän den ersten Platz unter den Schnarchern der Welt mit sage und schreibe 92,3 Dezibel, vergleichbar mit einer aufheulenden Polizeisirene oder einem beschleunigenden Motorrad. Lauter jedenfalls, als ein Mensch schreien kann. Switzer hatte deshalb nicht einmal ein eigenes Schlafgemach beziehen müssen, denn seine Frau war auf einem Ohr taub ... Inzwischen ist er seinen Titel übrigens wieder los. Bei Kare Walkert aus Schweden wurden 93 Dezibel gemessen, immerhin gleichzusetzen mit dem Lärm auf einer stark befahrenen Straßenkreuzung. In Arizona (USA) wurde auch von einem Wettschnarchen berichtet, bei dem es um 10 000 Dollar ging. Um die Wette geschnarcht wurde in zwei nebeneinanderliegenden Hotelzimmern. Die Jury positionierte sich vor den Zimmertüren im Flur des Hotels.

Wenn Schnarchen peinlich ist

Manche Schnarcher genieren sich aber auch: Wer galant um eine neue Gefährtin wirbt, will sie nach dem gelungenen erotischen Zusammensein nicht sogleich mit einem eher abstoßenden Schnarchkonzert desillusionieren, sondern verzieht sich taktisch geschickt, sobald die Süße in den verdienten Schlummer gesunken ist, in einen anderen Raum, wo sie ihn nicht hören kann, und taucht – mit Hilfe eines Weckers – im Morgengrauen rechtzeitig wieder an ihrer Seite auf, um sie erneut sanft zu umgarnen. 

Im Hotel kann das Schnarchen zum Problem werden, wenn die Wände zu dünn sind. Ich schlief einmal in einer kleinen Pension mit fünf eng aneinanderliegenden Zimmern. Das Sägen eines Gastes war auf dem gesamten Stockwerk zu vernehmen. Es gab einmal eine Hotelkette, die in einer Anzeige einen kräftigen Schnarcher suchte, mit dem die Schalldichte der Zimmerwände getestet werden sollte.

Kompliziert gestaltet sich die Situation, wenn sozusagen in publico ein Schnarchkandidat in den Schlummer verfällt. Im Ruheraum der Sauna beispielsweise. Männlein und Weiblein breiten sich erschöpft auf den Liegen aus und einer der Herren, versunken in wohligen Schlummer, fängt plötzlich an zu sägen. Eigentlich wäre es mucksmäuschenstill in dem Ruheraum, nur das Wasser plätschert nebenan und dann zerschneidet dieses vulgäre Schnarchen die Harmonie. Verständlich, dass da der eine pikiert zur Decke starrt und der andere kichert – bis ein Mutiger den Schnarcher an­-stupst, der daraufhin verwundert die Augen aufschlägt. 

Leider hört man sich selbst in der Regel beim Schnarchen nicht – doch dies ist nur bedingt richtig: Es kann schon passieren, dass einen der erste röchelnde Schnarchlaut beim Einnicken selbst aus dem beginnenden Schlaf hochschrecken lässt. Befindet man sich dabei in Gesellschaft, bei einem Meeting, im Theater oder im Zugabteil, dann wird man oft sehr schnell hellwach, weil einen die Mitmenschen hämisch anstarren.

Jeder kann zum Schnarcher werden

Soziale Unterschiede kennt diese nächtliche Atemstörung nicht. Im Flugzeug, auch in der noblen First Class, kann ein solches Konzert – selbst aus der Kehle eines VIPs – den Rest der Mitreisenden  in den Wahnsinn treiben. Superstar Rihanna, so eine Pressemeldung,  schnarchte First Class im Linienflieger! So passiert nach einer fetten Party in Miami. Nach exzessivem Alkoholgenuss im In-Club „Cameo“ war es Rihanna zuerst einmal nach einem Nickerchen zumute. Angeblich feierte sie nach ihrem Konzert bis vier Uhr in der Frühe – ihr Flieger ging morgens um halb neun! Mit ihrem Bodyguard bestieg sie vor allen anderen Passagieren eine American Airlines-Maschine und nahm in der First Class Platz. Als die anderen Passagiere noch beim Boarding waren, grunzte die Künstlerin schon friedvoll vor sich hin. Sechs Stunden dauerte ihr Schönheitsschlaf mit akustischer Begleitung. Sie soll, so ihre Mitreisenden, geschnarcht haben, als wären ganze Urwälder umgesäbelt worden! Anzumerken ist, dass in diesem Fall keine krankhafte Obstruktion im Spiel bzw. Schlund war, sondern der Alkohol seine fatale Wirkung entfachte. Eine feuchtfröhliche Nacht lässt die Muskulatur im Schlund erschlaffen: die beste Voraussetzung für ein Schnarchkonzert der Sonderklasse, bei Männlein wie Weiblein.

Wenn Mieter schnarchen

Können Mieter wegen eines laut schnarchenden Nachbarn ihre Miete mindern? Damit musste sich das Amtsgericht Bonn (Az. 6 C 598/08) befassen. In dem Fall hatte sich ein Ehepaar nach der Objektbeschreibung im Internet für eine Wohnung „in ruhiger Lage“ begeistert. Bald aber fühlten sich die neuen Mieter nachts von einem Mann in der Nachbarwohnung erheblich gestört, der laut schnarchte. Nach einigen Wochen mit durchwachten Nächten machten die Mieter eine Minderung der Miete um 30 % geltend und erklärten später ihre fristlose Kündigung. Ihr Argument: Sie seien vom Eigentümer getäuscht worden, denn sie hätten ausdrücklich nach einer ruhigen Wohnung gesucht. Doch offensichtlich sei die Wohnung nicht ausreichend schallisoliert. Der Vermieter konterte, die Ausstattung sei ausreichend. In 31 Jahren habe kein Vormieter über mangelhafte Isolierung geklagt. Das Urteil des Gerichts: Die Vereinbarung einer „ruhigen Wohnung“ beinhalte nur normalen Schallschutz. Eine Zusicherung darüber hinaus habe der Vermieter nicht gegeben. Zudem sei die behauptete Geräuschentwicklung durch den Schnarcher nicht ausreichend nachgewiesen worden. 

Warum sich Schnarcher ungern outen

Obwohl so viele Menschen schnarchen, outen will sich nur selten einer. Schnarchen wird immer noch als gesellschaftlicher Makel betrachtet, ganz unterschwellig, obwohl es ein wahrer Volkssport ist. „Wir haben abgetrieben!“ Man erinnert sich noch an den STERN-Titel, in dem sich prominente Frauen öffentlich outeten. Doch: „Ich schnarche!“ Das fiel noch keiner Redaktion ein, obwohl es da unzählige prominente Kandidaten gäbe. Ich meine damit nicht die Gelegenheitsschnarcher nach exzessivem Alkoholgenuss, einen ranken Steffen Seibert, einen Karl-Theodor zu Guttenberg oder Harald Schmidt, nein, ich meine die übergewichtigen Protagonisten in der Politik und TV-Szene. 

Und wie kommt es zur nächtlichen Geräuschkulisse?

Im Schlaf erschlafft unsere Muskulatur, was an sich auch ganz sinnvoll ist – schließlich wollen wir uns erholen, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Leider verengen die erschlafften Muskeln aber auch die Luftwege im Rachen. Das kann geräuschvolle Folgen haben: Denn die Atemluft strömt nun mit erhöhtem Druck an den weichen Gewebeteilen des verengten Rachens vorbei und bringt sie zum Vibrieren. So entsteht das entnervende, sägende Schnarchgeräusch.

Freilich schnarcht nicht jeder Mensch: Im Nasen-Rachen-Raum der nächtlichen Ruhestörer herrschen besondere anatomische Verhältnisse, die das Schnarchen begünstigen. Die Hauptursache des Schnarch-Übels liegt im mittleren Rachenbereich – dort, wo sich Zäpfchen, Gaumensegel und Zungengrund befinden. Bei den meisten Schnarchern sind das die drei Instrumente, die zum nächtlichen Konzert aufspielen. Und sie sind beim Schnarcher häufig zu groß und zu schlaff. 

Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt erkennt den typischen Schnarcher meist schon mit einem einzigen Blick in den geöffneten Mund: Seine Zunge ist entweder zu groß oder zu dick. Auch das Zäpfchen ist häufig verdickt und verlängert, und die hinteren Gaumenbögen hängen tiefer in den Rachen hinein. Die Rachenhinterwand ist nicht straff, sondern in lockere Falten gelegt – der ideale Resonanzboden zum Vibrieren und Schnarchen.

Wer zu viele Pfunde auf die Waage bringt, hat ein erhöhtes Schnarch-Risiko. Denn Fettpölsterchen setzen sich nicht nur am Bauch und an den Hüften an, sondern auch die Zunge ist bei Übergewichtigen häufig dicker. Und auch am Hals zu beiden Seiten des Rachens bilden sich Fettgewebspolster, die die Atemwege einengen und den Luftstrom behindern. „Doppelkinn-Träger“ sind also besonders schnarchgefährdet! Auch ein schmaler oder zu kurzer Unterkiefer – ein fliehendes Kinn – kann die Atemwege verengen und Schnarchen zur Folge haben.  

Im Alter erhöht sich das Schnarch-Risiko ohnehin, und zwar bei beiden Geschlechtern. Viele Menschen fangen erst in vorgerückterem Alter an zu schnarchen, oder ihr Schnarchen wird im Laufe der Jahre immer lauter. Das liegt daran, dass die Muskelspannung mit zunehmendem Alter nachlässt und somit auch die Gewebeweichteile im Rachenraum schlaffer werden. 

Wie wehrt man sich gegen Schnarcher?

Für den Passivschnarcher gibt es nur drei Möglichkeiten, sich gegen die Lärmbelästigung zu wehren: Er kann den Schnarcher wecken, den Geräuschpegel durch Verwendung von „Ohropax“ oder getrennte Schlafzimmer verringern, oder er kann sich an das Schnarchgeräusch gewöhnen, sodass es ihn nicht mehr stört.

Am häufigsten kommt wahrscheinlich die erste Methode zum Einsatz. Unzählige Frauen stoßen nachts regelmäßig ihren Bettnachbarn an, wenn dieser laute Schnarchgeräusche von sich gibt. Üblicherweise dreht sich der Schnarcher dann auf die Seite und wird zumindest vorübergehend ruhig schlafen. Allerdings können durch dieses regelmäßige Stoßen oder Schlagen an derselben Körperstelle auch Beschwerden beim Schnarcher auftreten: Von einem 66-jährigen Mann wird berichtet, dass er wegen Schmerzen in der rechten Wade einen Arzt aufsuchte. Keine der Untersuchungen ergab eine Erklärung, sodass der Patient auch nicht behandelt werden konnte. Eines Nachts wachte er wieder mit einem scharfen Schmerz in der rechten Wade auf und bemerkte, dass er von seiner Frau getreten worden war. Als er sie aufforderte, nicht sein wehes Bein zu treten, erklärte die Frau: „Du hast wieder geschnarcht; ich trete dich deswegen immer schon.“ So fanden die Wadenschmerzen ihre Erklärung, und sie verschwanden, als die Frau aufhörte, ihren Mann jede Nacht zu malträ­tieren.  

Abenteuerliche Anti-Schnarch-Vorrichtungen

Weltweit haben Erfinder und Tüftler Apparate entwickelt, die das Schnarchen verhindern sollen. Es gibt insgesamt über 500 patentierte Schnarchverhinderer. Leider sind die meisten dieser Erfindungen nicht durch systematische Studien auf ihren Wert und Nutzen geprüft worden. Einige kommen uns heute seltsam vor, da sie auf falschen Vorstellungen über die Ursachen des Schnarchens beruhen; andere muten fast wie Folterinstrumente an. 

In der Regel schlafen wir in der Nacht unruhig und wechseln häufig unsere Position: Wir schlafen auf der Seite, auf dem Rücken und teilweise auch auf dem Bauch. Besonders die Rückenlage begünstigt das Schnarchen, da aufgrund der Schwerkraft der Zungengrund zurückfällt und den Rachenraum einengt. 

Bereits 1872 ließ sich ein amerikanischer Erfinder einen Verhinderer der Rückenlage patentieren: ein Polster in Dreiecksform, das mit Gurten an Rücken und Schultern befestigt wurde. 

Ein Erfinder aus Tuttlingen meldete 1980 ein Anti-Schnarch-Schlafhemd mit einem per Luftschlauch aufblasbaren Körper am Rückenteil zum Patent an. 

Wenn bei Ihnen beobachtet wurde, dass Sie ausschließlich in Rücklage schnarchen, basteln Sie sich ruhig Ihren eigenen Schnarchverhinderer. Zum Beispiel kann ein Tennisball, eingenäht ins Rückenteil Ihres Schlafanzugs, die Rückenlage verhindern helfen. Es gibt auch sogenannte „Anti-Schnarch-Rucksäcke“ zu kaufen. Doch seien Sie nicht enttäuscht, wenn dadurch Ihr Problem nicht gelöst wird! Denn chronische und übergewichtige Schnarcher schnarchen häufig in allen Schlafpositionen. 

Wahre Folterinstrumente

Wenn wir im Schlaf durch den Mund atmen, knickt der zurückgefallene Zungengrund den Rachenschlauch ein und begünstigt das Schnarchen. Deshalb haben viele Erfinder Kinnstützen und Kopfbandagen entwickelt, die verhindern sollen, dass der Unterkiefer sich im Schlaf öffnet. Das älteste deutsche Patent dieser Art meldete 1889 ein Erfinder aus Straßburg an. Es besteht aus einem Luftkissen, das um den Hals gebunden wird und das Herabfallen der Kinnlade verhindert. 

Auch Zahnschienen und Mundschließer sollten die Mundatmung verhindern. Bereits 1892 ließ sich ein Herr Francke aus Cottbus einen Mundschließer patentieren. Seine Erfindung bestand aus einem Gummirohr. Dieses wurde auf die Zungenspitze gelegt. An dem Rohr befanden sich zwei Gummiringe, von denen einer hinter die Zähne und einer auf die Lippen des geschlossenen Mundes gelegt wurde. Durch das offene Gummirohr konnte der Schläfer weiter durch den Mund atmen. Allerdings ist zu befürchten , dass diese Apparatur während des Schlafs rasch ausgespuckt wird. 

Mit den schlafmedizinischen Zahnschienen gegen das Schnarchen heute hat diese Erfindung freilich nichts gemeinsam. 

Schnarchen erhöht Schlaganfallrisiko!


Mehr als blosse Lärmbelästigung: Schnarchen erhöht Schlaganfallrisiko!

Noch bis vor kurzem galt Schnarchen eigentlich eher als soziales und partnerschaftliches Problem, das zu getrennten Schlafzimmern oder zu Peinlichkeiten führen kann – z. B., wenn jemand mitten in einem Vortrag einschläft und die verräterischen sägenden Geräusche von sich gibt. Inzwischen weiß man aber, dass auch „bloßes“ Schnarchen (ohne Atemaussetzer) gefährlich sein kann: Die Vibrationen beim Schnarchen können die Halsschlagader schädigen und zur Entstehung eines Schlaganfalls führen. 

Dr. Roxanne Dossak 

Dass eine obstruktive Schlafapnoe mit nächtlichen Atemstillständen und Sauerstoff­entsättigungen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht, weiß man schon lange. Immer mehr rückt in neuerer Zeit aber auch das bloße Schnarchen aus seiner harmlosen Ecke eines einfach nur lästigen und peinlichen Phänomens heraus: Es wird immer klarer, dass Schnarchen (unabhängig vom Auftreten von Apnoen) ein eigenständiges Risiko für die Entstehung verschiedener Probleme und Erkrankungen darstellt. 

Zu den Meilensteinen auf diesem Weg gehören die Forschungsarbeiten von Dr. Michael Urschitz und seinen Kollegen, die in vielen Studien nachweisen konnten, dass Kinder, die gewohnheitsmäßig schnarchen, ihren Eltern häufiger durch schlechte schulische Leistungen und Verhaltensauffälligkeiten Kummer machen als ihre „schnarchfreien“ Altersgenossen.

Neuere Studien zeigen, dass Schnarchen in der Schwangerschaft das Risiko für den gefürchteten Schwangerschaftsbluthochdruck (Präeklampsie) erhöht. Und seit einigen Jahren weiß man nun auch, dass Schnarcher sogar richtig gefährlich leben: Starkes Schnarchen begünstigt nämlich die Entstehung von Schlaganfällen.

Dass es da einen Zusammenhang geben könnte, diesen Verdacht hatten der schwedische Schlafmediziner Jan Hedner und Colin Sullivan – Erfinder der CPAP-Therapie – bereits im Jahr 1994 in einem Fachbuch zum Thema „Schlaf und Atmung“ geäußert. Die sich jede Nacht wiederholenden Vibrationen beim Schnarchen müssten, so vermuteten sie, nach dem Muster „Steter Tropfen höhlt den Stein“ doch eigentlich die empfindliche Innenschicht der Halsschlagader schädigen und für die Entstehung einer Arteriosklerose anfällig machen. Tatsächlich gehört eine Arteriosklerose der Halsschlagader (Karotis) zu den Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall. 

Außerdem, so schlussfolgerten Sullivan und Hedner, könnten die Schnarch-Vibrationen dazu führen, dass in einer Halsschlagader, in der sich bereits arteriosklerotische Ablagerungen (Plaques) gebildet haben, diese Plaques einreißen oder sich von der Gefäßwand ablösen. Werden diese Blutgerinnsel dann mit dem Blutstrom ins Gehirn geschwemmt und verstopfen dort eine Arterie, so ist ein Schlaganfall die Folge. Schnarchen würde demnach sowohl im Anfangs- als auch im Endstadium der Schlaganfallentstehung eine wichtige Rolle spielen. 

Sechs weiße Kaninchen bringen es an den Tag

Der Verdacht von Hedner und Sullivan wurde inzwischen tatsächlich durch mehrere wissenschaftliche Untersuchungen erhärtet. Forscher vom australischen Ludwig Engel Centre for Respiratory Research versuchten an einem Tiermodell zu zeigen, wie Schnarchen sich auf die Halsschlagader auswirken könnte. Zu diesem Zweck versetzten sie sechs Kaninchen („New Zealand White Rabbits“) in Narkose und setzten Katheter in ihre Halsschlagadern ein, die an der Spitze mit Druckaufnehmern versehen waren. Da Kaninchen normalerweise nicht unbedingt schnarchen, erzeugten die Wissenschaftler das Schnarchen künstlich, indem sie den Tieren kleine Sandsäcke auf den Hals legten. Dadurch wurde der Rachenraum so weit eingeengt, dass die Kaninchen zu schnarchen begannen. Die Katheter mit den Druckaufnehmern maßen nun die Energie, die in der Halsschlagader während des Schnarchens entstand – mit dem Ergebnis, dass diese sich tatsächlich um das Elffache erhöhte. Damit war der Beweis erbracht, dass sich die Schnarch-Vibrationen im Rachenraum auf die Halsschlagader übertragen.  

Wer laut schnarcht, lebt gefährlich

Aber was für Kaninchen gilt, muss ja nicht unbedingt auch auf den Menschen zutreffen. Deshalb untersuchten die Wissenschaftler vom Ludwig Engel Centre in einer nächsten Studie 110 freiwillige Probanden, zu denen sowohl Schnarcher als auch nicht-schnarchende Zeitgenossen, aber keine Schlafapnoiker gehörten. Um den Schnarchstatus festzustellen, wurden die Versuchspersonen in einem Schlaflabor einer Polysomnografie (Schlafaufzeichnung) unterzogen. Auf der Basis des polysomnografischen Befundes wurden die Probanden dann in drei Gruppen eingeteilt: leichte, mittelstarke und starke Schnarcher. 

Parallel dazu untersuchten die Forscher per Ultraschall die Halsschlagadern der Versuchspersonen und – zu Vergleichszwecken – auch die Oberschenkelschlagadern. Dabei ergab sich eine eindeutige Korrelation zwischen dem Ausmaß des nächtlichen Schnarchens und dem Zustand der Karotis: Von den leichten Schnarchern litten nur 20 % an einer Arteriosklerose der Halsschlagader; bei den mittelstarken Schnarchern waren es schon 32 und bei den starken Schnarchern sogar 64 %. 

Der Zusammenhang zwischen Schnarchen und Arteriosklerose der Karotis bestand auch, nachdem die Wissenschaftler alle anderen bekannten Risikofaktoren (Alter, Geschlecht, Rauchen, Bluthochdruck etc.) mit statistischen Methoden aus diesem Ergebnis herausgerechnet hatten. Das Ausmaß der arteriosklerotischen Ablagerungen in den Oberschenkelschlagadern der Probanden korrelierte hingegen überhaupt nicht mit der Stärke des Schnarchens. 

„Starkes Schnarchen erhöht das Risiko für eine Arteriosklerose der Halsschlagader deutlich, und zwar unabhängig von anderen Risikofaktoren“, so lautet das Fazit der Autoren dieser Studie. Und da Schnarchen so weit verbreitet ist (Schätzungen zufolge schnarchen ungefähr 40 % aller Männer und 24 % aller Frauen, wobei die Schnarchhäufigkeit mit zunehmendem Alter ansteigt), kommt dieser neuen Erkenntnis eine wichtige Bedeutung für die Schlaganfallprävention zu: Wenn es um die Vermeidung von Schlaganfällen geht, sollte künftig nicht nur auf die bereits bekannten Risikofaktoren, sondern auch auf das Gefahrenpotenzial des Schnarchens geachtet werden. Und diese Prävention fängt bei jedem Einzelnen an.  

Wie kann man Schnarchen verhindern?

Man kann Schnarchen zwar nicht unbedingt immer verhindern, aber doch zumindest reduzieren, indem man sich an bestimmte Spielregeln hält: Dazu gehört z. B. der Verzicht auf übermäßigen abendlichen Alkoholkonsum (Alkohol lässt das Gewebe im Rachenraum stärker erschlaffen und begünstigt bzw. verschlimmert Schnarchen) und der Kampf gegen überzählige Pfunde, die sich leider auch im Halsbereich breit machen und im Schlaf die oberen Atemwege einengen können. 

Wer ganz sichergehen möchte, ob sein Schnarchen bereits zu Schäden an der Halsschlagader geführt hat: Eine Ultraschalluntersuchung der Karotis ist einfach durchzuführen und vollkommen schmerzlos. 

Die Untersuchung wird von den gesetzlichen Krankenversicherungen zwar nicht bezahlt, sofern kein begründeter Verdacht auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko besteht; sie wird aber von vielen Ärzten als sogenannte IGeL-Leistung (individuelle Gesundheitsleistung für Selbstzahler) angeboten und ist nicht teuer. 

Wenn diese Untersuchung ergeben sollte, dass Plaques in der Halsschlagader vorliegen, die das Schlaganfallrisiko erhöhen, so sind verschiedene Therapiemaßnahmen möglich, um diese arteriosklerotischen Ablagerungen zu beseitigen: Man kann solche Plaques beispielsweise operativ ausschälen oder das Gefäß im Rahmen eines minimalinvasiven Eingriffs mithilfe einer Gefäßprothese (Stent) wieder eröffnen und offen halten. Parallel dazu sind aber auch Änderungen der Lebensweise notwendig, um Risikofaktoren für eine erneute Verengung der Karotis auszuschalten oder zumindest so gering wie möglich zu halten: 

• Ein bestehender Bluthochdruck muss möglichst gut eingestellt werden. 

• Ein zu hoher Cholesterinspiegel lässt sich durch fettreduzierte Ernährung, Gewichtsreduktion, mehr Bewegung und eventuell auch durch Einnahme cholesterinsenkender Medikamente normalisieren. 

• Auch ein möglicherweise vorliegender Diabetes muss so gut wie möglich eingestellt werden.

• Und dass Rauchen Gift für die Gefäße ist, braucht wohl nicht extra betont zu werden.

Parkinson-Erkrankung und schlafbezogene Atmungsstörungen

Über die Hälfte aller Patienten mit Parkinson-Erkrankung (PD) klagen über ausgeprägte Tagesschläfrigkeit. So fanden Ondo et al. (1) bei 50 % mit dem Epworth-Schläfrigkeitsfragebogen einen ESS-Score >10.

Für die Tagesschläfrigkeit kommen verschiedene Ursachen in Frage: der Schweregrad als solcher, Nachlassen der DopaminWirkung, Dopamin-Dosierung und u. a. auch schlafbezogene Atmungsstörungen. 

Als Erstes stellt sich die Frage, ob bei PD gehäuft nächtliche Atmungsstörungen auftreten. 

Von Trotti et al. (2) wurden 55 Patienten mit PD unter der üblichen Dopamin-Dosis polysomnografisch während drei Nächten untersucht. Als wichtigstes Ergebnis stellen die Autoren heraus, dass sich der AHI im Vergleich zur Normalbevölkerung nicht unterschied. Bei der Kontrollgruppe handelt es sich um Personen der Sleep Heart Health Study, die einem repräsentativen Querschnitt der Normalbevölkerung entsprechen. 

Dies heißt jedoch nicht, dass bei entsprechender Symptomatik nicht an die Erkrankung gedacht werden sollte. Bei einer Studie an 30 Patienten mit PD lag die Epworth- Schläfrigkeitsskala (ESS) bei 57 % der Patienten >10. Diejenigen mit excessiver Tages-Schläfrigkeit (EDS) erhielten höhere Dopaminagonisten/Levodopa  und wiesen einen höheren Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) auf. 30 % aller Patienten litten an nächtlichen Atmungsstörungen mit einem AHI >10. Bei ihnen war im Vergleich zur Gruppe ohne erhöhten AHI die Einschlaflatenz verkürzt, der ESS-Score zeigte aber keinen Unterschied. Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) tragen demnach zur EDS bei, ohne die Hauptursache darzustellen. 

Fazit: Sowohl die Erkrankung als auch die Medikamente führen zu einer erheblichen Einschränkung der Tagesbefindlichkeit bei PD. Kommt eine SBAS hinzu, die ja eine höhere Prävalenz in dieser Altersgruppe besitzt, verschlechtert sich die Symptomatik zusätzlich. Es empfiehlt sich deshalb, bei klinischem Verdacht auf SBAS eine Polysomnografie durchführen zu lassen, da durch Überdruckatmung (CPAP) eine Verbesserung zu erwarten ist. Allerdings ist auf die Akzeptanz in dieser Patientengruppe besonders zu achten.

Diabetes, Depressionen und Schlafapnoe

Menschen mit Depressionen haben ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Eine bestehende Diabetes-Erkrankung erhöht wiederum das Risiko, eine Depression zu entwickeln. Kommen beide Erkrankungen zusammen, so potenzieren sich die negativen Folgen für Lebensqualität und Lebensdauer der Betroffenen – ein verhängnisvoller Teufelskreis. Für Schlafapnoiker ist das insofern von Bedeutung, als eine Schlafapnoe das Risiko für beides (sowohl Depressionen als auch Diabetes) erhöht.

Marion Zerbst

Das erhöhte Risiko von Diabetikern, an Depressionen zu erkranken, und die negativen Auswirkungen beim Vorliegen beider Erkrankungen sind durch Studien gut belegt. Diese negativen Konsequenzen addieren sich nicht nur, sie potenzieren sich: Im Vergleich zu Diabetikern ohne Depressionen leiden depressive Diabetiker elfmal häufiger unter Komplikationen an den kleinen Blutgefäßen. Die Gefahr von Schädigungen an den großen Gefäßen, die zu Durchblutungsstörungen oder Herzinfarkt führen können, ist um das 2,5-Fache erhöht. 

Diabetes und Depression: ein gefährlicher Kombipack

Jede chronische Erkrankung kann das Risiko für eine Depression oder für depressive Verstimmungen erhöhen. Die negativen Folgen sind bei Diabetes jedoch besonders gravierend, denn eine erfolgreiche Behandlung des Diabetes erfordert die aktive Mitarbeit des Patienten. „Depressionen stellen hierbei ein große Barriere dar, da sie sowohl die Motivation zur Behandlung als auch die Durchführung der Therapiemaßnahmen nachhaltig erschweren“, betont Dr. Bernhard Kulzer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Psychologie und Verhaltensmedizin der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG), in einer aktuellen Veröffentlichung. Damit steige die Gefahr von Spätkomplikationen des Diabetes wie Verlust des Augenlichts, Fußamputation oder Dialysepflicht. Auch die Schwankungen im Blutzucker, die bei vielen Diabetikern auftreten, belasten die Betroffenen emotional. Umgekehrt haben Menschen mit Depressionen ein erhöhtes Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Das liegt zum einen daran, dass die Depression die Risikofaktoren Übergewicht und Bewegungsmangel verstärkt. Außerdem ist die psychische Erkrankung selbst ein unabhängiger Risikofaktor: Depressive Störungen können mit einem stressbedingten Anstieg der Kortisolwerte im Blut einhergehen. Dieses Hormon fördert die sogenannte Insulinresistenz, das heißt, das körpereigene Insulin ist zwar vorhanden, führt aber nicht in ausreichendem Maße zum Einbau des Zuckers aus dem Blut in die Körperzellen. 

Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft fordert deshalb, dass Menschen mit Depressionen gezielt auf einen Typ-2-Diabetes untersucht werden. Betroffene Diabetiker benötigen außerdem eine psychologische Betreuung, vor allem zu Beginn der Erkrankung und wenn erstmals Spätkomplikationen auftreten.  

Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS): Auch diese Erkrankung geht häufig mit Depressionen oder depressiven Verstimmungen einher. So lag in einer neuen Untersuchung des Schlafmedizinischen Zentrums Nürnberg das gemeinsame Vorkommen von Depressionen und OSAS bei fast 25 %. Im ersten Quartal des Jahres 2008 wurden alle 447 Neupatienten des Schlaflabors am Nürnberger Klinikum anhand von Fragebögen auf das Vorliegen von Depressivität gescreent. Bei positivem Befund und bei einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) über 9 erfolgte eine weitergehende Depressions-Diagnostik, die zeigte, dass Depressionen bei diesen Schlafapnoikern tatsächlich sehr häufig (nämlich bei 24,1 % des untersuchten Patientenkollektivs) vorkamen.

Durch CPAP bessert sich die Depression

Die Patienten wurden dann auf eine nCPAP-Therapie eingestellt – und jetzt kommt die gute Nachricht: Bereits nach sechsmonatiger Therapie hatte sich ihre depressive Symptomatik deutlich gebessert, wobei Patienten mit guter CPAP-Compliance (Anwendung in über 75 % der Nächte über einen durchschnittlichen Zeitraum von mehr als vier Stunden pro Nacht) besonders stark von der Behandlung profitierten. 

Die Verbesserung der depressiven Symptomatik durch die CPAP-Therapie ist für die Autoren der Studie ein deutlicher Hinweis darauf, dass zwischen schlafbezogenen Atemstörungen und Depressionen tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang besteht, dass sie also nicht einfach nur zufälligerweise häufig zusammen auftreten. Die Autoren kommen daher zu einem ähnlichen Schluss wie die DDG bezüglich des Vorgehens im Hinblick auf Depressionen und Diabetes: Sie schlagen vor, in interdisziplinär organisierten schlafmedizinischen Zentren einen multimodalen Ansatz in der Diagnostik und Therapie von depressiven Störungen und OSAS zu verfolgen: Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe sollten routinemäßig auf depressive Symptome untersucht werden. Umgekehrt sollte man Patienten mit Depressionen (vor allem, wenn diese auf eine antidepressive Therapie nicht ansprechen) im Hinblick auf schlafbezogene Atmungsstörungen screenen.

Eine neue Studie aus Korea kommt übrigens zu ähnlichen Ergebnissen wie die Untersuchung am Nürnberger Klinikum: In dieser Studie wurden Angst und Depression bei 100 OSAS-Patienten vor und nach CPAP-Therapie anhand von Patientenfragebögen erfasst mit dem Resultat, dass bei allen Patienten erhöhte Angst- und Depressionsparameter vorlagen. Auch in dieser Studie verbesserten sich die Angst- und Depressionswerte durch die Beatmungstherapie deutlich.