Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2012

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2012


Liebe Leserin, lieber Leser,

wir feiern! Das Schlafmagazin erscheint in diesem Jahr im 10. Jahrgang! Wir freuen uns sehr, dass es dieses Magazin, das wir quasi aus einer Laune heraus gestartet haben und das so mancher Zeitgenosse lange Zeit nicht ernst genommen hat, schon so lange gibt. Und deswegen wird Ihnen in diesem Jahr in allen Ausgaben immer wieder dieses Bild der netten „10“ begegnen. Ab Mai können Sie außerdem das erste Sonderheft des Schlafmagazins über Schnarchen und Schlafapnoe bei uns erhalten.

Während wir die erste Ausgabe dieses Jahr für Sie zusammenstellen, geht allmählich der Winter zu Ende. Und damit auch die Zeit der langen Nächte, der langen Dunkelheit. Der Frühling bringt bald mehr von dem Licht, das wir alle für unser Wohlbefinden brauchen. Zahlreiche Studien haben diesen positiven Effekt von Licht auf den menschlichen Organismus bewiesen und aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelten Firmen verschiedene Lichttherapiegeräte mit Weiß-, Blau- und Rotlichtlampen. Was von der Lichttherapie zu erwarten ist, insbesondere bei Schlafproblemen, und welche Geräte es mittlerweile gibt, darüber berichten wir in unserem Licht-Schwerpunkt. 

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Wir wissen, dass unser Schlaf durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird. Etwa durch das psychische Befinden, durch körperliche Aktivität, soziale und berufliche Einflüsse. Es bestimmen aber auch unsere Gene, wie lange, wann und wie wir schlafen. Forscher arbeiten daran, genetische Einflüsse auf unser Schlafverhalten zu entschlüsseln. Dadurch könnte herausgefunden werden, wie unser Schlaf zu beeinflussen ist und wie man Schlafstörungen behandeln kann. Zwei Wissenschaftler aus der Schweiz haben für das Schlafmagazin einen interessanten Beitrag zu diesem Thema geschrieben.

Nicht weniger interessant ist der Beitrag über den sogenannten Klartraum, wenn also Menschen im Traum bewusst ist, dass sie träumen. In diesen Träumen hat man die Möglichkeit, Einfluss auf das Traumgeschehen zu nehmen. 

Manche Schlafapnoe-Patienten bleiben unbehandelt, weil sie mit der CPAP-Therapie nicht klarkommen und ihr Gerät irgendwann in die Ecke stellen. 

Erstaunlicherweise hat sich hier eine Behandlungsalternative aus einem medizinischen Terrain entwickelt, das man ohne Vorkenntnisse für absurd halten würde. Die Zahnärzte haben Schienen entwickelt, die den Unterkiefer vorverlagern und so die oberen Atemwege nachts offen halten. Somit gibt es bei vielen Betroffenen kein Schnarchen und keine Atemaussetzer mehr. 

Ich wünsche Ihnen wie immer eine spannende Lektüre!

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 1/2012

Foto: © Stock/Wolfgang Lienbacher
Inhalt

6 Die jahreszeitliche Bedeutung des Lichts

12 Wenn Sonnenlicht krank macht

14 Mit Licht das Wohlbefinden steigern  

16 Philips Respironics – die „neue“ alte Konstante in der Schlafmedizin 

20 Wie die Gene unseren Schlaf beeinflussen  

23 Klinische Behandlungsstudie: Unruhige Beine (RLS) und nächtlicher Blutdruck

24 Rückengerechte Bettsysteme für schwergewichtige Menschen

26 Hilfe für unseren Schlaf – zu jeder Jahreszeit   

27 Stören moderne Computerbildschirme den Schlaf?  

28 Wie Sie den Morgenschlaf für Klarträume nutzen können   

32 Schlaf und Schwangerschaft: Restless Legs häufig ein Problem

34 CPAP-AutoFlex 

36 Ständiger Gerätewechsel kann Behandlungserfolg gefährden 

37 Selbsthilfe: Wir haben es geschafft!

37 Ausufernde Verwaltungskosten im Gesundheitswesen!   

38 Warum ernähren sich so viele Kraftfahrer ungesund?

40 Massgeschneiderte Schienentherapie  

42 Durch Schienentherapie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Ein besonderer Patientenfall

46 Schlafen in der Zukunft

48 Luxusnickerchen für Flugpassagiere 

50 Literatur für Schlaflose in Stuttgart

50 Ein Kissen fürs bessere Einschlafen  

Die jahreszeitliche Bedeutung des Lichts

Prof. Dr. Jürgen Zulley

Licht ist ein wesentlicher Bestandteil unserer natürlichen Umwelt. Die Sonne galt schon vor Jahrtausenden als eine göttliche Kraft. Wenn dies auch auf eher heidnische Gebräuche schließen lässt, so hat sich doch auch die Tierwelt diesem Einfluss nicht entzogen und ihre Aktivitätszeit von der Dauer des hellen Tages bestimmen lassen. Das gilt zumindest für die lichtaktiven Tiere, deren Wahrnehmungsorgane einer bestimmten Helligkeit bedürfen, um funktionieren zu können. 

Zu diesen Lebewesen zählt auch der Mensch. So ist es nicht verwunderlich, dass in früherer Zeit die Sonnenuhren als allgemeingültiges Zeitmaß galten. Da sich jedoch im Laufe des Jahres die Tageslänge veränderte, wurde die Zeitspanne zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in zwölf gleiche Zeiteinheiten unterteilt. So setzte man der natürlichen Veränderung der Tageslänge über das Jahr eine konstante Unterteilung entgegen mit der Folge, dass die „Winterstunde“ wesentlich kürzer war als die „Sommerstunde“. 

In der technisierten Zeit hat sich der Mensch von seiner natürlichen Umwelt jedoch weitgehend unabhängig gemacht: Er ersetzt die Außentemperatur durch geheizte Räume und das Sonnenlicht durch künstliche Beleuchtung. Dies fördert unsere Arbeitseffektivität; doch dürfen wir dabei unser biologisches Erbe nicht übersehen. 

Und nach unserem biologischen Erbe reagieren wir weiterhin als lichtaktive Wesen auf die natürlichen Veränderungen des Lichts. Aber wie wirkt Licht auf uns?

Seit Anfang der Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts wissen wir das endlich. Untersuchungen und Zufallsbefunde aus den USA zeigten uns den Weg, den das Licht in unserem Organismus nimmt. Das auf unser Auge fallende Licht wird von der Netzhaut (Retina) zu den suprachiasmatischen Kernen geleitet, einer Struktur im Gehirn, die sich hinter den Augen oberhalb der x-förmigen Kreuzung der beiden Sehnerven befindet. Diese Kerne sind die wohl wichtigste Schaltstelle unserer inneren Uhr. Sie dirigieren den zeitlichen Verlauf praktisch sämtlicher Funktionen in unserem Organismus und halten sie im Gleichtakt. 

Aber dieser Dirigent ist nicht nur verantwortlich für die innere Harmonie im Körper, sondern auch für den zeitlichen Abgleich mit der Außenwelt. Somit führt er nicht nur eine interne, sondern auch eine externe Synchronisation durch. Von daher ist es kein Zufall, dass er Verbindungen nach „außen“ über das Auge hat und somit über die externen Lichtverhältnisse „Bescheid“ weiß.

Die suprachiasmatischen Kerne im Gehirn geben ihre Lichtinformationen weiter – aber nur dann, wenn dieses Licht eine bestimmte Mindesthelligkeit besitzt, und zwar über 2500 Lux. Das Spektrum des Lichts spielt hierbei keine Rolle. 

Empfänger dieser Lichtbotschaft ist die Zirbeldrüse, auch Pinealorgan oder Epiphyse genannt. Dieses Organ ist für die Ausschüttung vieler wichtiger Hormone verantwortlich. Schon die alten Griechen beschäftigten sich mit dieser Drüse und nannten sie ein „Stützgewebe für die großen Hirnnerven“. Descartes vermutete in der Epiphyse den Sitz der Seele und schrieb ihr eine zentrale Rolle bei psychischen Phänomenen und in der kognitiven Verarbeitung zu. Gesteuert von der Lichtinformation der suprachiasmatischen Kerne, schüttet die Zirbeldrüse bei Dunkelheit das Hormon Melatonin aus. Beträgt die Helligkeit „draußen“ über 2500 Lux, wird die Produktion gestoppt mit der Folge, dass bei uns nachts regelmäßig dieses Hormon ausgeschüttet wird – somit ist es sozusagen ein „Dunkelhormon“. Wird der Mensch nachts einem Licht von über 2500 Lux ausgesetzt, reduziert sich die Ausschüttung dieses Hormons sofort – und wir werden hellwach. Deshalb sollte man, wenn man nachts zur Toilette gehen muss, nach Möglichkeit nur gedämpftes Licht einschalten. So findet man nach erledigtem Geschäft schnell wieder in den Schlaf zurück.

Was bewirkt nun dieser Gegenspieler des Lichts? Melatonin löst sehr komplexe Wirkungen aus. So greift es beispielsweise modulierend in unser Immunsystem ein; bei Stress findet ein Anstieg der Melatoninproduktion statt. Im Tierversuch führt Melatonin zur Schrumpfung der Keimdrüsen (Hoden, Eierstöcke); wegen dieser Deaktivierung des Reproduktionssystems wurde auch in den Sechziger- und Siebzigerjahren versucht, den Stoff als Kontrazeptivum einzusetzen, als Antibabypille sozusagen. 

Auf den Menschen wirkt Melatonin schlafanstoßend und stimmungsdrückend und stellt unseren Organismus auf den Schlaf ein. Hierzu gehört ja nicht nur die schlaf­anstoßende Wirkung, sondern auch die Umstellung vom ergotropen (auf Aktivität ausgerichteten) Funktionszustand des Tages auf den trophotropen (auf Ruhe ausgerichteten) Zustand der Nacht, der fast alle unsere Funktionen betrifft.

Auch Menschen halten „Winterschlaf“

Die Melatoninausschüttung ist vom Licht abhängig, und dieses verändert sich ja nicht nur über Tag und Nacht, sondern auch, wie bereits erwähnt, übers Jahr hinweg. Die Jahreszeiten sind vor allem durch klimatische Veränderungen, aber auch durch die Änderung der Tageslänge und -helligkeit gekennzeichnet. Die Lebewesen in der Natur sind diesen Schwankungen ständig ausgesetzt. Dies traf sicher auch auf den Menschen der Urzeit zu; aber selbst in unserer heutigen technisierten Welt können wir uns den jahreszeitlichen Veränderungen nicht gänzlich entziehen. Von daher könnte man die Murmeltiere beneiden. Werden die Nächte lang und die Tage kürzer, ist es draußen meist düster und kalt, so fallen sie in den Winterschlaf. Wir dagegen leben fast im gleichen Rhythmus weiter. Aber nur fast, denn ein wenig „Winterschlaf“ halten auch wir. Wir schlafen länger als im Sommer, sind weniger aktiv, unsere Stimmung ist eher gedrückt, wir sind müder als sonst, und viele unserer Körperfunktionen arbeiten im Schongang. Offenbar passen sich unsere Lebensvorgänge den Jahreszeiten an, und früher war das auch sinnvoll, denn für unsere Vorfahren war das Nahrungsangebot knapp, und die lebensfeindlichen Umweltbedingungen legten es nahe, sich in eine Höhle zurückzuziehen, auf Sparflamme zu schalten und zu „warten“, bis es wieder hell und warm wurde.

Verursacht werden diese so genannten saisonalen Schwankungen in unseren Körperfunktionen und unserer Stimmungslage vor allem durch die Änderung des Tageslichts. Der Wintertag ist nur halb so lang und nicht so hell wie ein Sommertag. Somit gelangt weniger helles Licht über die Augen auf die suprachiasmatischen Kerne, und die Ausschüttung des Hormons Melatonin wird verstärkt. Deshalb sind wir im Winter müder, weniger aktiv, hungriger, unsere Stimmung verschlechtert sich, und wir schlafen mehr. Also: Weniger Tageslicht versetzt uns in den „Winterschlaf“. 

Umgekehrt wirkt helles Licht gegen Müdigkeit – diese Erkenntnis hat inzwischen auch bei den Architekten Beachtung gefunden. Nicht zufällig wendet sich die Architektur schon seit längerer Zeit wieder dem Tageslicht zu. Das ist z. B. daran abzulesen, dass neue Verwaltungsgebäude nicht mehr mit überwiegend künstlich beleuchteten Großräumen geplant werden, sondern mit fenster- und damit tageslichtorientierten Einzel- oder Kombibüros. Auch greifen Architekten und Lichtplaner die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Photobiologie nun gezielt auf und setzen sie um: So achtet man beispielsweise bei der Gestaltung von Altersheimen auf viel Tageslicht und hohe Beleuchtungsstärken, um Schlafstörungen zu mildern und die Aufmerksamkeit der Senioren tagsüber zu verbessern.

Licht macht gute Laune

Eine vor einiger Zeit erschienene wissenschaftliche Arbeit berichtet, dass in einer Klinik die depressiven Patienten, die zufälligerweise in den Zimmern auf der Südseite des Gebäudes untergebracht waren, eine signifikant kürzere Aufenthaltsdauer aufwiesen als solche, deren Zimmer auf der Nordseite lagen. Die helleren Zimmer an der Südseite wirkten also gleichsam wie eine antidepressive Therapie, obwohl das gar nicht beabsichtigt war.

Tatsächlich hat Licht eine stimmungsaufhellende Wirkung. Und genau das fehlt uns im Winter. Statistisch gesehen leiden 31 % der Bevölkerung im Winter unter einer deutlichen Stimmungsverschlechterung. Mehr oder weniger erlebt es jedoch fast jeder, dass im Winter seine Stimmung gedrückter ist. Als Krankheitsbild wird diese Störung Winterdepression oder saisonal abhängige Depressionsform (Seasonal Affective Disorder, kurz: SAD) genannt, ist international anerkannt und wird in den offiziellen Diagnosekriterien, die auch in Deutschland verwendet werden, aufgeführt. Mit einer Häufigkeit von ca. 10 % der Bevölkerung kommt diese Depression natürlich seltener vor als die weit verbreitete Verstimmung im Winter. Und sie tritt vor allem in nördlichen Regionen auf. So zeigte eine amerikanische Studie, dass in Alaska 28,3 % aller Menschen unter dem Krankheitsbild der Winterdepression leiden, während es im südlichen Florida nur 4 % waren. Dass es tatsächlich am Licht liegt, beweist eine Schweizer Studie, die zeigen konnte, dass Menschen, die sich seltener dem Tageslicht aussetzen, häufiger an SAD (Seasonal affective disorder -Winterdepression) erkranken. Also entscheiden nicht nur die objektiven Lichtverhältnisse, sondern auch das „subjektive Lichtverhalten“ darüber, ob eine SAD auftreten kann oder nicht.

Die unter dieser Erkrankung leidenden Menschen zeigen regelmäßig im späten Herbst eine Depression mit gedrückter Stimmung, Energieverlust, Leistungsabfall, vermehrtem Schlafbedürfnis und häufig auch einer Gewichtszunahme. Diese Symptome verschwinden im Frühling plötzlich wieder. Das Ausmaß dieser Depression kann sehr unterschiedlich sein. Häufig verläuft die Erkrankung relativ leicht, und der Betroffene „schleppt“ sich einfach durch den Winter, ohne einen Arzt aufzusuchen; es gibt aber auch sehr schwere Formen dieser Erkrankung.

Lichttherapie gegen Winterdepression

Eine relativ neue Therapieform basiert auf uraltem Wissen. Schon im 2. Jahrhundert vor Christus wurde empfohlen, dass „Lethargiker in das Licht gelegt werden sollen und den Strahlen der Sonne exponiert werden sollen“. Der Schiffsarzt Frederick Cook setzte während einer Antarktisexpedition im Jahr 1898 künstliches Licht ein, um die Mattigkeit und Verstimmung der Schiffsbesatzung während der langen Nächte im Winter zu beheben. 

Auch heute versucht man, das fehlende Licht durch künstliche Lampen zu ersetzen. Unter Lichttherapie wird die Bestrahlung einer Person mit Licht von einer Mindesthelligkeit von 2500 Lux über einen bestimmten Zeitraum verstanden. Die Wirkung wird nur durch das vom Auge empfangene Licht erzeugt, und hierfür ist das Lichtspektrum nicht entscheidend. Zur Vermeidung von Nebenwirkungen ist es dringend erforderlich, dass bestimmte Lichtanteile (UV- und Blau-Anteile) herausgefiltert werden. Gebräuchlich ist bei Lampen mit einer Helligkeit von 10 000 Lux eine tägliche ca. 40-minütige Anwendung zu einer bestimmten Tageszeit, bei der das Licht ins Auge fallen muss.

In der Tat ist die Lichttherapie das beste Mittel gegen eine Winterdepression. Es liegen Dutzende von kontrollierten Studien vor, die zum größten Teil in renommierten angloamerikanischen Zeitschriften, aber auch in deutschen Publikationen erschienen sind. 

Aber eine Lichttherapie wirkt nicht nur bei dieser Erkrankung. Sehr gut bewährt hat sich diese Therapieform auch bei Schlaf- und Essstörungen. Selbst bei Gesunden wirkt das helle Licht aktivierend und stimmungsverbessernd. Offenbar holen wir uns mit einer solchen Speziallampe den Sommer in die Winterstube. Trotz dieser Erfolge und obwohl die Wirkung des hellen Lichts wissenschaftlich belegt werden konnte, ist diese Behandlungsform bei uns noch relativ unbekannt. Die Erfahrungen an unserem schlafmedizinischen Zentrum in Regensburg sind überwiegend positiv und entsprechen den bisher bekannten Ergebnissen – sowohl bei der Winterdepression als auch bei Schlafstörungen. Auch konnten wir beobachten, dass unsere Patienten sich zusätzlich zur verordneten Behandlung auch „heimlich“ vor die Lampe setzen. Viele sind ganz begeistert von der Wirkung ihrer „Ersatz-Sonne“. 

Eine einfache Behandlung ohne Nebenwirkungen

Die Durchführung der Behandlung ist einfach. Ungefähr 40 Minuten am Tag, am besten morgens, setzt sich der Betreffende vor eine bestimmte Lampe, die die notwendige Helligkeit hat, und meistens setzt bereits nacheinigen Tagen die Wirkung ein. Man muss nicht unbedingt in die Lampe schauen; wichtig ist nur, dass das Licht in die Augen fällt. Die Behandlung kann beliebig oft wiederholt werden, Nebenwirkungen sind praktisch nicht bekannt. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich ca. 80 % der Patienten nach der Lichttherapie besser fühlten. Ähnliche Ergebnisse sind bei Behandlungen von Schlafstörungen bekannt. Die Lichttherapie wird in Deutschland von niedergelassenen Ärzten und Kliniken angeboten. In vielen Universitätskliniken wird sie routinemäßig ambulant durchgeführt. Häufig gibt der Therapeut dem Patienten die Lampe für eine geringe Miete über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen mit, und bei Ansprechen auf die Lichttherapie wird dem Patienten empfohlen, sich eine Lampe zu kaufen. Somit kann die Behandlung zu Hause durchgeführt werden. Dies betrifft auch Menschen, die nicht unter einer Erkrankung leiden, sondern sich lediglich zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit und ihres Wohlbefindens vor eine solche Lampe setzen. Als Lichttherapiegeräte sollten nur solche in Betracht kommen, die von den Experten empfohlen werden, da auch wissenschaftlich nicht überprüfte Produkte auf dem Markt sind. 

Übrigens kennen wir auch eine traditionelle „Selbstbehandlung“ im Winter. Das in den noch dunkleren skandinavischen Ländern stattfindende Lichterfest, das bei uns als Weihnachten fortlebt, wirkt mit seinem Lichterglanz und seiner vermehrten Zufuhr von Kohlenhydraten (insbesondere in Form von Süßigkeiten) antidepressiv.

Wenn Sonnenlicht krank macht


Die unheimliche Krankheit der Photoallergie

Ohne Licht kein Leben. Eine Binsenwahrheit – doch es gibt Menschen, auf die genau das Gegenteil zutrifft. Licht macht sie krank, richtig krank. Sie leiden unter einer Lichtallergie. Das ist die umgangssprachliche Bezeichnung für eine Reihe von Krankheiten, die durch UV-Licht hervorgerufen werden. Der Medi­-ziner spricht von Lichtdermatosen, wobei es eine ganze Reihe verschiedener Krankheitsbilder und Ursachen gibt, z. B., dass der Körper UV-Licht nicht toleriert. Ursachen können aber auch bestimmte Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen oder Erbkrankheiten sein.

 Werner Waldmann

Je nach Intensität der Krankheit heißt das für die Betroffenen, dass sie sich gegen UV-Strahlen rigoros abschirmen müssen. Sie sind dazu verdammt, ein Leben in der Dunkelheit zu führen. Das aber hat Konsequenzen. Die Nacht wird für sie zum Tag. Man muss den Tagesablauf komplett umkrempeln. Dieses Leben hinter Glasscheiben und Mauern führt in die menschliche Isolation und ruiniert jedes soziale Miteinander. Denn ein Spaziergang bei Tage im Sonnenschein, selbst bei bedecktem Himmel,  führt bei solchen Menschen zu schmerzhaften Hautveränderungen. Um dies zu vermeiden, ziehen sich die Betroffenen in ihr Zuhause zurück. Und das wiederum begünstigt die Entstehung depressiver Zustände. Offenbar ist es so, dass eine Lichtallergie eine Depression zur Folge haben kann und nicht umgekehrt. Die Erklärung, dass psychische Belastungen zur Lichtallergie führen, scheint nicht belegbar zu sein. Hannelore Kohls Selbstmord sollte gerade darauf aufmerksam machen, dass wir es zunehmend mit neuartigen Krankheiten zu tun haben, die viele Ärzte nicht verstehen.

Es gibt in der Tat seltene Lichtallergien der Haut, die den Betroffenen das Leben zur Qual machen und sie manchmal sogar in den Suizid treiben. Eine solche Erkrankung ist etwa die persistierende Lichtreaktion, die oft in eine leukämieartige Hautreaktion (ein so genanntes aktinisches Retikuloid) übergeht. Dabei reagieren Zellen der Oberhaut (Epidermis) auf Lichteinfluss mit einem Schmerzreiz, der das Wohlbefinden der Patienten massiv  beeinträchtigt.  Doch wie kommt es zu einer solchen Änderung der Zellreaktionen, warum entwickeln die Zellen eine derart krankhafte Empfindlichkeit? Andererseits kann man sich fragen, ob nicht auch psychosomatische Einflüsse allergische Reaktionen hervorrufen können. Psychosomatisch orientierte Hautspezialisten wissen schon seit längerem, dass es in Stress- und Konfliktsituationen zu immunologischen Veränderungen kommen kann; und wenn der Organismus dann auch noch eine genetisch bedingte Anfälligkeit für diese Erkrankung zeigt, kann sie ausbrechen.

Ein Leben in ewiger Dunkelheit

Hannelore Kohl litt – so vermutet man zumindest – unter der sehr seltenen chronischen aktinischen Dermatitis. Die Familie Kohl gab die Diagnose nie bekannt. Man geht davon aus, dass unter dieser extrem schweren Erkrankung nur ein Promille der von Lichtallergien geplagten Patienten leidet. Ausgelöst wird diese Krankheit durch Medikamente wie Antibiotika oder Psychopharmaka. Im Falle Kohl war es offenbar eine Behandlung mit Penicillin. Der britische Hautspezialist John Hawk schreibt dazu: „Die Perspektive dieser Patienten ist hoffnungslos, ihre Lage verzweifelt. Die Erkrankten sind extrem lichtempfindlich und leiden unter starkem Juckreiz. Selbstmordgedanken sind nicht selten.“

Der Mechanismus dieser Krankheit erklärt sich folgendermaßen: Körpereigene Substanzen reagieren, wenn sichtbares Licht oder UV-Strahlen auf die Haut fallen. Bereits bei einer geringen Bestrahlung durch Sonnenlicht reagiert die Haut geradezu dramatisch mit Blasen und Pusteln, vergleichbar einem schweren Sonnenbrand. Die Symptome lassen sich durchaus behandeln, etwa mit Kortison; die Lichtempfindlichkeit ist jedoch nicht zu kurieren. Jedes Mal, wenn erneut Sonnenlicht auf die Haut fällt, folgen unweigerlich die bekannten Beschwerden, unter Umständen von Mal zu Mal in drastischerer Form.

Aber es kann noch schlimmer kommen. Wer an der erblich bedingten Lichtkrankheit Xeroderma pigmentosum (kurz XP) leidet, darf sich keine Minute lang dem Sonnenlicht aussetzen. Verantwortlich für diese Reaktion ist ein nicht behebbarer genetischer Defekt. Sonnenlicht und schädliche Substanzen rufen Erbgutveränderungen hervor, die durch die so genannte Nukleotid-Exzisions-Reparatur behoben und aus dem Erbgut herausgetrennt werden. Bei XP-Patienten ist diese Funktion gestört, und krebserregende Substanzen sammeln sich ständig im Erbgut an. Unter Lichteinwirkung sterben die Hautzellen ab, und schließlich entstehen bösartige Tumoren. Hauttumoren sind bei diesen Patienten bis zu 2000-mal häufiger anzutreffen als bei gesunden Menschen. XP-Betroffene nennt man deshalb auch etwas zu romantisch „Mondscheinkinder“. Sonne und Tageslicht würden sie in kurzer Zeit töten. Ihnen bleibt nur ein Leben in der Nacht.

Mit Licht das Wohlbefinden steigern

Zahlreiche Studien beweisen den positiven Effekt von Licht auf den menschlichen Organismus. Aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelten Firmen verschiedene Lichttherapiegeräte mit Weiß-, Blau- und Rotlichtlampen. Damit können Menschen auch zu Hause für ausreichend Licht und Wohlbefinden im Alltag sorgen.  Diese Lampen basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Studien zur Wirkung von Licht auf den menschlichen Organismus. Sie bieten zu jeder Tageszeit die Möglichkeit, neue Energiereserven aufzutanken. Eine Forsa-Umfrage macht deutlich, dass insbesondere das Aufwachen im Winter Schwierigkeiten bereitet. Mit dem Licht aus der Steckdose lässt sich der Sonnenaufgang imitieren und so die Produktion der Hormone auf natürliche Weise anregen. Auch im Tagesverlauf, insbesondere an dunkleren, trüben Tagen, können solche Speziallampen die Vitalität steigern. Künstliches Licht kann auch Vielfliegern beim Jetlag helfen, da es den zirkadianen Rhythmus beeinflusst. 

Freilich ist es gar nicht so einfach, das Gerät zu finden, das den persönlichen Bedürfnissen gerecht wird. Der Markt bietet eine Vielzahl an Modellen in allen Preisklassen, von 100 bis 1000 Euro. Die erste Frage ist, ob man ein Standgerät oder ein mobiles Gerät möchte. Da man bei der Therapie nicht in das Gerät selbst blicken muss, kann man auch andere Tätigkeiten während der Therapie ausüben. Insofern ist ein Standgerät sinnvoll. Mobile Geräte kann man dagegen mitnehmen und dort einsetzen, wo man sich gerade aufhält. Sie eignen sich auch für die Reise.

Die Lichtstärke des Geräts ist ein wichtiger Faktor für seine Wirksamkeit. Die Beleuchtungsstärke sollte mindestens 2000 Lux betragen. Bei normaler Belechtung haben wir in der Wohnung nur eine Lichtintensität von 300– 5oo Lux, der sonnenlose Tageshimmel spendet immerhin noch um die 1500–2000 Lux. 

Einige Geräte verfügen über einen integrierten Timer, der sich je nach Bedarf einstellen lässt. Ein gutes Gerät sollte unbedingt das schädlich UV-Licht filtern. Wichtig ist auch die Farbe des Lichts. Man weiss, dass blaues Licht ungefährt 25 mal stärker die innere Uhr des Menschen beeinflusst als weisses Licht. 

Übrigens sollte man bei der Lichttherapie keine sofortige Wirkung erwarten. Dazu braucht es Geduld und Zeit. Einsetzen sollte man das Therapielicht besonders am Morgen nach dem Aufstehen. Das helle Licht signalisiert dem Organismus, dass die Schlafphase nun zu Ende ist.

Wie die Gene unseren Schlaf beeinflussen

Unser Schlaf wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst: psychisches Befinden, körperliche Aktivität, soziale und berufliche Einflüsse, Konsum von stimulierenden und beruhigenden Substanzen usw. Daneben bestimmen aber auch unsere Gene, wie lange, wann und wie wir schlafen. Forscher arbeiten intensiv daran, genetische Einflüsse auf unser Schlafverhalten zu entschlüsseln. Dadurch könnten neue Wege gefunden werden, unseren Schlaf zu beeinflussen und Schlafstörungen zu behandeln. 

M. Sc. Nadeem Kalak und PD Dr. Marc Axel Wollmer

Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend. Wie wichtig gesunder Schlaf für uns ist, spüren wir besonders dann, wenn wir zu kurz oder zu schlecht geschlafen haben. Dann fühlen wir uns psychisch und physisch nicht leistungsfähig. Im Schlaf werden körperliche Ressourcen wiederhergestellt, und im Gehirn laufen Prozesse ab, die zum Beispiel für die Funktion des Gedächtnisses wichtig sind. Wer nicht genug schläft, lernt schlechter und wird eher krank. 

Im Durchschnitt schlafen erwachsene Menschen etwas mehr als sieben Stunden pro Tag; die Schlafdauer ist jedoch individuell sehr unterschiedlich. Diese Unterschiede kommen zum einen durch verschiedene innere (z. B. Stress, Grübeln) und äußere (z. B. Lärm, Licht) Einflüsse und Zeitgeber (beispielsweise Bürozeiten, schreiendes Kind) zustande, zum anderen aber auch durch individuelle Bedürfnisse und Neigungen. Manche Leute gehen lieber früh ins Bett, um dafür morgens zeitig aufzustehen, während andere abends lieber länger aufbleiben und morgens entsprechend später aus den Federn kommen. Wir haben also einen unterschiedlichen Schlaf-wach-Rhythmus.

Die biologische Uhr, die den Schlaf-wach-Rhythmus vorgibt, hat beim Menschen eine Periodenlänge von ungefähr 24 Stunden. Anhand dieser Rhythmik kann man verschiedene sogenannte Chronotypen unterscheiden. Es gibt Menschen mit einem frühen Chronotyp, die man auch als „Lerchen“ bezeichnet, und solche mit einem späten Chronotyp („Eulen“). Auch die Schlafdauer, die man benötigt, um leistungsfähig zu sein, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch: Es gibt ausgesprochene Kurz- und Langschläfer. 

All diese Unterschiede sind zu einem großen Teil auch genetisch bedingt. Das haben Studien gezeigt, in denen man das Schlafverhalten von eineiigen (monozygoten) Zwillingen mit dem von zweieiigen (dizygoten) Zwillingen verglich, um den Einfluss vererbbarer Faktoren auf das Schlafverhalten einzuschätzen. 

Insbesondere für die Entwicklung des Chronotyps scheinen die Gene eine entscheidende Rolle zu spielen. Aber auch andere Schlafmerkmale wie Schlafdauer, Schlafqualität und das Auftreten von Schlafstörungen werden zu einem erheblichen Anteil (12–44 %) durch genetische Faktoren bestimmt. Welche Gene im Einzelnen die verschiedenen Schlafmerkmale beeinflussen, darüber herrscht noch große Unklarheit. 

Insgesamt ist anzunehmen, dass unser Schlafverhalten von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Gene untereinander sowie mit einer Vielzahl von Umweltfaktoren bestimmt wird. 

Früh- und Spätaufstehergene 

In so genannten genetischen Assoziationsstudien hat man untersucht, ob Gene, von denen aus anderem Zusammenhang bekannt ist, dass sie eine Rolle in der Regulation des Schlafs und der Schlaf-wach-Rhythmik spielen, einen Einfluss auf Merkmale wie Chronotyp oder Schlafdauer haben. Tatsächlich zeigte sich dabei, dass die sogenannte 5-repeat-Variante des Gens PER3 mit einem frühen Chronotyp assoziiert ist; außerdem reagieren Träger dieser Genvariante auf Schlafentzug eher mit einer Verschlechterung ihrer kog­nitiven Leistungen. Diese PER3-Variante beeinflusst übrigens auch das Muster des Schlaf-EEGs. 

Seltene Varianten des Gens DEC2 gehen mit einer besonders kurzen Schlafzeit einher. Träger dieser Variante benötigt nur etwa sechs Stunden Schlaf pro Nacht, um sich ausgeschlafen zu fühlen. Seltene Veränderungen im Gen CSNK1E schützen möglicherweise vor einem verzögerten Schlafphasensyndrom, bei dem der Nachtschlaf nach hinten verschoben ist: Solche Menschen schlafen in der Regel erst gegen zwei Uhr nachts ein und sind morgens erst gegen zehn Uhr richtig wach. Auch Varianten des AANAT-Gens, das eine Rolle im Stoffwechsel des „Schlafhormons“ Melatonin spielt, haben eine Beziehung zu diesem Syndrom. 

Varianten im PER2-Gen gehen mit dem familiären vorverlagerten Schlafphasensyndrom einher, bei dem der Nachtschlaf nach vorne verschoben ist: Solche Menschen werden abends schon gegen 18 Uhr müde und sind dafür bereits um vier Uhr morgens ausgeschlafen. Seit einiger Zeit kann man genetische Assoziationsstudien nicht nur für hypothesengesteuert ausgewählte Kandidatengene durchführen, sondern hypothesenfrei Varianten im gesamten Genom des Menschen auf Assoziationen mit verschiedenen Merkmalen hin untersuchen. Solche genomweiten Assoziationsstudien mit gleichzeitiger Bestimmung von bis zu zwei Millionen genetischer Varianten ermöglichen es, neue Erkenntnisse über die Regulation des Schlafs zu gewinnen, indem sie Zusammenhänge zwischen Schlafmerkmalen und Genen herstellen, die bisher nicht für eine Rolle in der Schlafregulation bekannt gewesen sind. Außerdem erlauben sie Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Genen. Solche Studien erfordern die Untersuchung einer großen Zahl von Individuen, damit die statistischen Voraussetzungen für zuverlässige Ergebnisse erfüllt sind. 

Eine erste kleinere genomweite Assoziationsstudie hat einen Zusammenhang zwischen dem Gen NPSR1 mit einer Neigung, eher spät ins Bett zu gehen, gezeigt. Dieses Gen kodiert den Rezeptor für das Neuropeptid S, von dem schon lange bekannt ist, dass es eine Rolle in der Regulation der Wachheit spielt. Die Erforschung der genetischen Regulation des gesunden, physiologischen Schlafverhaltens steckt also noch in den Kinderschuhen, steht aber am Anfang einer Entwicklung, die unser Verständnis des Schlafs grundlegend erweitern und vertiefen kann. 

Genetische Ursachen von Schlafstörungen

Etwas mehr wissen wir bereits über die Rolle der Gene bei verschiedenen Erkrankungen, die mit einer Störung des Schlafverhaltens einhergehen. Es gibt sogar Fehlregulationen des Schlafverhaltens, die durch eine Mutation in einem einzigen Gen verursacht werden. Eine solche Erkrankung ist zum Beispiel die fatale familiäre Insomnie (FFI) oder tödliche familiäre Schlaflosigkeit, die auf einer Mutation im Prion-Gen beruht.

Bei der zum Glück seltenen fatalen familiären Insomnie, die mit der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung verwandt ist, lagern sich Prionen im Gehirn ab und führen zum Absterben zahlreicher Nervenzellen. Meist tritt diese Erkrankung zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf und äußert sich in einer bis hin zur Schlafunfähigkeit reichenden Abnahme der Schlafzeit, motorischen Störungen (z. B. Muskelzittern, Sprech- und Schluckstörungen), Verhaltensauffälligkeiten und kognitiven Defiziten bis hin zur Entwicklung einer Demenz. Die Erkrankung verläuft stets tödlich.

Aber auch bei anderen Schlafstörungen spielen die Gene eine Rolle – so etwa bei der Narkolepsie, dem Schlafwandeln und dem Schlafapnoe-Syndrom. Interessanterweise gehören einige Gene, die bei Schlafstörungen (z. B. Narkolepsie) eine Rolle spielen, zum sogenannten humanen Leukozytenantigenkomplex (kurz: HLA-Komplex). Die humanen Leukozytenantigene tragen zur Erkennung und Zerstörung körperfremder Stoffe durch die weißen Blutkörperchen bei. Die wichtige Rolle des HLA-Komplexes bei bestimmten Schlafstörungen weist auf eine Beziehung zwischen Schlaf und Immunsystem hin.

Auch bei der Schlafapnoe kommt genetischen Faktoren eine Bedeutung zu. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit den Genen APOE und ACE. Veränderungen dieser beiden Gene erhöhen u. a. auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran-kungen. Außerdem tragen zur Entstehung einer obstruktiven Schlafapnoe Faktoren wie Übergewicht und die Anatomie des Mund-Rachen-Raums bei, die auch durch genetische Einflüsse mitbestimmt werden. 

Fazit

Sowohl der gesunde Schlaf als auch Schlafstörungen unterliegen dem Einfluss unserer Gene. Bestimmte Störungen können durch eine Mutation eines Gens verursacht werden. Andere Störungen werden durch genetische Einflüsse mitbedingt. Rhythmik und Dauer unseres Schlafs werden wahrscheinlich durch komplexe Wechselwirkungen zwischen vielerlei genetischen und nicht-genetischen Faktoren bestimmt. Die Erforschung dieser Faktoren kann dazu beitragen, unser Schlafverhalten besser zu verstehen und neue Wege in der Behandlung von Schlafstörungen zu finden.

Tabelle 1: Nicht-genetische Faktoren, die den Schlaf beeinträchtigen können:

• Koffein

• Nikotin 

• Stressbedingter Anstieg des körpereigenen „Stresshormons“ Kortisol

• Psychische Störungen (z. B. Depression, Angst)

• Bluthochdruck

• Diabetes

• Zu viel oder zu wenig Bewegung

• Lärm (z. B. schreiendes Kind, Straßenverkehr, Fluglärm)

• Licht

• Unbequemes Bett

• Jetlag

• Sozialer Jetlag*

• Gesellschaftliche Zeitgeber (z. B. Bürozeiten, Schichtarbeit) 

Gegenseitige Beeinflussung, mehrere Ursachen sind möglich, und ursprüngliche Auslöser können im Lauf der Zeit durch andere ergänzt werden.  

* Beim sogenannten „sozialen Jetlag“ verhält es sich ähnlich wie bei einem durch Langstreckenflüge verursachten Jetlag: Zum sozialen Jetlag kommt es immer dann, wenn zu große Abweichungen zwischen der Zubettgehzeit an Wochentagen und dem Zubettgehen am Wochenende bestehen. Dabei leiden die Betroffenen ebenfalls unter nächtlichen Schlafstörungen, Tagesschläfrigkeit und verminderter geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit.

 

Klinische Behandlungsstudie


Unruhige Beine (RLS) und nächtlicher Blutdruck

Schlafstörungen sind ein häufiges Gesundheitsproblem in westlichen Industriestaaten. Sie bedürfen im Regelfall aber erst dann einer Behandlung, wenn die Schlafstörung über einige Wochen in jeweils mehreren Nächten pro Woche besteht. Häufig resultieren daraus Konzentrationsstörungen, Gereiztheit und eine generell schlechte Stimmung. Schlafstörungen bestehen oft über Jahre oder Jahrzehnte, sie dürfen daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Gerade zu Beginn sind nicht-medikamentöse Verfahren sehr erfolgreich. Dennoch finden sich bei etwa 30 % der Patienten, die nicht auf nicht-medikamentöse Verfahren oder später klassische Schlafmittel ansprechen, organische Ursachen der Schlafstörung, die dann einer spezifischen Behandlung bedürfen.

Umgekehrt sind manche Schlafstörungen bereits durch einfache Befragungen gut erfassbar. Ein Beispiel hierfür ist das Syndrom der unruhigen Beine, auch Restless-Legs-Syndrom (RLS) genannt. Dabei handelt es sich um eine neurologische Erkrankung, die in jedem Alter auftreten kann. RLS ist durch abendliche oder nächtliche Missempfindungen wie Ziehen, Kribbeln oder Tiefenschmerz vor allem in den Beinen gekennzeichnet, wobei diese Beschwerden mit einer Bewegungsunruhe der betroffenen Extremitäten einhergehen. Die Symptome verbessern sich, sobald die Beine bewegt werden. Bei etwa 80 % der Betroffenen kommt es zusätzlich zu sekundenkurzen Muskelzuckungen im Wachen oder Schlafen (Syndrom periodischer Extremitätenbewegungen, PLMD), die oft von den Patienten gar nicht wahrgenommen werden. Trotzdem wird dadurch das Ein- und/oder Durchschlafen erschwert, die Betroffenen werden immer wieder kurz geweckt und können so keinen erholsamen Schlaf finden. Beide Störungen sind bei vielen Patienten schwierig zu behandeln. Oft kommt es im Laufe der Zeit zu einem Wirkungsverlust der Medikamente oder die Symptome treten zu anderen Zeiten auf. 

Eine besondere Aufmerksamkeit kommt den periodischen Beinbewegungen im Rahmen des RLS zu, seitdem bekannt ist, dass diese mit kurzen nächtlichen Blutdruckspitzen einhergehen können. Dies scheint zumindest bei einem Teil der Betroffenen der Fall zu sein und bleibt aufgrund des nächtlichen Auftretens bei entsprechenden Routineuntersuchungen beim Hausarzt dann unerkannt. 

Zu der Gesamtproblematik „unruhige Beine und nächtliche Blutdruckerhöhungen“ bieten derzeit mehrere spezialisierte Studienzentren in ganz Deutschland die Teilnahme an einer klinischen Behandlungsstudie an. Untersucht wird zweimal zwei Nächte im Schlaflabor mit gleichzeitiger kontinuierlicher Blutdruckmessung und Langzeit-EKG. Nach den ersten zwei Nächten wird mit einem Pflaster behandelt, das bereits zur Behandlung des RLS zugelassen ist, um zu sehen, ob sich hierunter der nächtliche Blutdruck verändert. Allerdings erhält ein Teil der Teilnehmer ein Pflaster ohne Wirkstoff, d. h. ein so genanntes Scheinpräparat oder Placebo. Nach fünf bis sieben Wochen erfolgen die zweiten zwei Nächte im Schlaflabor. 

Wie stets in klinischen Untersuchungen beginnt der Ablauf mit einer ausführlichen Aufklärung über die Studie und einer gründlichen Voruntersuchung. Die Teilnahme bietet sich für Patienten an, die mittelschwere bis schwere RLS-Symptome aufweisen, noch nicht mit einem Pflaster behandelt worden sind, bereit sind, zumindest über eine Woche auf jegliche RLS-Medikation zu verzichten, und unter 75 Jahre alt sind. 

Schlaf und Schwangerschaft


Restless Legs häufig ein Problem

Schlechter Schlaf und Schwangerschaft gehören zusammen, und viele erfahrene Mütter werten dies als Vorwegnahme der schlaflosen Nächte in den ersten Monaten mit ihrem neuen Baby. In den letzten Schwangerschaftsmonaten wird es z. B. immer schwieriger, eine angenehme Schlafposition zu finden. Eine Rückenlage während des Schlafes sollte vermieden werden, da ansonsten der Druck des ungeborenen Kindes auf die untere Hohlvene den Blutabfluss aus den Beinen zum Herzen behindert. Der Schlaf wird in der Schwangerschaft kürzer, und viele schwangere Frauen schnarchen. Schwangerschaft ist insbesondere ein Risikofaktor für das Auftreten von Restless Legs, unter denen viele Schwangere leiden. Ausgeprägte Schlafstörungen sollen sogar den Schwangerschaftsverlauf ungünstig beeinflussen.

Prof. Dr. Jörn P. Sieb

Zirka ein Drittel der Schwangeren leidet insbesondere in den letzten drei Monaten vor der Entbindung erheblich unter unruhigen Beinen. Somit ist die Häufigkeit mindestens dreimal höher als in der sonstigen Bevölkerung. Bei vielen Frauen tritt das Restless-Legs-Syndrom (RLS) erstmals in der Schwangerschaft auf. Frauen, die bereits vorher RLS-Beschwerden hatten, bemerken in der Schwangerschaft oft eine Verstärkung der Symptome. Dabei können die ruhelosen Beine bei manchen Schwangeren nahezu unerträglich werden, wie bei einer meiner Patientinnen, die sagte, dass sie bei der nächsten Schwangerschaft lieber abtreiben würde, als die RLS-Tortur als Schwangere nochmals durchzustehen! Glücklicherweise gehen die RLS-Beschwerden in den ersten Wochen nach der Entbindung zumeist rasch wieder zurück. Auch wenn das RLS nach der Entbindung rasch abklingt, ist jedoch das Risiko für die betroffenen Frauen deutlich erhöht, in den folgenden Jahren an einem anhaltenden RLS zu erkranken. Das vorübergehende Bestehen von RLS-Beschwerden während der Schwangerschaft geht mit einem erhöhten Risiko für das spätere Einsetzen eines chronischen RLS einher. Kommt es in der ersten Schwangerschaft zu einer RLS-Symptomatik, so liegt das Wiederholungsrisiko für die nächste Schwangerschaft bei bis zu zirka 60%. Wurde die erste Schwangerschaft nicht durch das Auftreten eines RLS beeinträchtigt, dann ist es auch sehr wahrscheinlich, dass es bei der nächsten Schwangerschaft nicht zu einem RLS kommt. Das RLS-Risiko liegt dann lediglich bei wenigen Prozent. Warum es während der Schwangerschaft gehäuft zu RLS-Beschwerden kommt, ist unklar. Frauen erkranken insgesamt häufiger am RLS. Es liegt also nahe, die hormonellen Umstellungen während der Schwangerschaft und einen Eisenmangel als Erklärung für das erhöhte RLS-Risiko bei Schwangeren heranzuziehen.

Möglichst keine Medikamente in der Schwangerschaft und Stillzeit 

Grundsätzlich gilt, dass bei Einnahme eines Medikaments in der Schwangerschaft durch die enge Verknüpfung des mütterlichen und kindlichen Kreislaufs auch immer gleichzeitig das Ungeborene der Therapie ausgesetzt ist. Wenn irgend möglich, sollte daher auf eine medikamentöse Therapie des RLS in der Schwangerschaft verzichtet werden. Vielfach wird die Information, dass die RLS-Beschwerden nach der Entbindung rasch abklingen, die betroffenen Frauen beruhigen und in ihrer Entscheidung bestärken, kein RLS-Medikament einnehmen zu wollen. In den ersten beiden Wochen nach der Befruchtung (d. h. in der 3. und 4. Schwangerschaftswoche) – also noch vor Bekanntwerden der Schwangerschaft – ist das Missbildungsrisiko gering. Entweder übersteht die Frucht die Medikamenteneinwirkung unbeschadet, oder sie erleidet eine so erhebliche Schädigung, dass es zum Fruchtabgang kommt. In der 5. bis 12. Schwangerschaftswoche sind Medikamente dagegen besonders gefährlich. Jetzt können sie zu Fehlbildungen führen, da in dieser Phase die wichtigsten Organe angelegt werden. Das Risiko einer Fruchtschädigung ist bei den einzelnen Medikamenten unterschiedlich hoch. Insbesondere bei dem nur selten beim RLS eingesetzten Epilepsie-Medikament Valproat ist das Risiko besonders hoch, auch hinsichtlich des Auftretens einer Spina bifida („offener  Rücken“). Das Missbildungsrisiko von Carbamazepin wird unterschiedlich eingeschätzt. Ebenso kann das Risiko bei Gabapentin (z. B. Neurontin®) und Pregabalin (Lyrica®), die beide zunehmend häufig zur Behandlung eines RLS eingesetzt werden, derzeit noch nicht sicher eingeschätzt werden. Laut Fachinformation darf Lyrica® während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich (wenn der Nutzen für die Mutter deutlich größer ist als ein mögliches Risiko für das Ungeborene). Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat ist die Gefahr einer Fehlbildung zwar weitgehend vorüber, aber das ungeborene Kind könnte trotzdem durch Medikamente geschädigt werden. Denn diese können beispielsweise vorzeitige Wehen auslösen, das kindliche Wachstum hemmen oder die Durchblutung der Plazenta drosseln. Auch in der Phase direkt vor der Geburt und während des Stillens können RLS-Medikamente ein Risiko für das Kind darstellen. Bei regelmäßiger Einnahme von Benzodiazepinen oder Opiaten kann es nach der Entbindung bei dem Neugeborenen zu Entzugserscheinungen kommen. Ferner können Medikamente in die Muttermilch übertreten. In Deutschland sind derzeit für die RLS-Therapie vier Medikamente zugelassen. Dies sind Pramipexol (z. B. Sifrol®), Ropinirol (z. B. Adartrel®), Rotigotin (Leganto®/Neupro® Hautpflaster) und Levodopa (z. B. Restex®). Laut Fachinformationen sollen diese vier Medikamente während der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden. So heißt es in der Fachinformation für die Rotigotin-Hautpflaster Leganto® und Neupro®: „Es liegen keine hinreichenden Daten für die Anwendung von Rotigotin bei Schwangeren vor. … Das potentielle Risiko für den Menschen ist nicht bekannt. Rotigotin sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.“ Nach diesem Warnhinweis sollte man sich unbedingt richten. Diese Medikamente hemmen beim Menschen die Bildung des Hormons Prolaktin, das vor allem für das Wachstum der Brustdrüse im Verlauf der Schwangerschaft und für die Milchsekretion während der Stillzeit verantwortlich ist. Dementsprechend ist unter den zugelassenen RLS-Medikamenten eine Hemmung der Milchbildung zu erwarten. Unbedingt muss ein Eisenmangel ausgeglichen werden. Dadurch können gegebenenfalls RLS-Beschwerden verschwinden. Über eine Ferritin-Bestimmung kann ein Eisenmangel am besten diagnostiziert werden. Deshalb gehört die Ferritin-Bestimmung zur RLS-Diagnostik. Manche Autoren empfehlen Schwangeren vorbeugend gegen RLS-Beschwerden die Einnahme von Folsäure. Folsäure gehört zum Vitamin-B-Komplex und ist beispielsweise für die Blutbildung wichtig. Weiterhin kann sich Magnesium günstig auswirken. Ist darüber hinausgehend eine medikamentöse Therapie von Schwangeren mit RLS unausweichlich, empfiehlt sich eine enge Abstimmung zwischen Geburtshelfer und Neurologe. Niemals sollten Medikamente ohne ärztliche Rücksprache eingenommen werden. Die Medikamentenauswahl muss individuell erfolgen. Bei massiven RLS-Beschwerden wird man am ehesten ein Opioid-Schmerzmedikament einsetzen.

Selbsthilfe Unruhige Beine (RLS)


Schlafapnoe-Schlafstörungen e. V. in NRW

Selbsthilfe: Wir haben es geschafft!

Im Schlafmagazin Nr. 4/2011 konnten wir den Artikel „Aus drei mach eins“ lesen. Es ist schon eine unendliche Geschichte, die bei den Verbänden der Schlafapnoe abläuft. 

Jetzt haben in NRW zwei Selbsthilfen etwas zustande gebracht, wovon sich BSD, GSD, VdK Fachverband und etliche andere Gruppierungen etwas  abschneiden können.

Die Selbsthilfevereine Unruhige Beine e. V. Lengerich und Schlafapnoe/Chron. Schlafstörungen e. V. im Kreis Steinfurt haben sich am 06.12.2011 zur Selbsthilfe Unruhige Beine (RLS)-Schlafapnoe-Schlafstö-rungen e. V. in NRW mit Sitz in Lengerich zusammengeschlossen. 

Mit dem Zusammenschluss wurde eine bereits seit 1998 bestehende Zusammenarbeit rechtlich besiegelt. Vorausgegangen waren zahlreiche Gespräche, bei denen auch die rechtlichen Voraussetzungen abgeklärt wurden. Satzungsänderungen waren erforderlich, die aber alle von den Registergerichten eingetragen wurden.

Die Mitglieder der bisherigen Vereine sind dem neuen Verein beigetreten. In 11 offenen Gruppen an den verschiedenen Orten in NRW treffen sich Betroffene, Angehörige und Interessierte.

Mit dem Zusammenschluss wollen wir eine bessere Aufteilung der ehrenamtlichen Tätigkeiten erreichen, um den vielen Betroffenen, die oft sehr verzweifelt sind und Hilfe suchen, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Für Gespräche, auch Einzelgespräche, nehmen wir uns gerne Zeit. Bei einigen Veranstaltungen konnten wir feststellen, wie unbekannt es ist, welche Folgen Schlafstörungen für die Gesundheit haben.

Gerne dürfen sich auch Betroffene mit ähnlichen Symptomen wie z. B. Polyneuropathie, Fibromyalgie, Insomnien, Narkolepsie usw. dem Verein anschließen.

Haben wir Interesse an unserem Verein geweckt? Dann gehen Sie den ersten Schritt und setzen sich mit uns in Verbindung.

 

Selbsthilfe Unruhige Beine (RLS) 
Schlafapnoe-Schlafstörungen e. V. in NRW;

Geschäftsstelle: 
Mühlenesch 23,
49425 Lengerich
Tel.: 05481 8475713