Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2012

Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2012


Liebe Leserin, lieber Leser,

Millionen von Menschen leiden in Deutschland unter chronischen Schmerzen. Die Schmerzen plagen sie nicht nur tagsüber, sie lassen auch die Nächte zur Qual werden. Und wer sich morgens nach einer unerholsamen Nacht todmüde fühlt, hat auch eine niedrigere Schmerzschwelle, er reagiert empfindlicher auf Schmerzen. Das führt dazu, dass er in der nächsten Nacht noch schlechter schläft und dass er seine Schmerzen am nächsten Tag noch stärker empfindet – ein Teufelskreis, der zu immer größeren Einschränkungen im Alltag und zu einer schwindenden Lebensqualität führt. Unbehandelte Schmerzpatienten können auch leicht in Depressionen verfallen. Ein dauerhaft gestörter Schlaf erhöht ebenfalls das Depressionsrisiko. Leidet ein Patient unter beiden Problemen, so verstärkt sich dieses Risiko.

Viele Ärzte unterschätzen die Folgen des verhängnisvollen Teufelskreises zwischen Schmerz und gestörtem Schlaf. Viele Hausärzte wissen auch über Schmerztherapien und über die Behandlung von Schlafstörungen viel zu wenig. 

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In unserem Schwerpunktthema „Schmerz und Schlaf“ berichten wir, wie chronische Schmerzen und die damit einhergehenden Schlafstörungen richtig behandelt werden und wo ein Schmerzpatient den richtigen Arzt findet. Wir sprachen mit dem international anerkannten Schmerztherapeuten Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, der die Behandlung chronischer Schmerzen in Deutschland maßgeblich mit geprägt hat.

Wir berichten außerdem über Medikamente, die ein Restless-Legs-Syndrom bzw. die Willis-Ekbom-Krankheit hervorrufen können und über Medikamente als Ursache von Erektionsstörungen. 

Ich glaube, man darf sagen, dass unser Kongress „Thementag Schlaf“ wieder sehr erfolgreich war. Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei allen Referenten bedanken, die über viele wichtige und neue Erkentnisse rund um den Schlaf  in ihren Vorträgen informiert haben. Und ich bedanke mich bei den Vertretern der Industrie, die diesen Tag ermöglicht haben. Die Kernaussagen der einzelnen Vorträge haben wir in dieser Ausgabe des Schlafmagazins zusammengefasst.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine spannende Lektüre!

Ihre

Dr. Magda Antonic

Das Schlafmagazin: Ausgabe 2/2012

Foto: © S.Bir/Fotolia
Inhalt

6  Chronische Schmerzen

8  Wenn Schmerzen die Nacht zur Qual machen

14  Weniger Schmerzen und besserer Schlaf durch autogenes Training

14 Die Einführung in die Grundübungen des Autogenen Trainings

16  Thementag Schlaf 2012

21  Die Somnus-Verleihung 2012

22  Wenn uns verstorbene Menschen im Traum begegnen

24  Das finnische Gesundheitssystem

28  Wer bezahlt das Extra-Zubehör für den Lkw?

28  Stützstrümpfe bei Venenleiden beugen Schlafapnoe vor

30  Kaffee macht nicht krank

32  Sport: Schon mit kleinen Schritten kann man viel erreichen

36  Schlaf ist wichtiger als wirtschaftliche Interessen

38  Medikamente als Ursache von Erektionsstörungen

42  Komfortbetten mit höhenverstellbarer Liftfunktion

42  Schlafapnoiker müssen Anordnung einer Fahreignungsprüfung befürchten

44  Schlafapnoe – (k)ein Thema im Rettungsdienst?

46  Können Medikamente ein Restless-Legs-Syndrom hervorrufen?  

50  DIES & DAS

Weniger Schmerzen und besserer Schlaf durch autogenes Training

Viele Schlafstörungen sind auf fehlende Entspannung zurückzuführen: Man kann nach einem langen, stressigen Arbeitstag einfach nicht abschalten, macht sich Sorgen wegen beruflicher oder privater Probleme – oder man ist schlicht und einfach hellwach. Entspannungsübungen helfen, den Stress und die Sorgen des Tages zu vergessen und sich auf den Schlaf einzustimmen. Außerdem können sie bei Schmerzen und vielen anderen Erkrankungen und Funktionsstörungen eine positive Wirkung haben.

Marion Zerbst

Zu den gebräuchlichsten Entspannungstechniken gehört das autogene Training (AT). Dieses Verfahren der „konzentrativen Selbstentspannung“ wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts von dem Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelt.

Autogenes Training lässt sich unabhängig von einer speziellen Störung oder einem besonderen Problem bei allen Menschen einsetzen, die lernen möchten, wie man sich richtig entspannt. Am häufigsten kommt das autogene Training (wie alle Entspannungsverfahren) bei Problemen zum Einsatz, die irgendwie mit Anspannung, Stress, Erregung oder Angst zu tun haben. Es hat viele positive Auswirkungen auf Körper und Psyche: Die Spannung der Muskulatur verringert sich; die Konzentration des Stresshormons Kortisol im Blut nimmt ab; Ängstlichkeit, Nervosität und Depressivität lassen nach; die Konzentrationsfähigkeit verbessert sich. Ein routinemäßiges Durchführen der Übungen bewirkt eine allgemeine Beruhigung und führt zu mehr Gelassenheit.

Die Grundstufe des autogenen Trainings besteht aus sechs Einzelübungen zu den Bereichen Körperschwere, Körperwärme, Regulierung des Herzschlags, Atemregulation, Sonnengeflecht (Regulierung der Bauchorgane) und Stirnkühle. Diese Übungen dienen in erster Linie der körperlichen Entspannung und können Kopfschmerzen, die durch Stress, Nervosität und innere Anspannung bedingt sind, vorbeugen oder aber, wenn die Schmerzen bereits da sind, Erleichterung verschaffen. Auch Rückenschmerzen werden durch die Muskelentspannung beim autogenen Training positiv beeinflusst.

Wie funktioniert autogenes Training?

Erlernen lässt sich das autogene Training wie alle Entspannungsverfahren am besten in Übungsgruppen, zum Beispiel an der Volkshochschule. Denn das gemeinsame Üben stärkt die Motivation und gibt eine gewisse Sicherheit, es auch „richtig“ zu machen. Man kann das autogene Training aber auch anhand von CDs oder Audiokassetten lernen, auf die die Übungsanleitungen aufgesprochen sind.

In Kursen wird das autogene Training meist im Liegen gelehrt; so kann man sich am leichtesten entspannen. Man liegt dabei auf dem Rücken; Arme und Beine liegen auf der Unterlage, ohne sich zu überkreuzen. Die Augen sind geschlossen.

Sobald man diese Entspannungshaltung eingenommen hat und bequem daliegt, sagt man sich innerlich die Entspannungsformeln vor (in einem Kurs übernimmt dies der Kursleiter) und versucht, sie körperlich umzusetzen.
Dabei können entsprechende Vorstellungsbilder (Visualisierungen) unterstützend wirken.

Menschen erlernen ein Entspannungstraining unterschiedlich schnell. Kinder tun sich anscheinend am leichtesten damit. Mit etwas gutem Willen ist es aber den meisten Menschen möglich, die Übungen innerhalb eines Kurses (etwa acht Stunden, eine pro Woche) zu erlernen.

Die Grundübungen des autogenen Trainings - und so wird es gemacht

Marion Zerbst 

Im Folgenden finden Sie eine kleine Einführung in die Grundübungen des autogenen Trainings. Die Übungen werden einzeln erlernt und schließlich, wenn man sie beherrscht, alle hintereinander durchgeführt.

Einstimmung: Sagen Sie sich: „Ich bin ganz ruhig. Die Gedanken kommen und gehen, sie stören mich nicht.“ Konzentrieren Sie sich eine Zeitlang auf dieses angenehme, entspannende Gefühl.

1. Grundübung (Schwere): Bei dieser Übung geht es um die Entspannung der Muskulatur. Sie kann sich sehr positiv auf verspannungsbedingte Rückenschmerzen auswirken. Sagen Sie sich: 

„Mein rechter Arm wird ganz schwer.“ (Linkshänder sollten mit dem linken Arm beginnen.)

„Mein linker Arm wird ganz schwer.“

„Meine Beine sind ganz schwer.“

„Ich bin ganz schwer.“

Dabei hilft es vielleicht, sich vorzustellen, wie Arme, Beine und schließlich Ihr ganzer Körper bei jedem Aussprechen der Suggestionsformel ein bisschen tiefer in die Unterlage sinken. 

 

2. Grundübung (Wärme): Bei dieser Übung geht es um die Blutgefäße in Armen und Beinen. Wenn diese sich entspannen und weiter werden, fließt mehr Blut durch. Das spüren wir in Form einer angenehmen Wärme. Diese Übung kann sich auch positiv auf einen zu hohen Blutdruck auswirken.

„Mein rechter Arm wird ganz warm.“

„Mein linker Arm wird ganz warm.“ (Bei Linkshändern wieder andersherum.)

„Meine Arme sind angenehm warm.“

„Meine Beine sind angenehm warm.“

(Dazu passt auch gut ein Vorstellungsbild: ein warmer Urlaubsstrand, die Sonne scheint auf Sie herab; oder Liegen im warmen Wasser der Badewanne.)

 

3. Grundübung (Herz): Diese Übung soll einen ruhigen, gleichmäßigen Herzschlag bewirken. Sagen Sie sich: „Mein Herz schlägt ruhig und kräftig“ oder „Mein Herz schlägt ruhig und regelmäßig“.

 

4. Grundübung (Atmung): Als Nächstes soll die Atmung ruhig und gleichmäßig werden. Sagen Sie sich: „Mein Atem geht ganz ruhig.“

Dazu passt das Vorstellungsbild: wie ein Boot auf leichten Wellen, hinunter, hinauf. Wichtig ist die passive Einstellung: nicht atmen wollen, sondern das Atmen geschehen lassen. Dazu können Sie sich auch sagen: „Mein Atem geht ganz von allein“ oder „Es atmet mich“.

 

5. Grundübung (Sonnengeflecht): Das Sonnengeflecht (Solarplexus) ist ein dichtes Nervengeflecht im Oberbauch, das die Bauchorgane beeinflusst. Sagen Sie sich:

„Mein Sonnengeflecht ist strömend warm.“ Diese Formel kann auch durch „Mein Bauch ist strömend warm“ oder „Mein Bauch ist angenehm warm“ ersetzt werden.

 

6. Grundübung (Kopf): „Meine Stirn ist angenehm kühl.“

Grundsätzlich gilt, dass man die Autosuggestionsformeln den eigenen Bedürfnissen entsprechend variieren kann und soll. Kopfschmerzpatienten können sich (wenn ihnen das besser hilft) beispielsweise auch sagen: „Mein Kopf ist frei und leicht.“

 

Jede Entspannungsformel wird mehrfach wiederholt. Zwischen den Übungen kann man auch immer wieder die Grundformel „Ich bin ganz ruhig“ oder „Ich bin ganz ruhig und entspannt“ einfügen.

 

Rücknahme:

Bleiben Sie so lange in dem entspannten Zustand, den Sie durch das Üben erreicht haben, wie Sie möchten. Wenn Sie im Bett liegen, können Sie jetzt sanft in einen erholsamen Schlaf hinübergleiten. Wenn Sie wieder aufstehen und sich Ihrem Tagewerk widmen möchten, ist es wichtig, den Entspannungszustand vorher zurückzunehmen. Sonst kann es sein, dass Sie sich anschließend benommen fühlen oder Kopfschmerzen bekommen. Bei der Rücknahme wird die Arm- und Beinmuskulatur vor dem Aufstehen angespannt. Um das zu erreichen, ziehen Sie Arme und Beine im Liegen mehrmals kräftig an, ballen die Fäuste und atmen einmal tief durch. Sagen Sie sich:

„Augen auf! Tief atmen! Ich bin ganz wach!“ Nach dieser Rücknahme sollten Sie sich hellwach und energiegeladen fühlen.

Wenn uns verstorbene Menschen im Traum begegnen

Prof. Dr. Michael Schredl

Träume spiegeln wider, was uns im Alltag begegnet und beschäftigt. So spielen auch Träume von verstorbenen Personen eine wichtige Rolle. Oft beinhalten sie Erfahrungen, die für den Träumer bzw. die Träumerin sehr hilfreich sein können.

Die folgenden Daten wurden Untersuchungen des Instituts für Demoskopie in Allensbach entnommen und 2005 in einer Fachzeitschrift publiziert. In vier Erhebungswellen (1956 bis 2000) wurden 1000 bis 2000 Personen ab dem 18. Lebensjahr bis ins höhere Alter hinein zu Traumthemen befragt. Dabei wurden verschiedene Themen vorgegeben, und die teilnehmende Person konnte angeben, ob dieses Thema in den letzten Monaten in ihren Träumen vorgekommen war. Sehr deutlich zeigte sich dabei ein Alterseffekt: Ältere Menschen träumen häufiger von Verstorbenen als jüngere. Das ist ein klares Abbild des Wachlebens, da ältere Menschen die Erfahrung, einen nahestehenden Menschen durch Tod zu verlieren, häufiger machen. Ebenso zeigte sich ein deutlicher Geschlechtsunterschied: Frauen gaben öfter Träume von verstorbenen Personen an als Männer. Hier geht unsere Interpretation dahin, dass Frauen häufiger in die Fürsorge und Pflege von älteren und kranken Menschen involviert sind und dadurch der Tod dieser Person in ihrem Innenleben ein stärkeres Gewicht erhält. Diese Untersuchung und ähnliche Studien zeigen, dass verstorbene Personen im Traum ein wichtiges Thema sind.

Träume in der Trauerphase können grob in drei Gruppen aufgeteilt werden, müssen aber nicht genau in dieser Reihenfolge auftreten, sondern spiegeln einzelne Aspekte des Verarbeitungsprozesses wider. In der ersten Gruppe von Träumen taucht die verstorbene Person im Traum auf, es werden gemeinsame Unternehmungen gemacht, das Gefühl der Vertrautheit ist da – so wie es früher gewesen ist, meist vor der Erkrankung oder anderen Belastungen. Nach dem Aufwachen kann eine starke Traurigkeit auftreten, da diese schönen Erfahrungen im Wachleben nun nicht mehr möglich sind. Hier zeigt sich deutlich, dass Träume auf die Inhalte des gesamten Gedächtnisses zurückgreifen und ab und zu auch frühere Erfahrungen aufgreifen, vor allem, wenn sie emotional intensiv waren. Diese Träume können in der Anfangsphase nach dem Verlust der nahestehenden Person sehr belastend sein. Daher ist es wichtig, sich zu verdeutlichen, dass sie einen natürlichen Trauerprozess darstellen. 

In der nächsten Gruppe von Träumen tritt die verstorbene Person zunächst so auf, wie sie früher erlebt wurde. Es kommt jedoch im Traum auch die Erkenntnis, dass sie nicht mehr lebt. So können die Gefühle des Schmerzes, des Verlusts im Traum wiedererlebt werden – wiederum ein wichtiger Verarbeitungsschritt. 

In der dritten Gruppe tritt die verstorbene Person im Traum auf, jedoch ist von Anfang an klar, dass sie nicht mehr lebt. Häufig sind diese Träume sehr positiv: Die verstorbene Person zeigt, dass es ihr gut geht, oder gibt Ermunterungen für das Wachleben des Träumers bzw. der Träumerin. Diese Träume sind besonders wichtig, da sie zeigen, dass die verstorbene Person mit allem, was sie getan und bewirkt hat, in einem selbst weiterlebt. Für die eigene Psyche ist diese Person nicht „tot“, sondern Träume und Erinnerungen an sie bleiben lebendig.

Neben dem Widerspiegeln des Verarbeitungsprozesses können Träume von verstorbenen Personen noch weitere Bedeutungen haben bzw. Anregungen für das eigene Wachleben geben. Lassen Sie mich das anhand eines Beispiels veranschaulichen. Eine Frau, die jahrelang ihre Mutter pflegte, hat nach dem Tod ihrer Mutter folgenden Wiederholungstraum: „Ich kümmere mich nicht um meine Mutter, ‘vergesse’ sie förmlich; dann fällt es mir plötzlich ein, dass es sie gibt, ich gehe zu ihr – und sie ist völlig vernachlässigt in ihrer Wohnung, hat nichts zu essen, liegt einsam im Sterben.“ 

Dieser Traum spiegelt nicht die Wachrealität wider, da die Tochter sich sehr intensiv um das Wohl der Mutter gekümmert hat. Es können möglicherweise Schuldgefühle im Spiel sein, nicht genug getan zu haben oder Konflikte nicht ausgesprochen und bearbeitet zu haben; doch vielleicht hat dieser Traum auch eine ganze andere Bedeutung. Wenn man sich das Grundmuster im Traum anschaut, geht es eindeutig um Fürsorge, um das Sich-Kümmern um eine nahestehende Person. Dieses Bild könnte der Traum benutzt haben, um deutlich zu machen, dass auch Fürsorge für sich selbst und das Kümmern um die eigenen Bedürfnisse ein wichtiges Thema ist, das gerade in Zeiten, in denen andere Personen viel Zuwendung und Zeit benötigen, zu kurz kommen kann. So ist dieser Traum – gerade auch durch seine Wiederholung – eine deutliche Aufforderung, sich mehr um sich und die eigenen Bedürfnisse zu kümmern. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Träume von verstorbenen Personen den Trauerprozess in verschiedenen Phasen widerspiegeln und die Verarbeitung sehr hilfreich unterstützen können. Außerdem können die Grundmuster solcher Träume auch auf eigene vernachlässigte Anteile und Potenziale hinweisen.

Nachtflugverbot in Frankfurt


Schlaf ist wichtiger als wirtschaftliche Interessen

Hildegard Croque

Jahrelang schwelte der Streit um Nachtflüge am Frankfurter Flughafen. Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Machtwort gesprochen: Zwischen 23 und 5 Uhr sind Flüge in Frankfurt von nun an verboten. Eine Entscheidung, die den Wert des Nachtschlafs respektiert – mit der aber trotzdem viele unzufrieden sind.

Menschen, die in Flughafennähe wohnen, wissen ein Lied davon zu singen: In regelmäßigen Abständen zerreißt der Lärm startender und landender Flugzeuge ihren Schlaf. Selbst wenn es ihnen dann doch irgendwann gelingt, einzunicken, ist dieser Schlaf garantiert nicht so erholsam wie in Wohngegenden ohne nächtliche Ruhestörung. 

Besonders schlimm ist es in Ballungsräumen wie Frankfurt, wo naturgemäß sehr viele Menschen von dem Lärm betroffen sind. Da prallen wirtschaftliche und gesundheitliche Interessen krass aufeinander. 

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil nun der Gesundheit einen höheren Stellenwert eingeräumt. Es gibt eben doch ein „Menschenrecht auf Schlaf“ – das aus dem im Grundgesetz verankerten Recht auf körperliche Unversehrtheit ja eigentlich auch klar hervorgeht. 

Wirtschaftsstandort Deutschland bedroht?

Natürlich nehmen diejenigen Parteien, die ein wirtschaftliches Interesse an Nachtflügen am Frankfurter Flughafen haben, dieses Urteil nicht widerspruchslos hin. Christoph Franz, der Vorstandschef der Lufthansa, kritisierte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als „schweren Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland“. Vor allem für das Luftfrachtgeschäft ist das Nachtflugverbot ein Problem: So hat beispielsweise die Lufthansa-Tochtergesellschaft Lufthansa Cargo in Frankfurt eine eigene Frachtflotte stationiert; und viele dieser Maschinen sind bisher nachts geflogen. Damit ist es jetzt vorbei. Nach Angaben der Lufthansa Cargo wird das Nachtflugverbot sie pro Jahr 40 Millionen Euro Gewinn kosten. Und so fielen die Lufthansa-Aktien nach Verlaut­barung des Urteils denn auch prompt. 

Auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigten sich enttäuscht. Für den BDI sind Nachtflüge eine unabdingbare Voraussetzung für Fortschritt und Wohlstand in Deutschland. Andererseits hängt das Wohl eines Landes – so meinen wir jedenfalls – in erster Linie von der Gesundheit seiner Bürger ab. Und die können nun mal nur dann wirklich leistungsfähig sein, wenn sie genügend Schlaf bekommen. 

Sechs Stunden Schlaf sind zu wenig

Trotz der für sie günstigen Entscheidung sind auch die vom nächtlichen Fluglärm Betroffenen nicht zufrieden – verständlicherweise. Denn ein Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr ermöglicht ihnen gerade mal sechs Stunden ungestörten Schlaf – zu wenig, wie viele finden. Tatsächlich kommen nur wenige genetisch begünstigte „Kurzschläfer“ dauerhaft mit einer nächtlichen Schlafdauer von sechs Stunden aus. Besser wären sieben, noch besser acht Stunden: Dann müsste sich das nächtliche Flugverbot von 22 bis 6 Uhr erstrecken. Davon ist der Frankfurter Flughafen weit entfernt: In den Nachtrandstunden von 22 bis 23 Uhr und 5 bis 6 Uhr sind 133 Flüge zulässig. 

Das vom Leipziger Bundesverwaltungsgericht beschlossene Flugverbot beschränkt aber nicht nur den ungestörten Nachtschlaf der betroffenen Anwohner auf bloße sechs Stunden, sondern zwingt sie darüber hinaus, grundsätzlich immer die Stunden zwischen 23 und 6 Uhr zum Schlafen zu nutzen. Man müsste quasi „mit der Stoppuhr ins Bett gehen“ – und das gehe nicht, klagt eine Anwohnerin. Nach den Erkenntnissen der schlafmedizinischen Forschung geht es tatsächlich nicht: Denn wer abends um zehn oder halb elf ins Bett geht mit dem festen Vorsatz, um Punkt elf zu schlafen, um wenigstens auf seine sechs Stunden zu kommen, der bringt die besten Voraussetzungen mit, um schlaflos zu bleiben. Schlaf lässt sich nicht erzwingen. Wer sich dabei unter Druck setzt, erreicht genau das Gegenteil. 

Dennoch ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein Fortschritt, denn der Wert ungestörten Nachtschlafs wird dadurch anerkannt – und sogar über wirtschaftliche Interessen gestellt, was in unserer heutigen leistungs- und gewinnorientierten Gesellschaft nicht selbstverständlich ist. 

Allerdings wird nicht nur der Fracht-, sondern vermutlich auch der Passagierflugverkehr durch das Nachtflugverbot beeinträchtigt sein: Denn wenn eine Maschine aufgrund einer Verspätung nicht mehr vor 23 Uhr starten kann, muss sie auf dem Boden bleiben – und die Passagiere, die eigentlich noch weiterfliegen wollten, müssen die Nacht dann in Frankfurt verbringen. Außerdem werden dadurch vielleicht auch die Kosten für Passagierflüge steigen: Denn vor allem im Sommer wurden häufig die Randzeiten genutzt, um die Maschinen voll auszulasten, sodass sie beispielsweise dreimal am Tag nach Gran Canaria fliegen konnten. Das ist jetzt nicht mehr möglich; und den dadurch entstehenden Verlust werden die Airlines natürlich auf die Passagiere abwälzen. So werden im Sinne einer Solidargemeinschaft alle Menschen, die Flugzeuge als Verkehrsmittel nutzen, die Entlastung der Frankfurter Bürger durch das Nachtflugverbot mittragen müssen.

Schlafapnoe – (k)ein Thema im Rettungsdienst?


Der Preis ist heiss

Reinhard Wagner

Präklinisch stellen Patienten mit einer obstruktiven Schlafapnoe keine große Herausforderung dar. Die Basismaßnahmen zum Freihalten der Atemwege, oder eine im Einzelfall notwendig werdende assistierte Beatmung, sind auch auf Patienten mit einer Schlafapnoe zu übertragen. Schwierigkeiten kann jedoch eine notwendig werdende Intubation bereiten. Dies ist aber auch klar, weil die Atemwege von Schlafapnoikern manchmal schwer einsehbar sind.

Für den Patienten ist es wichtig, dass die Erkrankung vom Personal des Rettungsdienstes bemerkt wird, z. B. durch das Atemtherapiegerät auf dem Nachtschrank, und dass der Notarzt bzw. der aufnehmende Arzt im Krankenhaus über die Schlafapnoe des Patienten Informiert wird.

Gerade in Notfallsituationen vergessen die Angehörigen oft, auf das  Atemtherapiegerät des Patienten hinzuweisen, es in die Klinik mitzunehmen und den aufnehmenden Arzt über die Schlafapnoe des Patienten zu informieren. Hier ist das Personal des Rettungsdienstes gefordert, aufmerksam zu sein.

Die obstruktive Schlafapnoe ist eine schlafbezogene Atemstörung, die lebensbedrohliche Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann. Man schätzt, dass ca. 10 % der Bevölkerung betroffen sein können.

Während des Schlafes kommt es zu einem Kollaps der oberen Atemwege, wodurch sie teilweise oder ganz blockiert werden. Die Apnoen und Hypopnoen führen zu erheblichen Behinderungen des Atmungsflusses mit einer nachfolgenden zentralnervösen Aktivierungsreaktion, einem sogenannten Arousal. Die Apnoen und Hypopnoen können bis zu 600 Mal pro Nacht auftreten, einzelne Apnoe- und Hypopnoephasen können bis zu 2 Minuten dauern. Die Patienten haben einen nicht-erholsamen Schlaf. Sie klagen häufig über Müdigkeit und fallen durch Schläfrigkeit auf. Betroffene Frauen, leiden aber mehr an Ein- und Durchschlafstörungen. 

Die Ursachen einer obstruktiven Schlafapnoe, die sich in der Regel aus dem Schnarchen entwickelt, sind äußerst komplex. Sie liegen häufig in einem vererbten instabilen und engen Rachen (Pharynx), im Nachlassen des Muskeltonus’ mit zunehmenden Lebensalter und in Fettein-lagerungen in den Rachenweichteilen bei Adipositas. Betroffen sind überwiegend Männer. Nach der Menopause steigt auch die Anzahl der betroffenen Frauen an.

Die überlegene Therapieform der obstruktiven Schlafapnoe ist die nächtliche Überdruckbeatmung mit einem Atemtherapiegerät. Der positive kontinuierliche Druck in den Atemwegen (CPAP), der während der In- und Expiration besteht, verhindert den Verschluss der Atemwege.

Neben der Tagesschläfrigkeit entwickelt sich sehr häufig ein arterieller Bluthochdruck – oft schwer mit Medikamenten einzustellen – und es kommt zu kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.  Gerade hier wird der Rettungsdienst oft angefordert und wird so den Schlafapnoiker bei diesen Komplikationen antreffen.

Die Therapie mit einem CPAP-Gerät ist in jeder Nacht durchzuführen und lebenslang notwendig. Unterbrechungen führen zu erneutem Auftreten der Apnoen. Bei einem Ereignis wie einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall sind Apnoen durch die damit verbundenen Sauerstoffentsättigungen, die über Minuten laufen können, besonders nachteilig – das kranke Herz- oder Hirngewebe kann sich nicht oder nur unvollständig regenerieren und weitere Komplikationen wie maligne Herzrhythmusstörungen können gebahnt werden.  Daher ist die CPAP-Therapie unbedingt fortzusetzen.

Leider kommt es immer wieder vor, dass die CPAP-Therapie nicht im Krankenhaus fortgeführt wird. Eine mögliche Ursache hierfür ist, dass nicht am Atemtherapiegerät des Patienten eingewiesene Pflegekräfte die Bedienung verweigern und klinikeigene geeignete Atemtherapiegeräte nicht immer zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Grund besteht darin, dass der aufnehmende Arzt keine Kenntnis von der Schlafapnoe des Patienten hat. Einige Gründe hierfür sind:

• Patient sowie seine Angehörigen informieren den Arzt nicht.

• Aus der stationären Einweisung ist die „Begleiterkrankung“ Schlafapnoe häufig nicht zu ersehen.

• Der Patient/Notfallpatient hat keinen Gerätepass für sein Atemtherapiegerät  in seinen Ausweisunterlagen.

• Der Patient nimmt sein Atemtherapiegerät nicht mit ins Krankenhaus.

• Der Notfallpatient kommt bewusstseinsgetrübt ins Krakenhaus und kann deshalb keine Angaben machen.

• Die Rettungssanitäter/-Assistenten, haben das Atemtherapiegerät in der Wohnung zwar gesehen, aber bei der Übergabe des Patienten nicht erwähnt.

Wird der Schlafapnoepatient mit sedierenden Medikamenten oder Schmerzmitteln behandelt und schläft ein – beim Transport oder in der Notaufnahme –, kommt es zwangsläufig zu ausgeprägten obstruktiven Apnoen, auch schon deshalb, weil er in Rückenlage gebracht wird.  Dies löst dann aufgrund der messbaren Sauerstoffabfälle und Herzrhythmusstörungen eine Beatmungsmaßnahme aus, die eine Intubation oder Tracheotomie einschließt.  

Im Rettungsdienst sollte dieser Sachverhalt bekannt sein; denn andere Maßnahmen, wie Seitenlagerung, Unterkiefervorverlagerung (Esmarch-Griff), weniger starke Sedierung oder dann auch eine Maskenbeatmung (statt Intubation) mit erhöhtem Ausatemdruck (PEEP) können die Schlafapnoe-bedingten Atmungs- und Kreislaufprobleme verhindern.

Mit welchen Maßnahmen kann die Versorgung von Schlafapnoepatienten verbessert werden? Was können qualifizierter Krankentransport und Rettungsdienst dazu beitragen?

• Die Schlafapnoe sollte Bestandteil der Aus- und Fortbildung sein. 

• Das Rettungsdienstpersonal muss unterschiedliche Atemtherapiegeräte gesehen haben, nur so kann er ein Atemtherapiegerät in der Wohnung des Patienten erkennen. Anmerkung des Verfassers: In meiner aktiven Zeit als Rettungsassistent einer Berufsfeuerwehr habe ich die Atemtherapiegeräte in der Wohnung des Patienten für Inhalationsgeräte gehalten. 

Selbst als gut ausgebildeter Rettungsassistent war mir zum damaligen Zeitpunkt die Erkrankung Schlafapnoe nicht bekannt.

• Der aufnehmende Arzt ist darüber zu informieren, dass in der Wohnung des Patienten ein Atemterapiegerät stand.

• Die Rettungssanitäter oder Rettungsassistenten, müssen die Angehörigen bitten, das Atemtherapiegerät des Patienten mit in die Klinik zu nehmen. 

Dies ist auch deshalb wichtig, da nicht alle Kliniken über eine ausreichende Anzahl von Atemtherapiegeräten verfügen.

• Da der Gerätepass des Atemtherapiegerätes in den persönlichen Unterlagen von bewusstlosen Notfallpatienten oft der einzige Hinweis auf die Schlafapnoe des Patienten ist, sollte im Krankenhaus darauf hingewiesen werden.

• Um unnötige Intubationen zu vermeiden, wenn es unterwegs zu obstuktiven Apnoen kommt, sollte eine spezielle Vorgehensweise beim Transport des Schlafapnoeikers im Rettungswesen erarbeitet werden. Dies gilt gleichermaßen für die aufnehmende Klinik.