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Das Schlafmagazin: Ausgabe 3/2022


Liebe Leserin, lieber Leser,

der Schlaf hat großen Einfluss auf unser vegetatives („unwillkürliches“) Nervensystem und auch auf verschiedene Organsysteme. Nachts fährt unser Körper „sein System herunter“: Die Muskelspannung nimmt ab; Herz- und Atemfrequenz und Blutdruck sinken. Allerdings funktioniert das nur bei einem erholsamen Schlaf. Allen, die nachts gerne „Party machen“, sei gesagt: Selbst vorübergehender Schlafmangel erhöht den Blutdruck! Wenn das nur ab und zu einmal passiert, ist es sicherlich kein Problem; doch wer sich dauerhaft zu wenig Schlaf gönnt, tut seinem Körper damit nichts Gutes. Mit zwei großen Beiträgen informieren wir Sie in dieser Ausgabe des Schlafmagazins über den Schlaf, die Schlafapnoe und den Blutdruck.

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Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa berichten 74 % der Frauen und 61 % der Männer, dass ihre Partner schnarchen; in zwei Dritteln aller Fälle fühlen sie sich dadurch in ihrer Nachtruhe gestört. Eine groß angelegte Telefonumfrage, die vor über 20 Jahren in Großbritannien zu diesem leidigen Thema durchgeführt wurde, kam zu etwas weniger erschreckenden Ergebnissen: Laut dieser Umfrage schnarchten nur 20 % der Frauen und 24 % der Männer. Genaues weiß man über die Häufigkeit des Schnarchens also nicht; aber die Lärmbelästigung für den Bettpartner bzw. die Bettpartnerin stellt eindeutig ein großes Problem dar. Wir fragten den HNO-Arzt und Schlafmediziner Prof. Dr. Clemens Heiser vom Klinikum rechts der Isar in München, was man gegen die „Säge an der Liebe“ tun kann. 

Die Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) entwickelt sich ständig weiter, und zum Glück gibt es immer mehr Alternativen zu der nicht bei allen Patienten beliebten CPAP-Therapie. Viele dieser alternativen Behandlungsmethoden wurden in den letzten Jahren verfeinert, verbessert und teilweise auch neu bewertet. Außerdem gibt es neue Erkenntnisse zu Ursachen und Diagnostik der Schlafapnoe. Vor kurzem ist eine neue Leitlinie erschienen, die diesen Innovationen Rechnung trägt und die wichtigsten Fragen zum Thema Schlafapnoe-Therapie beantwortet. Wir stellen Ihnen die Leitlinie vor.

Wann haben Sie zum letzten Mal einen funkelnden, großartigen, emotional bewegenden Sternenhimmel gesehen? Wann konnten Sie die Milchstraße oder eines der vielen Sternbilder erkennen, die früher für die Navigation so wichtig waren? Wer nicht im ländlichen Raum lebt, sondern im Umfeld unserer industrialisierten Städte, ist tatsächlich schlecht dran. Das Problem heißt: Lichtverschmutzung. Auch dazu mehr in diesem Heft.

Ich wünsche Ihnen wie immer eine informative Lektüre.

Dr. Magda Antonic


Cover: © svetilka/iStock

Die nächste Ausgabe erscheint im November 2022.
Inhalt

6 Wie hängen Schlafstörungen und Blutdruck zusammen?

16 Warum Schlafapnoe den Blutdruck erhöht …
… und was man dagegen tun kann

20 Nie wieder chhrrr …
Was tun gegen das leidige Schnarchen?

25 Beatmungsgeräte-Problem bei Philips: 
Waren falsche Reinigungsmittel schuld?

28 Alternativen zu CPAP:
Neue Leitlinie beantwortet wichtige Patientenfragen

31 Krankheitsbewältigung in traumhafter Gebirgskulisse:
Die erste und einzige Narkolepsie-Reha in Deutschland

34 Smarter schlafen!

38 Zu viele Medikamente: gerade im Alter ein großes Problem

42 Ticken Sie richtig?
Vom schwierigen Weg zu einem gesunden Schlaf-wach-Rhythmus

45 Medizinische Fachbegriffe – einfach erklärt

46 „Ich seh‘ den Sternenhimmel …“ – von wegen!
Lichtverschmutzung

48 Sommer! Hitze! Schlafen?

Nie wieder chhrrr …


Was tun gegen das leidige Schnarchen?

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa berichten 74 % der Frauen und 61 % der Männer, dass ihre Partner schnarchen; in zwei Dritteln aller Fälle fühlen sie sich dadurch in ihrer Nachtruhe gestört. Eine groß angelegte Telefonumfrage, die im Jahr 1997 in Großbritannien zu diesem leidigen Thema durchgeführt wurde, kam zu etwas weniger erschreckenden Ergebnissen: Laut dieser Umfrage schnarchten nur 20 % der Frauen und 24 % der Männer. Genaues weiß man über die Häufigkeit des Schnarchens also nicht; aber die Lärmbelästigung für den Bettpartner bzw. die Bettpartnerin stellt eindeutig ein großes Problem dar. Wir fragten den HNO-Arzt und Schlafmedi-ziner Prof. Dr. Clemens Heiser vom Klinikum rechts der Isar in München, was man gegen die „Säge an der Liebe“ tun kann.

Schnarchen kann Beziehungen ruinieren oder dazu führen, dass Paare getrennte Schlafzimmer beziehen, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollen. Wodurch entsteht dieses entnervende Geräusch?
Prof. Heiser: Tagsüber wird der Hals-Rachen-Raum durch eine gewisse Muskelspannung offengehalten. Doch wenn wir schlafen, sinkt dieser Muskeltonus ab – der Atemweg verengt sich. Das ist völlig normal. Und dann entstehen statt einer parallel verlaufenden Strömung eben Turbulenzen, Luftverwirbelungen und Vibrationen. So kommt es zu dem Schnarchgeräusch.


Der Muskeltonus sinkt während des Schlafs bei allen Menschen ab. Trotzdem schnarchen nicht alle Leute, sondern nur manche. Wie kommt das?

Prof. Heiser: Es gibt verschiedene anatomische Ursachen für das Schnarchen, die wir HNO-Ärzte anhand von Untersuchungen erkennen können. Oft genügt es dazu schon, in den Hals-Rachen-Raum des Schnarchers hineinzuschauen. Zum Beispiel können vergrößerte Mandeln, ein vergrößerter Weichgaumen und/oder ein vergrößertes Zäpfchen Schnarchen begünstigen. Man kann aber auch eine Schlafvideoendoskopie durchführen. Dazu bekommt der Patient etwas Propofol gespritzt; das ist ein sehr gut verträgliches Narkosemittel, das auch bei Magen- oder Darmspiegelungen und kleineren ambulanten Eingriffen zum Einsatz kommt und dazu führt, dass der Patient langsam einschläft. Dann gehen wir mit einem flexiblen Endoskop über die Nase in den oberen Atemweg hinein und schauen uns an, wo die Schnarchgeräusche entstehen. Im Rahmen einer solchen Untersuchung kann man sogar feststellen, ob bestimmte Behandlungsmethoden (beispielsweise eine Unterkieferprotrusionsschiene) geeignet sind, um das Schnarchen zu beseitigen. Mittlerweile wurden sogar zwei Apps entwickelt, die eine solche Schlafvideoendoskopie überflüssig machen (Snorefox & Somnofox der Firma Diametos). Hier wurden mit Hilfe künstlicher Intelligenz anhand von über 25 000 Schlafvideoendoskopien Schnarchgeräusche akustisch analysiert. Es handelt sich sogar bei beiden Apps um ein zugelassenes Medizinprodukt.  


Welche Schnarch-Ursachen gibt es sonst noch?

Prof. Heiser: Man weiß, dass Männer häufiger schnarchen als Frauen; das hängt mit den weiblichen Geschlechtshormonen zusammen, die die Frauen bis zum Eintritt der Wechseljahre vor einem zu starken Kollaps der oberen Atemwege schützen. Auch das Alter spielt eine Rolle: Wir wissen, dass die Häufigkeit des Schnarchens im Lebensverlauf zunächst einmal zunimmt, ab dem mittleren Lebensalter aber wieder abnimmt. Babys oder Kleinkinder schnarchen eher selten – normalerweise nur dann, wenn eine Infektion der oberen Atemwege vorliegt. Bei erwachsenen Männern mittleren Lebensalters kommt Schnarchen am häufigsten vor.


Gibt es denn auch Risikofaktoren, die man beeinflussen kann – mit anderen Worten: Kann man selber etwas gegen das Schnarchen tun?

Prof. Heiser: Ja. Raucher und Menschen, die zu viele Pfunde auf die Waage bringen, schnarchen zum Beispiel besonders oft. Das Gleiche gilt für Alkoholkonsum: Je mehr man am Abend trinkt, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, in der Nacht zu schnarchen. Ferner weiß man, dass Übergewicht Schnarchen verursacht oder verschlimmert; daher würde ich jedem Schnarcher zunächst einmal eine Gewichtsabnahme empfehlen. Damit lässt sich in vielen Fällen eine Reduktion des Schnarchgeräuschs erreichen. 
Nur leider ist es gar nicht immer so einfach, sein Körpergewicht dauerhaft zu reduzieren, auch wenn man sich wirklich große Mühe gibt. Und der eine oder andere trinkt abends eben einfach gerne ab und zu mal ein Glas Wein oder Bier. Oft muss man daher zu anderen Methoden greifen, um das Schnarchen zu bekämpfen.


Und was kann der Arzt oder Schlafmediziner da tun? Meist stört das nächtliche „Sägen“ den Schnarcher selbst ja gar nicht so sehr, sondern es ist eher der Bettpartner oder die Bettpartnerin, die darüber klagen, bei dem infernalischen Lärm nicht schlafen zu können. Welche Lösungen gibt es für dieses Problem? 

Prof. Heiser: Das Wichtigste ist, vorab zu klären, ob es sich um reines Schnarchen handelt oder ob dieses Geräusch mit einer unregelmäßigen Atmung bzw. Atemaussetzern einhergeht. Denn im letzteren Fall könnte es sich um eine schwere Erkrankung handeln: die obstruktive Schlafapnoe. Außerdem gibt es für reines Schnarchen andere Therapieoptionen als für krankhaftes Schnarchen mit Atemstillständen.


Und wie kann der Arzt feststellen, ob jemand unter gutartigem Schnarchen oder obstruktiver Schlafapnoe leidet? 

Prof. Heiser: Der erste Schritt bei jeder medizinischen Untersuchung ist die Anamnese: ein ausführliches Gespräch, in dem der Patient dem Arzt seine Beschwerden schildert. Wenn es um die Abgrenzung zwischen Schnarchen und Schlafapnoe geht, kann der Arzt in einem solchen Gespräch schon sehr viel herausfinden. Als unterstützendes diagnostisches Werkzeug benutzen wir in der Schlafmedizin aber auch gerne Fragebögen. Die Antworten darauf können dem Arzt auch Hinweise auf eine möglicherweise vorliegende andere Schlafstörung oder schlafbezogene Erkrankung liefern. In Zukunft wird dies aber auch mit einer App auf einem Smartphone gehen. 
Weiterhin sollte beim Schnarcher stets eine Untersuchung des Hals-Rachen-Raums stattfinden; denn vielleicht sind auch einfach nur seine Mandeln massiv vergrößert. In so einem Fall kann man das Schnarchen am besten therapieren, indem man die Mandeln verkleinert.
In seltenen Fällen kann auch eine Tumorerkrankung (zum Beispiel im Bereich des Kehlkopfs) hinter dem Schnarchen stecken. Das sind aber wirklich sehr, sehr seltene Einzelfälle.
Wenn der Arzt denkt, dass es sich um ein „böses Schnarchen“ handelt, dann sollten weiterführende Untersuchungen stattfinden. Hier steht die klassische Schlafmessung an erster Stelle. Normalerweise genügt, wenn es um reines Schnarchen geht, eine Polygrafie (also eine ambulante Schlafmessung beim Patienten zu Hause). In manchen Fällen ist zusätzlich aber auch noch eine Polysomnografie – eine aufwendigere Messung im Schlaflabor – notwendig; und vor allem, wenn es um Therapieoptionen geht, kann es auch hin und wieder sinnvoll sein, eine Schlafvideoendoskopie durchzuführen.


Manchmal hört man ja, dass nicht nur die obstruktive Schlafapnoe, sondern auch reines Schnarchen gesundheitsschädlich oder gar gefährlich sein kann. Selbst die Entstehung von Herzinfarkten oder Schlaganfällen soll dadurch begünstigt werden. Stimmt das?

Prof. Heiser: Wenn man sich die Fachliteratur genauer anschaut, muss man sagen: Es ist unklar, ob ein Zusammenhang zwischen Schnarchen und Herzinfarkten besteht oder nicht. Allerdings scheint es einen Zusammenhang zwischen Schnarchen und einer Verkalkung der zum Gehirn führenden Gefäße zu geben; und wir wissen, dass sich die Schlaganfallgefahr erhöht, wenn diese Gefäße verkalken. Tatsächlich haben Schnarcher ein leicht erhöhtes Schlaganfallrisiko.


Wie kann man Schnarchen behandeln, wenn Lebensstiländerungen allein nicht ausreichen?

Prof. Heiser: Zum Beispiel kann man dem Schnarcher eine Unterkieferprotrusionsschiene (manchmal auch als Zahnschiene oder Anti-Schnarch-Schiene bezeichnet) anpassen, die den Unterkiefer nach vorn verlagert. Dadurch erweitert sich der Atemweg. Eine andere Möglichkeit besteht darin, zu verhindern, dass der Patient auf dem Rücken schläft. Diese Behandlungsmethode eignet sich vor allem für Menschen, die nur in Rückenlage schnarchen. Zum Beispiel gibt es Westen mit einem Schaumstoffkeil im Rückenteil, der verhindert, dass man nachts auf dem Rücken liegt. Das ist allerdings ein bisschen problematisch, weil man sich dann nicht mehr so gut über den Rücken von einer Seite auf die andere drehen kann: Wenn man diese Weste anhat, muss man sich immer über den Bauch drehen. Das ist unbequem und kann den Schlaf stören. Eine andere Möglichkeit sind sogenannte Schlafpositionstrainer: kleine Geräte, die immer dann vibrieren, wenn man auf dem Rücken liegt, sodass man sich auf die Seite dreht. Dadurch findet mit der Zeit eine Konditionierung – also ein gewisser Lerneffekt – statt. Als wirklich neue Innovation auf diesem Gebiet gilt das NMES-Training (neuromuskuläre elektrische Stimulation) mit exciteOSA (Firma Signifier). Hierüber trainiert man täglich über 20 Minuten die Mundbodenmuskulatur und kann nach einigen Wochen eventuell eine deutliche Verminderung des Schnarchgeräuschs beobachten.  


Und wie steht es mit operativen Behandlungsmöglichkeiten?

Prof. Heiser: Die gibt es natürlich auch. Allerdings sollten bei der Therapie des harmlosen Schnarchens konservative (also nicht-chirurgische) Behandlungsmaßnahmen an erster Stelle stehen, da diese wesentlich weniger unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Denn jede Operation geht mit gewissen Risiken einher. Die sind bei Operationen, bei denen es um reines Schnarchen geht, zwar relativ gering; aber man kann sie nie hundertprozentig ausschließen.


Welche chirurgischen Eingriffe helfen gegen Schnarchen? Spielt da auch die Nase eine Rolle?

Prof. Heiser: Viele Menschen glauben, dass die Nase für das Schnarchen verantwortlich ist, obwohl das meist gar nicht stimmt. Die Form unserer Nase wird mithilfe von Knorpel, Knochen und anderen festen Strukturen aufrechterhalten – das heißt, während des Schlafs ändert sich daran nichts. Daher wird die Frage, ob man Operationen an der Nase (insbesondere Begradigungen der Nasenscheidewand) zur Behandlung des Schnarchens durchführen sollte, in der Fachwelt sehr kontrovers diskutiert; und wenn man sich anschaut, wie viele Schnarcher von einer reinen Operation an der Nase wirklich profitiert haben, sprechen die Untersuchungsergebnisse eigentlich eher dagegen. Mittlerweile weiß man, dass der Therapieerfolg davon abhängt, ob bei dem Schnarcher tatsächlich eine Behinderung der Nasenatmung in der Nacht vorliegt. Das ist die entscheidende Frage, die ich als Arzt meinen Patienten stelle: „Bekommen Sie schlecht Luft durch die Nase?“ Wenn ja, dann kann man über einen chirurgischen Eingriff nachdenken, denn man will ja sowieso eine Verbesserung der Nasenatmung erreichen, und die kann sich dann eventuell auch positiv auf das Schnarchen auswirken. Sollte die Nasenatmung aber nicht das Problem sein, dann würde ich eine solche Operation nicht durchführen, denn es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass man dem Patienten damit helfen kann.
Vor einer solchen OP kann eventuell eine Computertomografie sinnvoll sein, denn eine Verkrümmung der Nasenscheidewand ist im CT deutlich erkennbar. Wenn so ein Patient dann gleichzeitig auch noch unter einer Nasenatmungsbehinderung leidet, würde man eine Begradigung der Nasenscheidewand durchführen.
Eine andere Ursache, die besonders häufig zu Behinderungen der Nasenatmung beiträgt, ist eine Hyperplasie der beiden unteren Nasenmuscheln, also der Schwellkörper in der Nase. Hier kann zum Beispiel die Applikation von hochfrequenter Energie (sogenannte Radiofrequenztherapie) an den unteren Nasenmuscheln sinnvoll sein. Dadurch kann man einen sehr guten Effekt auf eine Nasenatmungsbehinderung erreichen. Man erzielt mit dieser Radiofrequenztherapie in etwa die gleiche Wirkung, wie wenn man den Patienten ein traditionelles Nasenspray verschreibt, um die Schwellkörper zum Abschwellen zu bringen. Bei diesem ambulanten Eingriff werden dünne Nadeln in die unteren Nasenmuscheln eingebracht, die die hochfrequente Energie übertragen. Das Gute daran ist, dass die Oberflächenstruktur der Nasenmuschel (mitsamt den Schleimhäuten) dadurch in keiner Weise beeinträchtigt wird. 
Es gibt auch noch verschiedene andere Operationsmethoden; welche letztendlich zum Einsatz kommt, hängt auch von den Vorlieben des jeweiligen Chirurgen ab. Man kann die Nasenmuscheln zum Beispiel auch per Laser oder mit kleinen Schneidewerkzeugen verkleinern.


Welche chirurgischen Eingriffe gegen Schnarchen gibt es sonst noch?

Prof. Heiser: Eine weitere Option ist die Operation am Weichgaumen; denn Weichgaumen und Zäpfchen sind die häufigsten Ursachen für Schnarchgeräusche. Der Weichgaumen ist wie eine Fahne, die, wenn der Muskeltonus nachlässt, quasi im Wind hin und her flattert. Irgendwie muss man diese Fahne zum Versteifen bringen, damit die Schnarchgeräusche nicht mehr entstehen.
Es gibt die unterschiedlichsten operativen Eingriffe, die man am Weichgaumen durchführen kann. Viele dieser Operationsverfahren wurden entwickelt, um Atemaussetzer zu verhindern – also um eine obstruktive Schlafapnoe zu therapieren –, und dann hat man bemerkt, dass diese Eingriffe sich auch positiv auf das Schnarchen auswirkten. Deshalb haben sie irgendwann auch in die Behandlung von nicht-krankhaftem Schnarchen Eingang gefunden.
Bei der Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) wird der Weichgaumen gestrafft, zusätzlich oft auch noch ein verlängertes Zäpfchen gekürzt und überschüssige Schleimhaut am hinteren Gaumenbogen beseitigt. Außerdem gibt es Radiofrequenztherapien, bei denen man mit einer Nadel in den Weichgaumen einsticht, um eine gewisse Versteifung zu erzielen.
Allerdings kann es sein, dass solche Eingriffe wiederholt werden müssen. Wenn jemand also jetzt 40 oder 45 Jahre alt ist, kann er nicht davon ausgehen, dass er die nächsten 40 Jahre nicht mehr schnarchen wird, wenn er sich operieren lässt; neuen Langzeitstudien zufolge kann das Schnarchen nach drei bis fünf Jahren wieder auftreten. 
Auch zu große Mandeln (eine sogenannte Tonsillenhyperplasie) können Schnarchen verursachen. Das kommt bei Erwachsenen allerdings wesentlich seltener vor als bei Kindern. Außerdem sollte man eine Entfernung der Mandeln – je nachdem, welches Verfahren dabei zum Einsatz kommt – sorgfältig abwägen, weil nach Mandeloperationen immer das Risiko einer Nachblutung besteht. Grundsätzlich gilt: Wenn man bei Patienten mit reinem Schnarchen chirurgische Eingriffe durchführt, sollten diese Eingriffe möglichst minimalinvasiv sein; man sollte also nach dem Prinzip „So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich“ vorgehen. Denn es gibt keine operativen Eingriffe, die völlig nebenwirkungsfrei sind; es besteht immer ein gewisses Restrisiko. Zu große Mandeln kann man beispielsweise mithilfe der Radiofrequenztherapie auf schonende Weise verkleinern.
Ein weiteres Problem: Die Kosten für solche Operationen werden von den Krankenkassen nicht übernommen, denn dabei handelt es sich um einen „kosmetischen“ Eingriff, da Schnarchen nicht als Erkrankung angesehen wird. Der Patient muss das also alles aus eigener Tasche bezahlen. Nur die Kosten für chirurgische Eingriffe zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe werden von den Kassen übernommen. 

Welche Anti-Schnarch-Therapien gibt es sonst noch?

Prof. Heiser: Wenn man ein bisschen im Internet recherchiert, stößt man zum Beispiel auf Stents, die man über die Nase in den Hals-Rachen-Bereich platziert, oder Gaumenspangen, die in Mund und Nase eingesetzt werden. Auch diese können den Atemweg erweitern. Allerdings ist die Datenlage dazu sehr, sehr unklar, und man steht dabei auch immer vor dem Problem der Tolerabilität: Viele Patienten bekommen einfach einen Würgereiz, sobald man hinten ans Zäpfchen herankommt oder sie sich irgendetwas über die Nase in den Atemweg hineinschieben sollen. Dennoch kann man solche Verfahren sicherlich mit dem einen oder anderen Patienten besprechen und eventuell als individuellen Therapieversuch einsetzen.
 

Prof. Dr. Clemens Heiser
MHBA, PhD, Leiter des Schlaflabors Klinikum rechts der Isar der TU München
Hals-Nasen-Ohrenklinik und Poliklinik
Ismaninger Str. 22
81675 München